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Vorjug des Hltetl A. Weisgerber (München)

„Im Fasching fahr'n d' Leit öo no liaber mit 'm Gaul! Im Auto kemma s' mit 'm Rausch ho am.

bei uns Ham s' n bereits ausg'schlafn!"

des Lebens

Immer Hab' ich es geliebt,

Das; es Leute, die lebendig,

Solche, die nur öd-verständig,

Solche, die schon halb elendig,

Und auch ganze Narren gibt!

Was auch hat en wir zu tun,

Und was könnt' uns amüsieren,
Schwankten wir nicht zwischen Tieren
Und den göttlichsten Manieren?

Alles Leben müßte ruhn.

Blas', du Erdenwirbelwind,

Nus das Dasein scharf -u beizen!

Wollen uns nicht gegenspreizen —

Und besonders soll's uns reizen,

Wenn wir s e l b st die Narren sind!

Hanns von Gumppenbcrg

Der Aindelwein

von Roda Roda

Als ich noch in Radkersburg diente, da
pflegten wir alle im Jägerhorn zu essen:
drei Offiziere von der detachierten Batterie,
der Bezirksrichter mit seinen vier Beamten,
der politische Adjunkt und ein paar ledige
Herren der kaiserlichen Forst-Verwaltung.
Wenn niemand von uns Offizieren komman-
di rt worden war und von den Beamten
keiner auf Kommission, alles in allem graoe
dreizehn Mann. Dann mußte sich Bertha
;u uns an den Tisch setzen.

Bertha war nämlich die Kellnerin. Ein
sehr nettes Mäderl. Ungefähr siebzehn Jahre
alt und von jener Sicherheit, die eben nur
ganz, ganz unverdorbene Landkinder haben.

Eines Tages — ich kann nicht einmal
sagen, daß es mir besonders ausgefallen wäre;
denn auf die Dauer gab es in Radkersburg
doch keinen Gesprächsstoff, und so schwiegen
wir meist. Eines Tages also war's an uns'rem
Tisch vollkommen still. Drückend still. Alle
dreizehn da, und Bertha doch nicht am Tisch.

Da erhob sich der Bezirksrichter, bat Bertha,
ein wenig draußen zu bleiben — schloß die
Tür ab, räusperte sich und sprach:

„Meine Herren. Sie wissen, um was es
sich handelt. Wer sich nicht beteiligen will,

braucht es ja nicht zu tun. Aber ich glaube,
es ist am besten, wir zahlen jeder monatlich
einen Gulden — und zwar von heute an —
so lang, bis das Kind volljährig ist."

Niemand sträubte sich. Alle atmeten er-
leichtert auf. Dem Bezirksrichter, als dem
Aeltesten zu Ehren, sollte das Kind Paul
heißen. Paul Themeier. (Eventuell Pauline.)

Und ich schickte pünktlich an jedem Ersten
einen Gulden nach Radkersburg — viele,
viele Jahre.

Um 1902 herum kam ich durch Graz.
(Da war ich schon außer Dienst.) Und es
reizte mich, meinen alten Bezirksrichter wieder-
zufihen, der jetzt in Pension in Radkersburg
lebt. Auch den alten Tisch und das alte
Städtchen und am Ende — na, sehr neu-
gierig bin ich ja nicht, aber wenn's das
Schicksal grade will: am Ende auch Paul
Themeier.

Im Jägerhoru in Radkersburg fand ich —
es war am 19. Juli — die Tafel prächtig gedeckt.

Oho, man feiert ein Fest? Wie dumm.
Ich hätte mich doch so gern mit zu Tisch
gesetzt, wenn ich das erste bekannte Gesicht
erblickte.

Aber lauter fremde neue Leute.

Ah, der Oberforstrat! (Damals war er
noch Forstgeometer.) Er erkennt mich, und . .
ist verlegen.

Dann der Gemeindearzt. Er erkennt mich
und. . . errötet.

Endlich der Bezirksrichter selbst — jetzt
schon im Ruhestand.

Er erbleicht.

„Sie sind grade zurechtgekommen," sagt
er mir „Wir haben so eine kleine . . .
Erinnerungsfeier, ganz intern ... Oh ich
bitte, Sie müssen natürlich teilnehmen."

„Was ist denn los?"

Der Bezirksrichter wippt von einem Bein
aufs andre, ficht unbeholfen mit einer Hand
in der Lust — und endlich faßt er sich ein
Herz und beichtet:

„Also, wissen Sie. . . dieser Paul The-
meier, der ist schon ziemlich lang tot. Einige
Jahre. Und die Herren, die von hier weg-
gezogen sind, die schicken doch jeden Monat
am Ersten den Gulden? Sollen wir die

Lappalie zurückgehen lassen? Das macht
doch Umstände auf der Post. Da haben wir
einen Fonds gegründet, und an jedem Neun-
zehnten trinken wir den Herren Vätern von
Paul Themeier zu Ehren den Kindelwein."

Regeln für junge Frauen

von Larslyn Shipman

Weine nie in Gegenwart deines Gatten
Tränen machen ihn verwirrt oder hilflos.
Fühlt er sich hilflos, ist er wütend auf sich,
verwirrt — auf dich.

Zeige ihm nicht alle Briefe, die du em-
pfängst. Er zeigt dir seine auch nicht und
glaubt zweifellos an Gegenseitigkeit.

Sei für alle Geschenke dankbar! Wenn er
dir einen Brillantring kauft, sage nicht, daß
du neue Stiefel nötig hättest. Stecke den
Ring an den Finger und freue dich. Die
Stiefel werden später kommen.

Laß ihn ruhig im Wohnzimmer rauchen,
wenn er will. Das Haus gehört ihm —
auch.

Pflege den Humor. Das Leben mag eine
Tragödie sein, behandle es als Komödie.

(Deutsch von Grete Schroeter)

Sekt auf Pfirsich

Die allerreifste, schönste Pfirsichfrucht,
Liebreich gepflegt und sorgsam ausgesucht,
Träumt in des Sektkelchs lichtgeküßten Gründen
In silbernem Gefäße klirrt das Eis —
Champagnerfluten strömen goldenweiß
In das Kristall, die süße Frucht zu finden

Und in dem blitzenden, übervollen
Glase die Perlen zur Höhe tollen,

Stolz gekrönt von erhabenem Schaum.

Und des Pfirsichs weicher, zärtlicher Samt
Ist in farbenprächtigen Gluten entflammt,
Und atmet und regt sich wie im Traum. - ■

Da schmiegen sich prickelnde Perlen dicht
Um die bebende Frucht zu leuchtendeni Kranz,
Und tragen sie langsam empor zum Licht,
Zu Schaum und Seligkeit, Gold und Glanz-

Hans Herbert Ulrich
Register
Carolyn Shipman: Regeln für junge Frauen
Hanns Theodor Karl Wilhelm Frh. v. Gumppenberg: Reiz des Lebens
Hans Herbert Ulrich: Sekt auf Pfirsich
Roda Roda: Der Kindelwein
Albert Weisgerber: Vorzug der Alten
 
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