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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 15.1910, Band 2 (Nr. 27-52)

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Kabrungsirrittelcbeirne

K. Arnold (Paris)

„Ich habe zwei Häuser auf Abbruch gekauft." — „Sind Sie denn Baumeister?"

„Nein, Paprikafabrikant!"

„Bergerstraße 2."

„Bergerstraße drei?"

„Zwei!"

„Zwei? Ah, aha, gelt, Sie wohne noch net
lang hier? Das freut mich, daß $e mir Ihne
Ihr Kundschaft zuwende! Also was soll’s dann
sei?"

„Na, die Borplatzglastürfcheibe!"

„Ach so, richtig,^ ewe fällt, mer’s ei, ja, die
wolle mer morge früh mache! Ganz früh!"

„Aber bestimmt!"

„Bestimmt!"

Bier Wochen später stand meine Frau mit
einer abschiednehmenden Freundin auf dem Bor-
platz, um noch rasch etwas zu besprechen, und in
diesen zwei Stunden bekam sie einen steifen Hals.
Das lenkte unsere Aufmerksamkeit wieder auf die
zerbrochene Scheibe. Am nächsten Morgen ging
ich etwas unwillig zum Glaser werger. wieder
erschien zuerst das, sich an seinem Saugfinger fest-
haltende Kind, dann die Frau mit einem andern
Löffel, dann der Hoiuerich. Der war noch freund-
licher als das erstemal.

„Ah, guten Dach, schön, daß Se mich widder
beehr’n!"

„Sie haben die Borplatzglastürscheibe noch
nicht gemacht!" rief ich..

„Ach so!" rief Herr werger erstaunt, „Sie sin
der Herr mit der zerbrochene Fenfterscheib’! Ja
wissen Se, ich Hab das Muster von dem Glas
net vorrätig, das muß ich erst komme lasse. Aber
das geht schnell. So in Tagere acht komme mer
un machen ’s! Ganz früh!"

„Also diesmal bestimmt, sonst muß ich zu einem
andern Glaser gehen!"

„Ach, Herr 'Kohlmüller, Sie wern iner doch
das net andun!" rief Herr werger sehr traurig.

„Gut!" sagte ich, „lassen Sie mich aber nicht
wieder aufsitzen!"

„wo werd’ ich denn! En Herrn, wo ich schon
so lang dafür arbeit’!" meinte Herr werger über-
zeugt.

In den weihnachstagen, etwa acht Wochen
später, kam ein so kalter Zug vom Borplatz herein,
daß wir einen Petroleumofen bestellen mußten,
wir sahen gleich, dcrß die fehlende Scheibe in der
Borplatztür schuld war.

Diesmal ging meine Frau mit zu Herrn werger.
Als er uns sah, rief er aus: „Eben is das Glas
komme! Heit noch werd’ die Scheib eigesetzt!"

Meine Frau sprach mit ihm und er schickte
gleich seinen Gesellen mit, um die Sache sofort zu
erledigen, wir standen dabei und sahen zu, auch
die Köchin. Vermutlich hat ihr Anblick den schüch-
ternen Gesellen verwirrt, denn während er die
alten Scherben herausnahm, trat er auf die neue
Scheibe, die neben auf dem Boden lag. Er lief
gleich fort, eine neue zu holen, kam aber nicht
wieder.

Ich ging zu Herrn werger, er sagte mir: „Ja,
das war die einzig’ Scheib von dem Muster, wo
ich da hatt’, ich muß e neu bestelle. Aber das
geht schnell. In Tagere acht

An einem linden Frühlingsabend kamen wir
vom Spaziergang, da trat uns die Köchin erregt
entgegen. „Sehen Sie," rief sie aus, „vorhin ist
die Glastürscheibe eingesetzt worden!"

wir eilten herzu und betrachteten erfreut die
neue Scheibe. Es war ein falsches Muster.

Liebe Jugend!

Bei einer ökonomischen Musterung läßt der
General die im Sanitätsdienst ausgebildeten Mann-
schaften antreten und fragt: „Angenommen, Sie
treffen in der Stadt einen Soldaten in sinnlos
betrunkenem Zustande, was machen Sie?"

„Ich führe ihn auf wegen, wo ich keinen Vor-
gesetzten vermute, nach Hause, lege ihn zu Bett,
decke ihn nicht zu warm zu, lege ihm nasse Tücher
auf den Kopf, stelle einen Eimer zurecht 2c. . ."

„Na," sagte der General, „Sie scheinen ja
darin große Erfahrung zu haben, was sind Sie
denn?" (Er meinte natürlich: im Zivilberuf.)

Prompte Antwort: „Bursche bei Herrn Leut-
nant Schulze."

Dden an die Meine

Von Rarlche»

I. Unsterblichkeit

Plage mich, blonder Quälgeist, nicht länger
In den Stunden der Tändelei,

Daß ich als gottbegnadeter Sänger
Dir der Unsterblichkeit Krone verleih!

Wehre dem Zünglein, so spitz wie ein Messer,
Gönne mit Ruhmesgelüsten mir Ruh:
Glaub's, Marzipanpralinäs schmecken besser
Denn der Unsterblichkeit bittres Ragout.
Wär' ich ein Goethe, — natürlich,

mein Schätzchen,

Tät ich dir gern den Gefallen geschwind,
Sicherte dir ein recht molliges Plätzchen
Hoch im Olymp, wo die Göttlichen sind.
Und in den Schulen würd'st du gelesen
Und der Professor erklärte — o weh —:
„Hannchen ist seine Freundin gewesen.

Doch nur platonisch! Versteht sich per se!
Aber er liebte sie darum nicht minder.
Idealist war er, sittsam und fest.

Außerdem hatte sie von ihm drei Kinder.
Schmidt, wegen Grinsens zwei Stunden

Arrest!"

— Hannchen kein Gletscher im ewigen Firne
Bin ich; ein Hügel nur blumig belebt;

Kein Kilo Lorbeer drückt mir die Stirne,
Schlicht nur ein Kränzlein, aus

Veilchen gewebt;

Nimmer zu mir als erlösendem Dichter
Lauscht in Verzückung die Menschheit empor,
Nein, es genügt mir als Hörer und Richter,
Schelmin, dein kleines, rosiges Ohr.

— Schmollst du? — O Eva, dein

Starrsinn ist erblich

Füßchen, nicht stampfe länger den Sand!
Hannchen, es sei denn: ich mach' dich

unsterblich!

Siehe, schon nehm' ich den Goethe zur Hand,
Lese die Verse, in die er gezwungen,

Was ihm die Liebe gelacht und geweint.
Schau, mit der Liebsten, die Goethe besungen,
Hat er auch dich, mein Blondinchen, gemeint,
Meinte er alle die zärtlichen Frauen,

Meinte die Haare, schwarz, blond und brünett,
Meinte die Augen, die dunklen und blauen,
Meinte die Mündchen, ob ernst, ob kokett,
Brauch' ich an dich noch Trophäen zu richten.
Ich, der sein Liedchen nur trällert dem Wind?
Denke ich dein nur bei Goethes Gedichten,
Bist du unsterblich besungen, mein Kind!

II. Feigheit

Als du mir das erste Essen
Kochtest auf dem Spiritus,

Hab' ich es gerührt gegessen,

Nannt's „tip-top" und „Hochgenuß".

Alles schmeckt ja, wenn man liebelt!

Und so lobte ich sogar,
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[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Karl Arnold: Nahrungsmittelchemie
Karlchen: Oden an die Kleine
 
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