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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 15.1910, Band 2 (Nr. 27-52)

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Peter Spahn an Martin Spahn

Komm an mein Herz, geliebter Sohn,
Dahin sind alle Sorgen:

Nun bist Du in der Fraktion,

Gott Lob und Dank, geborgen!

Du weißt, mein Kind, wie schwer ich's trug,
Ws Dich die Herrn bemängelt:

Man hielt Dich nicht für schwarz genug.
Man hielt Dich für gesprenkelt!

Ward auch mitunter insultiert
Bon Dir das Zentrum gröblich.

Man revoziert und depreziert
Und unterwirft sich löblich!

Und doch, beim Haare meines Barts
Kann ich getrost beschwören:

Du warst im Grund genau so schwarz
Wie Oppersdorf und Roeren!

Komm an mein Herz und nimm den Lohn:
Verstehen heißt verzeihen!

Die neue Firma „Spahn und Sohn"

Soll wachsen und gedeihen!

Schwer lag mir's auf der Seele, schwer
In diesen trüben Stunden;

Drum bringt das größte Mastkalb her:

Wir haben uns gefunden!

Beda

*

Alexander

Der Ianuschauer hat in Halle vor der freien
Studentenschaft eine Rede gehalten, in der er
sagte, trotz des Ansturms der Umsturzbestrebungen
habe er die Hoffnung, daß, wenn der gordische
Knoten fertig sei, Gott uns auch den Alexander
schicken werde, den Knoten durchzuhauen.

Der Ianuschauer irrt. Er sieht nicht, daß
Gott uns den Alexander schon geschickt hat,
und zwar gleich in mehreren Exemplaren. Liest
er nicht die Berichte über den Moabiter Prozeß?
Ersieht er aus ihnen nicht, wie die Schutzleute,
diese Al xanders, die Knoten in Moabit durch-
gehauen haben? »lax

*

Die armen Jesuiten

Nackt und bloß haben sie aus Portugal in
die Verbannung ziehen müssen. Die republi-
kanische Regierung ließ ihnen kaum Zeit, ihre
Blöße mit einigen schnell zusammengerafften
Lumpen zu bedecken; all ihr Kloster-
eigentum blieb zurück, — eine Beute
jener habgierigen Teufelsbande, die
sich jetzt dort Regierung nennt. Die
Dornen am Wege zerrissen ihre
Lumpen und ritzten ihre Füße blutig.

Hungernd, frierend und bettelnd zogen
die Vertriebenen nach Rom, um dort
ein Obdach zu suchen.

Sie haben noch keines gefunden,
sie suchen und suchen noch immer.
Gegenwärtig stehen sie in Unterhand-
lungen über einen „Palast" im Quar-
tier Ludovisi, den sie für zwei
Millionen Lire kaufen wollen.

Die Aermsten! Hätte die portu-
giesische Regierung ihnen nicht alles
genommen, so hätten sie einen ihrer
würdigen Palast für zehn Millionen
kaufen können. So aber müssen sie
mit einem Häuschen für zwei Mil-
lionen vorlieb nehmen, mit einem
Loch, mit einer Spelunke!

Khedive


7a.

ol

Weise Führung

„Das Spielzeug werden wir ikm wohl lassen
müssen, sonst zerreisrt er uns die Fäden und wir
müßten uns nach einer neuen Puppe Umsehen!"

*

Hbfagc

(Szene aus Wildwest)

Das Bruderpaar im „Blockhaus" sprach:
„Hör', Nachbar, laß dir sagen:

Die ,Rothaut' steigt uns auf das Dach
Und geht uns an den Kragen!

Ganz eklig wird der Kerl uns hau'n:

Drum hilf uns Wall und Graben bau'n!"

„Und bau' ich Wall und Graben dir.

Was soll mir dieses nützen?

Ich Hab' ja selbst ein Häuschen hier
Im Lande zu beschützen!

Und würd' ich dir behilflich sein,

So rückt' bei mir die ,Rothaut ein!"

„Und rückt bei dir die ,Rothaut' ein.

So öffnen wir die Türen
Und führen dich zu uns herein,

Drum, Nachbar, laß dich rühren
Und folge unserm Angebot! —

Hörst du nicht, wie die ,Rothaut' droht?"

„Hör', dicker Farmer! Schon einmal
Bin ich mit dir gezogen!

Du aber hast mich ganz brutal
Betrogen und belogen!

Ließ' ich mich nochmals mit dir ein,

Dann müßt' ich doch ein — Rindvieh sein!"

Beda

*

Humane Justiz

Die Festungszeit soll den beiden Borussen so angenehm wie möglich
gestaltet werden. Der betreffende Kommandant ist bereits davon verstän-

Ueber den Fall Dammann

geht uns von unserm Militärjuristen folgendes
Gutachten zu: Rechtsanwalt Dammann wurde
seiner Offizierscharge verlustig, weil er einen
Herrn, der ihn um 20000 Mark betrog und
ihm noch dazu einen unverschämten Brief des-
wegen schrieb, nicht forderte, sondern verklagte.
Diese Degradierung macht böses Blut im Volke.
Aber es herrscht dabei eine falsche Auffassung.

A. Der Betrüger war nämlich zur Zeit, als
der beleidigende Brief geschrieben wurde, noch
Kamerad. Rechtsanwalt Dammann hätte ihn
also a) entweder totschießen können, dann wäre
der Prozeß sowieso überflüssig gewesen und der
später aufgedeckte Betrug (auf welchem ja im
Zivil nur einige Jahre Zuchthaus stehen), wäre
durch eine viel härtere Strafe gesühnt gewesen.
Oder b) Rechtsanwalt Dammann hätte sich von
Kamerad St erschießen lassen, dann hätte er
nach der ehrenvollen Erledigung dieser Sache
den Prozeß ruhig beginnen können. Hätte sich
dabei herausgestellt, daß St ein Lump sei, so
würde Rechtsanwalt Dammann trotzdem die
Genugtuung gehabt haben, nicht von der Kugel
des Lumpen St, sondern von der des Kame-
raden St gefallen zu sein, also nicht unehrenhaft
gehandelt zu haben.

8. Steht man aber auf dem Standpunkt,
daß X. wirklich schon damals (zur Zeit der
Forderung) ein Lump gewesen sei (— was als
ganz ausgeschlossen zu gelten hat, weil St ja
noch Offizier war —), so würde Rechtsanwalt
Dammann sich von einem Individuum haben
beleidigen lassen, von dem er sich eine ehrenhafte
Genugtuung nicht verschaffen konnte —, er hätte
also auch deswegen unter allen Umständen seinen
Rock auszuziehen gehabt. q. ©. s.

Liebe Jugend!

In der ersten Klaffe einer wiener Volksschule
ist der Religionsinspektor.

Die erste Frage natürlich: „Liebe Kinder, wer
hat Christus gekreuziget?"

Darauf ein unverfälschter Sohn Libu-
ssas: „Bitt, die Bem."

üerllner Yschschlil-Nachrledren:

Den Professoren Sering und Bern-
hard ist die Venia revylvench erteilt.

X. Arnold

digt, dafj erber gelegentlichen Veranstaltung eines „Budenzaubers" ä la
Feith in seinem Schlafzimmer keine Hindernisse in den Weg stellen möchte.

Zickrecklick!

Die Fleischnot ist aufs höchste
gestiegen: gestern konnte im Re chs-
tag nicht 'mal mehr ein Hammel-
sprung ausgeführt werden!

*

Göllerckäninierung

Der Reichskanzler sagte im Reichstag,
wie auch die Wahlen ausfallen würden,
eine Götterdämmerung werde nicht an-
brechen. Wirklich nicht?

Dämmert der Götter Ende
Drängend nicht dort?

Bist du des sicher,

Lehrender Bethmann?

Wehe, in Labiau-Wehlau
Wählte man lachend den Wagner.
Und wo Wagner wirkt.

Ist der greifenden Götter
Dräuende Dämmerung nah!

Frido
Register
[nicht signierter Beitrag]: Berliner Hochschul-Nachrichten
Frido: Götterdämmerung
[nicht signierter Beitrag]: Schrecklich!
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Beda: Absage
Khedive: Die armen Jesuiten
Max: Alexander
Beda: Peter Spahn an Martin Spahn
Karl Arnold: Humane Justiz
Monogrammist Frosch: Weise Führung
[nicht signierter Beitrag]: Über den Fall Dammann
 
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