So sag icbs meinem Kinde! Karl Arnold
,2lus dem Wintersport wird nichts, merk' Dir das! Solange Du Dich noch im Familienbad sehen lassen kannst, hat der weiter keinen Zweck!"
„Sie sehen, er selbst Kann nicht sprechen.
Es handelt sich um das neue Buch, das er ge-
schrieben hat. „Die politische Dichtung in Deutsch-
land". Es ist fast fertig, fast — aber nicht
ganz! Und der Verleger drängt. Und dann
muß Georges jetzt ins Sanatorium, wenn er
der deutschen Literatur und den Seinigen er-
halten bleiben soll. Ins „Blaue Reh", wissen
Sie, das Professor Dr. Plusmacher, der be-
rühmte Spezialist für Zungenkranke, führt. Der
Tag mit Milchdiät kostet 75 Mark ohne die
Milch und die ärztliche Behandlung. Die kostet
im Tag noch einmal so viel. Also — wir
brauchen Geld —"
„Gnädige Frau, ich bedaure aufrichtig, aber
meine Mittel —"
„Mein Herr, Sie täuschen sich — wir wollen
Sie nicht anpumpen! Sie sollen bloß fertig
machen, was an dem Buche noch fehlt, damit
wir das Manuskript abschicken können — wirk-
lich nur eine Kleinigkeit! Es fehlt die Titel-
seite und eine kleine Einleitung — wissen Sie!
Mein Mann kann aber nicht das Geringste
arbeiten. Er hat ein so hohes Fieber, daß ich
ihm täglich meine zwei Frühstückseier unter
die Achselhöhlen stecke — nach ein paar Minuten
sind sie wachsweich!"
„Der Unglückliche!"
„Ja! Denken Sie nur, er hat das ganze
dicke Buch in vier Wochen fertig gemacht —"
„Ein Genie der Arbeit! Und welcher Art
ist eigentlich das Buch?"
Sie gab mir eine bedruckte Postkarte:
„Das wird Sie am besten orientieren."
Ich las:
„Hochgeehrter Herr! Da ich beabsichtige,
ein Sammelwerk über die politische Dichtung
Deutschlands in der Gegenwart herauszugeben,
bitte ich auch Sie, der in einer solchen Samm-
lung absolut nicht fehlen darf, mir eine Aus-
wahl Ihrer besten politischen Gedichte gratis
und franko zur Verfügung zu stellen. Hoch-
achtungsvoll ergebenst Georges Pappmann."
„Aha — ein Sammelbuch l" sagte ich. „Und
was hat Ihr Herr Gemahl dazu getan — er
soll sich ja furchtbar überarbeitet haben?"
„Ja, denken Sie nur, fünfhundertsiebenund-
fünfzig Einladungen an politische Dichter hat
er hinausgeschickt. Seine Sekretärin hatte vier
Tage an den Adressen zu, schreiben. Von den
meisten sind auch Einsendungen eingelaufen.
Die hat das Fräulein bereits nach dem Alphabet
geordnet. Das Buch ist also fix und fertig ge-
schrieben. Bloß Einleitung und Titelseite fehlen
und wir wollten Sie um die Freundlichkeit
bitten, daß Sie uns gütigst diese beiden Sachen
abfassen — in einer Viertelstunde ist's ge-
schehen —"
„Aber ich begreife noch immer nicht — was
hat Ihr Herr Gemahl dazu getan, um sich so
zu überarbeiten — was fehlt ihm denn über-
haupt ?"
„Der Unglückselige hat die fünfhundertsieben-
undfünfzig Briefmarken selbst geleckt
und sich dabei eine Blutvergiftung zugezogen!"
f. v. O,
,2lus dem Wintersport wird nichts, merk' Dir das! Solange Du Dich noch im Familienbad sehen lassen kannst, hat der weiter keinen Zweck!"
„Sie sehen, er selbst Kann nicht sprechen.
Es handelt sich um das neue Buch, das er ge-
schrieben hat. „Die politische Dichtung in Deutsch-
land". Es ist fast fertig, fast — aber nicht
ganz! Und der Verleger drängt. Und dann
muß Georges jetzt ins Sanatorium, wenn er
der deutschen Literatur und den Seinigen er-
halten bleiben soll. Ins „Blaue Reh", wissen
Sie, das Professor Dr. Plusmacher, der be-
rühmte Spezialist für Zungenkranke, führt. Der
Tag mit Milchdiät kostet 75 Mark ohne die
Milch und die ärztliche Behandlung. Die kostet
im Tag noch einmal so viel. Also — wir
brauchen Geld —"
„Gnädige Frau, ich bedaure aufrichtig, aber
meine Mittel —"
„Mein Herr, Sie täuschen sich — wir wollen
Sie nicht anpumpen! Sie sollen bloß fertig
machen, was an dem Buche noch fehlt, damit
wir das Manuskript abschicken können — wirk-
lich nur eine Kleinigkeit! Es fehlt die Titel-
seite und eine kleine Einleitung — wissen Sie!
Mein Mann kann aber nicht das Geringste
arbeiten. Er hat ein so hohes Fieber, daß ich
ihm täglich meine zwei Frühstückseier unter
die Achselhöhlen stecke — nach ein paar Minuten
sind sie wachsweich!"
„Der Unglückliche!"
„Ja! Denken Sie nur, er hat das ganze
dicke Buch in vier Wochen fertig gemacht —"
„Ein Genie der Arbeit! Und welcher Art
ist eigentlich das Buch?"
Sie gab mir eine bedruckte Postkarte:
„Das wird Sie am besten orientieren."
Ich las:
„Hochgeehrter Herr! Da ich beabsichtige,
ein Sammelwerk über die politische Dichtung
Deutschlands in der Gegenwart herauszugeben,
bitte ich auch Sie, der in einer solchen Samm-
lung absolut nicht fehlen darf, mir eine Aus-
wahl Ihrer besten politischen Gedichte gratis
und franko zur Verfügung zu stellen. Hoch-
achtungsvoll ergebenst Georges Pappmann."
„Aha — ein Sammelbuch l" sagte ich. „Und
was hat Ihr Herr Gemahl dazu getan — er
soll sich ja furchtbar überarbeitet haben?"
„Ja, denken Sie nur, fünfhundertsiebenund-
fünfzig Einladungen an politische Dichter hat
er hinausgeschickt. Seine Sekretärin hatte vier
Tage an den Adressen zu, schreiben. Von den
meisten sind auch Einsendungen eingelaufen.
Die hat das Fräulein bereits nach dem Alphabet
geordnet. Das Buch ist also fix und fertig ge-
schrieben. Bloß Einleitung und Titelseite fehlen
und wir wollten Sie um die Freundlichkeit
bitten, daß Sie uns gütigst diese beiden Sachen
abfassen — in einer Viertelstunde ist's ge-
schehen —"
„Aber ich begreife noch immer nicht — was
hat Ihr Herr Gemahl dazu getan, um sich so
zu überarbeiten — was fehlt ihm denn über-
haupt ?"
„Der Unglückselige hat die fünfhundertsieben-
undfünfzig Briefmarken selbst geleckt
und sich dabei eine Blutvergiftung zugezogen!"
f. v. O,