Hu$ meinem
fsagesagewage-
cagebuche
Bei den typisch Un-
genialen ist es so: Ihr
Interesse sür die Sache
ist durch ihr Interesse
an der Sache bedingt.
*
Der naive Mensch
spricht, was er denkt;
denkt, was er weiß;
weiß, was er glaubt;
glaubt, was er fühlt.
Der erkennende Mensch
spricht, daß er denkt;
denkt, daß er weiß;
weiß, daß er glaubt;
glaubt, . . . daß er
suhlt.
Es gibt zwei Er-
scheinungsformen des
Philisters. Die eine
vegetiert von 7 Uhr
morgens bis 11 Uhr
nachts und heißt Spieß-
bürger. Die andere ve-
getiert von 11 Uhr
nachts bis 7 Uhr mor-
gens und heißt Bo-
HLmien.
*
Es gibt noch immer
Leute, die die „fleisch-
liche Lust" verdammen
— und doch ist das die
einzige Möglichkeit des
Philisters, einmal genia-
lisch zu empfinden.
Gleichung:
Tag st- Nacht — Tag.
Leben -f- Tod — Leben.
'Willi Geiger vBerlin)
f
Der „freie Wille". —
Man meint, wer ohne
Verantwortung handele,
müsse unverantwort-
lich handeln.
*
Die meisten kom-
men vor lauter Ausräu-
mungsarbeiten nicht zum
Bauen.
Dreistigkeit und Rück-
sichtslosigkeit sind Eigen-
schaften, die der Klügere
immer erst lernen muß
— vom Dümmeren.
Es ist mithin in ge-
wissen Lagen klüger,
dümmer zu sein.
*
Der Mensch zum Pro-
blem (Jakob zum En-
gel): „Ich lasse Dich
nicht, es sei denn, Du
segnetest mich!"
*
Unter „Jenseits von
Gut und Böse" verstehen
die meisten nur „Jen-
seits von Gut"!!
*
Um die Wahrheit zu
gestehen: Der Dichter
ist allemal weiblicher,
die Muse aber männ-
licher Natur. Denn be-
sucht etwa der Dichter
die Muse? — Nein, die
Muse kommt zum Dich-
ter. Und w er ist das be-
wegende Prinzip? Und
wer liegt fein still da?
Und endlich: w e r kriegt
die Kinder?!
Kurl kauckwllr
0effne5t deine firnenblsuen yeiligtume
Oeffnest deine firnenblauen Heiligtums,
O du jener Tage tiefe Blume,
In die ich mich bettete.
Mich in ihre heilende Kühle rettete
Aus dem Wirrfal meiner starken Triebe,
Die mir sprengen wollten die Bezirke,
Wo alleine ich mich sammle, wo allein ich wirke,
O die einzig guten meiner Liebe.
Stunden zu Zweit aus Sommerhöhen im Gras,
Wo ich die Jugend des Grünen Heinrich dir las —
Und die Alpen sahn von fern gewaltig in die Zeilen,
Um in ihren Kreis zu bannen
Gottfried Kellers goldumwobene Gestalten —
Und in Wald-Gründen versunkene Stunden des Beerenpflückens:
Kuckucksruf, du Puls der Einsamkeit,
Einzig noch das Maß der Zeit —
Abende, als Klarheit uns aus den gebräunten Stirnen lag
Bei dem selbstgepflückten Beerenmahle
In der milchgefüllten irdenen Schale —
Letztes Geläut und letzter Gutenachtgruß
Eines Bauern noch am Feldrain, —
Bis aus sterngestickten Silbersernen uns Träumenden
Schwingt ätherisch Grillensanges stählern helle Saite,
Und vorm Bette blaut die sirnenselige Weite —
Tage, wo meine Sinne lustvoll reiner erblühten
In der Geistigkeit zweieinigen Verstehens,
Oeffnet wieder eure blau umhauchte,
Zart kristallene Blumenglocke, die der
Mystisch-fromme Abgrund aller guten
Kräfte meines neuen Lebens ist. Hans Brandenburg
fsagesagewage-
cagebuche
Bei den typisch Un-
genialen ist es so: Ihr
Interesse sür die Sache
ist durch ihr Interesse
an der Sache bedingt.
*
Der naive Mensch
spricht, was er denkt;
denkt, was er weiß;
weiß, was er glaubt;
glaubt, was er fühlt.
Der erkennende Mensch
spricht, daß er denkt;
denkt, daß er weiß;
weiß, daß er glaubt;
glaubt, . . . daß er
suhlt.
Es gibt zwei Er-
scheinungsformen des
Philisters. Die eine
vegetiert von 7 Uhr
morgens bis 11 Uhr
nachts und heißt Spieß-
bürger. Die andere ve-
getiert von 11 Uhr
nachts bis 7 Uhr mor-
gens und heißt Bo-
HLmien.
*
Es gibt noch immer
Leute, die die „fleisch-
liche Lust" verdammen
— und doch ist das die
einzige Möglichkeit des
Philisters, einmal genia-
lisch zu empfinden.
Gleichung:
Tag st- Nacht — Tag.
Leben -f- Tod — Leben.
'Willi Geiger vBerlin)
f
Der „freie Wille". —
Man meint, wer ohne
Verantwortung handele,
müsse unverantwort-
lich handeln.
*
Die meisten kom-
men vor lauter Ausräu-
mungsarbeiten nicht zum
Bauen.
Dreistigkeit und Rück-
sichtslosigkeit sind Eigen-
schaften, die der Klügere
immer erst lernen muß
— vom Dümmeren.
Es ist mithin in ge-
wissen Lagen klüger,
dümmer zu sein.
*
Der Mensch zum Pro-
blem (Jakob zum En-
gel): „Ich lasse Dich
nicht, es sei denn, Du
segnetest mich!"
*
Unter „Jenseits von
Gut und Böse" verstehen
die meisten nur „Jen-
seits von Gut"!!
*
Um die Wahrheit zu
gestehen: Der Dichter
ist allemal weiblicher,
die Muse aber männ-
licher Natur. Denn be-
sucht etwa der Dichter
die Muse? — Nein, die
Muse kommt zum Dich-
ter. Und w er ist das be-
wegende Prinzip? Und
wer liegt fein still da?
Und endlich: w e r kriegt
die Kinder?!
Kurl kauckwllr
0effne5t deine firnenblsuen yeiligtume
Oeffnest deine firnenblauen Heiligtums,
O du jener Tage tiefe Blume,
In die ich mich bettete.
Mich in ihre heilende Kühle rettete
Aus dem Wirrfal meiner starken Triebe,
Die mir sprengen wollten die Bezirke,
Wo alleine ich mich sammle, wo allein ich wirke,
O die einzig guten meiner Liebe.
Stunden zu Zweit aus Sommerhöhen im Gras,
Wo ich die Jugend des Grünen Heinrich dir las —
Und die Alpen sahn von fern gewaltig in die Zeilen,
Um in ihren Kreis zu bannen
Gottfried Kellers goldumwobene Gestalten —
Und in Wald-Gründen versunkene Stunden des Beerenpflückens:
Kuckucksruf, du Puls der Einsamkeit,
Einzig noch das Maß der Zeit —
Abende, als Klarheit uns aus den gebräunten Stirnen lag
Bei dem selbstgepflückten Beerenmahle
In der milchgefüllten irdenen Schale —
Letztes Geläut und letzter Gutenachtgruß
Eines Bauern noch am Feldrain, —
Bis aus sterngestickten Silbersernen uns Träumenden
Schwingt ätherisch Grillensanges stählern helle Saite,
Und vorm Bette blaut die sirnenselige Weite —
Tage, wo meine Sinne lustvoll reiner erblühten
In der Geistigkeit zweieinigen Verstehens,
Oeffnet wieder eure blau umhauchte,
Zart kristallene Blumenglocke, die der
Mystisch-fromme Abgrund aller guten
Kräfte meines neuen Lebens ist. Hans Brandenburg