Schwebebahn
Fritz Gärtner (Mallinckrodt b/Wetter)
Das Dachtpfauenauge
von Hermann Hesse
«ein Gast und Freund Heinrich Mohr war
von seinem Abendspaziergang heimgekehrt
und saß nun bei mir im Studierzimmer, noch
beim letzten Tageslicht. Vor den Fenstern lag
weit hinaus der bleiche See, scharf vom hüge-
ligen Ufer gesäumt. Wir sprachen, da eben
mein kleiner Sohn uns gute Nacht gesagt hatte,
von Kindern und von Kindererinnerungen.
„Seit ich Kinder habe," sagte ich, „ist schon
manche Liebhaberei der eigenen Knabenzeit
wieder bei mir lebendig geworden. Seit einem
Jahr etwa habe ich sogar wieder eine Schmet-
terlingssammlung angefangen. Willst Du sie
sehen?"
Er bat darum, und ich ging hinaus, um zwei
oder drei von den leichten Pappkästen herein-
zuholen. Als ich den ersten öffnete, merkten wir
beide erst, wie dunkel es schon geworden war;
man konnte kaum noch die Umrisse der aufge-
spannten Falter erkennen.
Ich griff zur Lampe und strich ein Zündholz
an, und augenblicklich versank die Landschaft
draußen und die Fenster standen voll von un-
durchdringlichem Nachtblau.
Meine Schmetterlinge aber leuchteten in dem
hellen Lampenlicht prächtig aus dem Kasten.
Wir beugten uns darüber, betrachteten die schön-
farbigen Gebilde und nannten ihre Namen.
„Das da ist ein gelbes Ordensband," sagte
ich, „lateinisch fulminea, das gilt hier für selten."
Heinrich Mohr hatte vorsichtig einen der
Schmetterlinge an seiner Nadel aus dem Kasten
Fritz Gärtner (Mallinckrodt b/Wetter)
Das Dachtpfauenauge
von Hermann Hesse
«ein Gast und Freund Heinrich Mohr war
von seinem Abendspaziergang heimgekehrt
und saß nun bei mir im Studierzimmer, noch
beim letzten Tageslicht. Vor den Fenstern lag
weit hinaus der bleiche See, scharf vom hüge-
ligen Ufer gesäumt. Wir sprachen, da eben
mein kleiner Sohn uns gute Nacht gesagt hatte,
von Kindern und von Kindererinnerungen.
„Seit ich Kinder habe," sagte ich, „ist schon
manche Liebhaberei der eigenen Knabenzeit
wieder bei mir lebendig geworden. Seit einem
Jahr etwa habe ich sogar wieder eine Schmet-
terlingssammlung angefangen. Willst Du sie
sehen?"
Er bat darum, und ich ging hinaus, um zwei
oder drei von den leichten Pappkästen herein-
zuholen. Als ich den ersten öffnete, merkten wir
beide erst, wie dunkel es schon geworden war;
man konnte kaum noch die Umrisse der aufge-
spannten Falter erkennen.
Ich griff zur Lampe und strich ein Zündholz
an, und augenblicklich versank die Landschaft
draußen und die Fenster standen voll von un-
durchdringlichem Nachtblau.
Meine Schmetterlinge aber leuchteten in dem
hellen Lampenlicht prächtig aus dem Kasten.
Wir beugten uns darüber, betrachteten die schön-
farbigen Gebilde und nannten ihre Namen.
„Das da ist ein gelbes Ordensband," sagte
ich, „lateinisch fulminea, das gilt hier für selten."
Heinrich Mohr hatte vorsichtig einen der
Schmetterlinge an seiner Nadel aus dem Kasten