H. Kley (München)
Unterirdischer Weg
Das Gerüst
am Verkehrsministerium in München
Bergab, bergauf . . . . was tut's? — Ein
leichter Hebeldruck-lauter schnaubt die Kraft
— und du bist oben! Aber halte deine Seele fest,
Dichter, daß sie nicht bei den Blumen am Wege
oder im Schatten eines Wiesentales verweile. , Fern
ist die Zeit, da sie frei flattern durste wie ein
Schmetterling, derweil die gelbe Postkutsche in
der Mittagshitze den Abhang hinaufkeuchte . . .
Und während rechts und links das grüne,
ährengolddurchwobene Kleid der Ebenen flieht und
der Pappeln endlose Kette, lehnst du dich zurück
und träumst ihn zu Ende, Dichter, den faustischen
Traum der gemeisterten Kraft: — — —
Siehe, du bist der Bräutigam, und sie ist die
Braut, die dich entführt zu unvergeßlichen Wonne-
monden. ' wohin? wähle nur, Dichter. Ihr ist
kein Wunsch zu kühn, kein Ziel zu fern! Sie
trägt dich unter die Orangenspaliere von Amalfi,
oder in Pestos fieberschwangere Tempeleinsamkeit,
zu Füßen des Mont Perdu oder an die heiligen
Tore der ewigen Stadt und die Straße nach Tibur
hinüber, wo dir auf seinem bescheidenen Maultier
der Geist Horazens begegnen wird . . . Und wenn
du dann irgendwo im Schatten kühler Glyzinen
ruhst, den Blick zum sanft dunkelnden Abendblau
gerichtet, und wähnst, „sie" sei müde von eurem
rasenden Ritt, da schwebt sie mit einemmal, wun-
dersam verjüngt, hoch über dir — — und aber-
tausend Menschen jubeln im weiten Feld . .. empor
zur stolzen Kraft, die mit weitem, weißem Fittich,
wie eine schlanke Möwe die Sehnsucht von lausend
schaffenden, suchenden, rechnenden Gehirnen — und
deine Sehnsucht, o Dichter, hinüberträgt in die
Apotheose des Sonnenuntergangs . . .!
Beue Pre'voV
Aus den Schächten meines Lebens
Leiden Hab ich tief geschürft,
Unterirdischen Erbebens
Schauer schreckensheiß geschlürft.
Dämpfe stiegen, schlugen Gase,
Drin das Grubenlicht erstickt —
Durch der Hölle bös Geblase
Hab ich Himmelsglanz erblickt.
Karl Henckell
Sprüche des Lebens
In ein Röntgen-Institut
In jedem Lichte lebt der Drang,
Sich weiter mitzuteilen,
Es will wie goldener Gesang
Die ganze Welt durcheilen.
Mit seinem Rätselstrahlen-X
Sprcngt's eiserne Gewalten, . . .
Drum schäm dich, einen Strahl des Glücks
Für dich nur zu behalten
Und laß an deinem Sonnenschein
Auch andre Menschen glücklich sein!
Map Vewer (Laubegast)
Die Alten
Da haben sie ihr Lebtag sich gequält,
Von früh bis spät geschuftet und geschunden,
Und, wie der Eingekerkerte die Stunden,
Die Jahre ihres Arbeitjochs gezählt.
Nun klingt die Glocke endlich: Frieden! Frieden!
Und Feierabend! Ihres Käfigs Tor
Ist endlich offen und sie steh'n davor.
Nun ist auch auch ihnen einmal Ruh beschieden!
Erlösung! Ruh'! wie sie das langsam schlürfen,
Wie sie das kosten werden bis zum Grund,
Dies selig süße Nicht mehr sorgen dürfen!
Nicht mehr sich plagen müssen wie ein Hund!
Dies große Glück! . . Und ihre Hände schlingen
Sich in einander, und die Augen sprüh'n. . .
Da läutet in der Lust ein Sensenklingen —
Da mäht der Tod sie an der Schwelle hin-
Ach, ihres Glückes einzig karge Spende
Nach all der Arbeit, Mühe, Sorg' und Not
War nur: daß sie verschlungen Herz und Hände
Gemeinsam gehen durften in den Tod.
A. De Nora
Tier unä Mensch als Krbeilsmaschine
Ich bitte das Wort „Maschine" hier nicht
in einem die geistige Hoheit des Menschen an-
tastenden Sinne aufzufassen. Es handelt sich
nur um die Natur der Kraftquellen, aus
denen zuletzt freilich auch unser Denken, Dichten
und Trachten entspringt.
Bis vor kurzem stand die gesamte Physio-
logie, sogar diejenige der Kaltblüter, im Banne
der Wärmedynamik. Seit Robert Mayer
seiner großen Wahrheit von der Erhaltung der
Energie den großen Irrtum von dem Betriebs-
wert der Nahrungsmittel nach der Zahl der von
ihnen gelieferten Kalorien hinzugefügt, ist das
Dogma, daß das Tier im wesentlichen eine
Wärmemaschine sei, nicht ernstlich in seiner
Herrschaft erschüttert worden.
Zwar an warnenden Feststellungen hat es
nicht gefehlt. Schon 1864 machte Heidenhain
die für ihn damals unangenehme Entdeckung,
daß der Froschmuskel umsomehr Wärme er-
zeugte, je größer seine Arbeitsleistung war,
— also das gerade Gegenteil vom Verhalten
der Wärmemaschine. Die Selbstbeobachtung
lehrt einen Jeden von uns, daß Arbeit, auch
die geistige, heiß macht, und daß nicht etwa die
zunehmende Hitze unsere Arbeitsfähigkeit steigert.
Wer sich für die wissenschaftlichen Gründe in-
teressiert, welche gegen die Auffassung des
Tieres als Wärmemaschine sprechen, dem em-
pfehle ich die geistreiche kleine Broschüre des
Wiener Professors Max Kassowitz: „Der
theoretische Nährwert des Alkohols" (Verlag
von Jul. Springer in Berlin, 1908).
Wenn trotzdem die alte, unhaltbare Vor-
stellung fortwuchert, wenn wir hie und da so-
gar vom Tiere als einem „kalorischen Explosions-
motor" (!) gelesen haben, so liegt dies nur daran,
daß man sich aus Mangel an durchschlagenden
Beweisen noch nicht für die Ersetzung des ka-
lorischen durch den elektrischen Betrieb
entscheiden konnte. An einem sehr umfang-
reichen wissenschaftlichen Apparat, bestehend in
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Unterirdischer Weg
Das Gerüst
am Verkehrsministerium in München
Bergab, bergauf . . . . was tut's? — Ein
leichter Hebeldruck-lauter schnaubt die Kraft
— und du bist oben! Aber halte deine Seele fest,
Dichter, daß sie nicht bei den Blumen am Wege
oder im Schatten eines Wiesentales verweile. , Fern
ist die Zeit, da sie frei flattern durste wie ein
Schmetterling, derweil die gelbe Postkutsche in
der Mittagshitze den Abhang hinaufkeuchte . . .
Und während rechts und links das grüne,
ährengolddurchwobene Kleid der Ebenen flieht und
der Pappeln endlose Kette, lehnst du dich zurück
und träumst ihn zu Ende, Dichter, den faustischen
Traum der gemeisterten Kraft: — — —
Siehe, du bist der Bräutigam, und sie ist die
Braut, die dich entführt zu unvergeßlichen Wonne-
monden. ' wohin? wähle nur, Dichter. Ihr ist
kein Wunsch zu kühn, kein Ziel zu fern! Sie
trägt dich unter die Orangenspaliere von Amalfi,
oder in Pestos fieberschwangere Tempeleinsamkeit,
zu Füßen des Mont Perdu oder an die heiligen
Tore der ewigen Stadt und die Straße nach Tibur
hinüber, wo dir auf seinem bescheidenen Maultier
der Geist Horazens begegnen wird . . . Und wenn
du dann irgendwo im Schatten kühler Glyzinen
ruhst, den Blick zum sanft dunkelnden Abendblau
gerichtet, und wähnst, „sie" sei müde von eurem
rasenden Ritt, da schwebt sie mit einemmal, wun-
dersam verjüngt, hoch über dir — — und aber-
tausend Menschen jubeln im weiten Feld . .. empor
zur stolzen Kraft, die mit weitem, weißem Fittich,
wie eine schlanke Möwe die Sehnsucht von lausend
schaffenden, suchenden, rechnenden Gehirnen — und
deine Sehnsucht, o Dichter, hinüberträgt in die
Apotheose des Sonnenuntergangs . . .!
Beue Pre'voV
Aus den Schächten meines Lebens
Leiden Hab ich tief geschürft,
Unterirdischen Erbebens
Schauer schreckensheiß geschlürft.
Dämpfe stiegen, schlugen Gase,
Drin das Grubenlicht erstickt —
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Karl Henckell
Sprüche des Lebens
In ein Röntgen-Institut
In jedem Lichte lebt der Drang,
Sich weiter mitzuteilen,
Es will wie goldener Gesang
Die ganze Welt durcheilen.
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Map Vewer (Laubegast)
Die Alten
Da haben sie ihr Lebtag sich gequält,
Von früh bis spät geschuftet und geschunden,
Und, wie der Eingekerkerte die Stunden,
Die Jahre ihres Arbeitjochs gezählt.
Nun klingt die Glocke endlich: Frieden! Frieden!
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Nun ist auch auch ihnen einmal Ruh beschieden!
Erlösung! Ruh'! wie sie das langsam schlürfen,
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Tier unä Mensch als Krbeilsmaschine
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nur um die Natur der Kraftquellen, aus
denen zuletzt freilich auch unser Denken, Dichten
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ihnen gelieferten Kalorien hinzugefügt, ist das
Dogma, daß das Tier im wesentlichen eine
Wärmemaschine sei, nicht ernstlich in seiner
Herrschaft erschüttert worden.
Zwar an warnenden Feststellungen hat es
nicht gefehlt. Schon 1864 machte Heidenhain
die für ihn damals unangenehme Entdeckung,
daß der Froschmuskel umsomehr Wärme er-
zeugte, je größer seine Arbeitsleistung war,
— also das gerade Gegenteil vom Verhalten
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lehrt einen Jeden von uns, daß Arbeit, auch
die geistige, heiß macht, und daß nicht etwa die
zunehmende Hitze unsere Arbeitsfähigkeit steigert.
Wer sich für die wissenschaftlichen Gründe in-
teressiert, welche gegen die Auffassung des
Tieres als Wärmemaschine sprechen, dem em-
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Wiener Professors Max Kassowitz: „Der
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von Jul. Springer in Berlin, 1908).
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