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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 16.1911, Band 2 (Nr. 27-52)

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Das erste erfreuliche Ergebnis der diplomatischen
Dunkelkammer der firma Catubon & Kiderlen

Michel: „Schau, schau, die eine halste
des Bildes ist gut entwickelt und schon recht
deutlich, nur mein Anteil liegt noch stark im
dunkeln — oder sollte das bereits die Kongo-
Kompensation sein?"

Sie Habens nötig

„AH, des waar no sena"

— Sagt der Italien« —

„Muß si ebbis gsegn für Kultura!"

— Nit lesi und sreibi
Und Dummeit vatreibi
Von unsri bigotti Baura —

Aa nit Versikungri
Fir Arbeita Hungri
Wie die Deitse, mit viele Moneti —

Oda kanalisiere,

Saustalli saniere
In unsri vasiedeni Städti —

Nit Cholera richti
Und ehrlic vanichti,

Anstatt sie vertussi mit Swindel —

Oda gar amol pacco
d'Mafia am Gnacko
d'Camorra und ändert Gsindel —

Na, nixi! Beileibi!

Kan alles so bleibi!

Mi macke Kultura viel feina:

Mi trag mit Kanone
ls ooltivarions
In Tripolitania ein«.

A. ■>. Si.

Milchpreis-Blüte

Amme (zur gnädigen Frau): „Lfeunt Abend
kimm i nöt, weil ma Ulilchproduzentenversamm-
lung Ham!"

Sprachfertigkeit

Bebel hatte auf dem
Jenaer Parteitag gesagt,
der Genosse Huysmans habe
ihm mitgeteilt, das inter-
nationale Bureau der So-
zialdemokratie werde der
Genossin Rosa Luxemburg
keine Mitteilungen mehr
machen, da sie wiederholt
indiskret gewesen sei. Jetzt
erklärt Huysmans, er habe
sich aus den Verhandlungen
dcsIenaerParteitages über-
zeugt, daß die vorgckom-
menen Indiskretionen der
Genossin Rosa Luxemburg
nicht zur Last fielen; wenn
er etwas anderes behauptet
habe, so sei nur seinem man-
gelhafte Kenntnis der deut-
schen Sprache daran schuld.

Huysmans hat Recht.
Wenn er die deutsche Sprache
nicht vollständig beherrscht,
so sind seine Verhandlungen
mit Rosa Luxemburg ganz unzulänglich. Denn
zu Verhandlungen mit ihr eignet sich nur je-
mand, der mit ihr ordentlich deutsch zu reden
versteht. Frido

Der Ranzelredner von Holleruri)

(bei Aachen)

„Heiß im Herrn geliebte Lumpen, wie muß
Ich mit euch mich ärgern früh und spat! —"
Also predigte der Pfarrer Thimus
Von der Kanzel Bord zu Hollerath; —

„Hört mich an, wenn Gottes Wort ich stammet —:
Ihr seid allzumal ver—stunkne Hammel!"

„Deinen Nächsten sollst du innig lieben,"
Fuhr er fort, „verehrtes Schweinepackl" —
Darauf segnete mit derben Hieben
Er der Schüler Antlitz und Genack,

Daß sie sich aufs Lager mußten legen:

Also kräftig war des Pfarrers Segen!

Doch das Volk versteht die „Patriarchen"
Leider längst nicht mehr; es sank so tief.

Daß es, statt beim Schimpfen fortzuschnarchen.
Schwerbeleidigt gleich zum Kadi lief;

Dieser kränkte unfern Stellvertreter
Gottes gottlos um 500 Meter!

Ach, ein Priester ist so rasch erledigt,

Wenn er populär zu sprechen liebt
Und in bilderreicher Sprache predigt
Und ihr mit den Händen Nachdruck gibt!
Kann das Volk kein Späßchen mehr vertragen,
Mag der Teufel sich als Pfarrer plagen!

lteda

'_

HrchiprSt—Delcasse — Eiberte

Die väterliche Polizei

Ein Schauspiel „Die sich irren" von
Henri Wenden, das am Friedrich Wilhelm-
städtischen Schauspielhaus zu Berlin aufgeführt
iverden sollte, ist polizeilich verboten worden.
Es behandelt Mißstände im Irrenwesen. Die
Polizei führt aus, die im Publikum ohnehin
schon vorhandene Animosität gegen das Irren-
wesen könne durch den Inhalt des Stücks noch
gesteigert werden; dies könne zur Folge haben,
daß die rechtzeitige Internierung von Geistes-
kranken unterbleibe; deshalb begründe das Stück
eine Gefahr für die Oeffentlichkeit.

Dieselbe Polizei hat das Schauspiel „F a u st"
des bekannten Schriftstellers Goethe verboten.
In der sogenannten Schülerszene wird dort be-
kanntlich einem Studenten das Studium der
Philosophie, der Theologie und der Jurispru-
denz in der stärksten Weise verekelt, während
das Studium der Medizin in verführerischen
Farben geschildert wird. Die Polizei führt nun
aus, der ohnehin schon vorhandene übermäßige
Andrang zum medizinischen Studium könne
durch den Inhalt des Stückes »och gesteigert
werden; dies könne zur Folge haben, daß ein
Aerzteproletariat geschaffen, und daß die Pro-
letarier unter den Acrzten sich den Sozialdemo-
kraten anschließen; deshalb begründe das Stück
eine Gefahr für die Oeffentlichkeit.

liliedivc

Delcasse und seine Marine

Uelcassä: „hatte ich nicht recht, wenn ich
ZUIN Kriege drängte, ehe alle unsere Kriegs-
schiffe in die Lust fliegen?"

Stegreif

Gozzis Turandot soll auf den Reinhardt-
schcn Bühnen als Stegreif-Komödie gegeben
werden, d. h. es wird den Schauspielern nur
der Sinn ihrer Reden angegeben, und es bleibt
ihnen selbst überlassen, die einzelnen Worte zu
erfinden.

Um ein Beispiel zu geben, würde Domingo
im Don Carlos, wenn es als Stegreif-Drama
gegeben würde, etwa folgendermaßen beginnen:

Königliche Hoheit, Euer Urlaub
Ist nun zu Ende und Sie kehren morgen
In Ihre stille Garnison zurück.

Der ganze Urlaub war, ach, für die Katze,

Das Geld ist ganz umsonst hinausgeschmissen.
Sie sind noch deprimiert. O brechen Sie!

Dies wird den Magen und das Herz erleichtern.
O machen Sie sich Luft! Entsagen Sie
Dem rätselhaften Schweigen! Seine Majestät
Sind Allerhöchst darüber ungehalten.

O lieben Sie! Man liebt ja hier in Masse»!
Wo alles liebt, kann Karl allein nicht passen.

Frido

W Zur gefl. Beachtung! TBü

Summer Hi der „Jugend“ ist /.um !
größten Teil in Bild und Wort dem Andenken

Franz v. Liszt’s

gewidmet. Das Titelblatt bringt die Repro-
duktion eines Liszt-Bildnisses von Franz v.
Lenbach, die Nummer selbst unter anderm
eine Reihe bisher unveröffentlichter Liszt-
Briefe, ferner einen Biedermeier-Hymnus
zu Ehren des großen Komponisten und Vir-
tuosen. Vorausbestellungen bitten wir um- (
gehend an uns gelangen zu lassen, da wir
sonst die Lieferung nicht garantieren können.

Verlag der „Jugend“, München, !

Lessingstrasse 1.
Register
[nicht signierter Beitrag]: Delcassé und seine Marine
[nicht signierter Beitrag]: Milchpreis-Blüte
Monogrammist Pentagramm: Das erste erstaunliche Ergebnis der diplomatischen Dunkelkammer der
Frido: Stegreif
Frido: Sprachfertigkeit
A. D. N.: Sie haben's nötig
Beda: Der Kanzelredner von Hollerath
Monogrammist Frosch: Archiprêt-Delcassé-Liberté
Khedive: Die väterliche Polizei
 
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