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Der Herr vom Tal

Zu einer Zeit, du sonst die Menschen ruhen,

So Nachts um Viere — denkt Euch drum

nichts Schlechtes! —

Da schritt, die Litzen offen an den Schuhen,
Durchs Münchner „Tal" ein Praktikant des Rechts!

Dort sorgte für Befolgung der Gesetze
Ein grimmer Schutzmann, streng und voller

Schneid —

Der fand: normales Schamgefühl verletze
Des Schuhbands freche Ungebundenheit!

„Sie binden schleunigst diese offene Litze!"

Befahl der Schutzmann, finster, kurz und barsch —
Das tat des deutschen Rechtsstaats künftige Stütze
Und setzte sich dann wiederum en mareke.

Doch hinterher befiel ihn Groll und Kummer,
Denn krasses Unrecht war ihm doch gescheh'n —
Er kehrte um, des harten Schutzmanns Nummer
Beschwerdeführungshalber anzuseh'n.

Da packte ihn der Grimme am Schlafittich
Und arretierte ihn nncl) kurzen, Zwist —

Der Praktikant des Rechtes sprach: „Da bitt’ ich!
Ich weiß, was Recht ist, denn ich bin Zurist!"

Zedoch der grimme Schutzmann sprach pathetisch:
„Was Sie da quatschen, ist mir ganz egal!

Wir machen s praktisch, Sie bloß theoretisch,
Wir Münchner Schutzleut sind die Herrn

vom Tal!"

Er führte ihn alsbald mit wildem Schnaufen
Bis in die Nähe von der Polizei —

Da ließ er ihn dann wieder laufen,

Denn schließlich ward ihm selber schwul dabei!

Des Praktikanten schmähliche Bedrängnis,

Die rächte sich alsbald am Schutzmann stark:
Drei Monde sitzt er jetzo im Gefängnis
Und außerdem berappt er zwanzig Mark!

Gewiß ist's Recht, den Schutzmann einzusperren
Bon wegen übertrieben grimmen Sinn —

Zch aber sperrt' den rabiaten Herren

Nicht ins Gefängnis, nein, wo anders hin . . .

Zch gab' ihm eine sanfte Polsterzelle
Zn einen, gut und wohlverwahrten Haus
Und schriebe seine freigewordne Stelle
Als „Herr vom Tal" für einen Andern aus!

Pips

*

Suffragetten

Steine in die Fenster schmeißen,
Gaslaternenpfähl ausreißen,

Kleider, Schuh' und Maul zerschleißen,
Schutzleut in die Finger beißen,
Stinkbonbons in Häuser tragen,

Den Ministern Hüt einschlagen,

A. Fiebiger

Beichte auf Jasna Gora

„lind zue Buße, liebe Schwester, kommen
Sic dann auf meine Bude!"

Und zerfetzen Rock und Kragen,

Hinter Trnmbahnwage» jagen,

Schirm und Stück' in Trümmer hauen,
Wände mit Morast versauen,

Stechen, kratzen, zwicken, klauen,

Kreischen, brüllen und miauen —

Warum wir dies tun, wir Frauen?

Damit Zedermann begreif:

Wir sind reif, wir sind reif
Für das — Wahl- und Stimmrecht!

A. I». S.

*

Berlin — Srraßburg,

ein schöner Zug — des Zentrums
Berlin:

Wir sind monarchisch, wir sind lotjal,

Wir stützen Altar und Thron,

Rur über unsere Leiche geht
Der Ansturm gegen die Majestät,

Der Weg der Revolution!

Wir sind die Garde, die Kaiser und Staat
Vorm roten Verderben schützt!

Wir gehen mit keinem Sozi uni,

Wir sitzen in keinem Präsidium,

Wo Einer von denen sitzt — — —

Straßburg:

Komm, rotes Brüderchen! Komm, Chauvin^
Hier sind wir de», Hofe fern!

Hier können wir offen und ehrlich sein:

Du bist uns sympathisch, Brüderlein!
Französling, dich haben wir gern!

Wir — Garde für Staat und Autorität?!
Vor Euch? Quatsch! Denken nicht dran!
Hier »»ter uns läßt sich's ja sagen frei:

Was schert der Kaiser, der Preuß, uns drei <
Kommt, Brüder! Oden wir'n an!

A. I>.
Index
A. D. N.: Suffragetten
Arpad Schmidhammer: Die herrschende Partei in Bayern
Albert Fiebiger: Beichte auf Jasna Gora
A. D. N.: Berlin-Straßburg
Pips: Der Herr vom Tal
 
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