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Ein Brief, „an den bayrischen Landtag" gesandt,
Ging zurück mit „Landtag unbekannt".
Das hat mich nicht wunder genommen:

Der Jünger der Post hat sich eben gefragt,
Wo es bei uns im Lande tagt? —-

— Und hat's nicht herausbekommen.

Der „Prinz von Capua" reklamiert Thessalien
Und droht mit richterlichen Repressalien;

Der Pfändungsakt ist fertig ausführbar.
Prinz! Glanzend! Jetzt bedürfen zu dem Akte
Sie nur noch ein'ger wirkungsvoller Takte,

Am Ende von — Lehar!

*

Gottlob, im Elsaß ist der Fall jetzt glatt entschieden:
Wenn einem Lehrer seine Bischöfe verbieten
Erteilung religiösen Unterrichts,

Hat in der Schul' er überhaupt

nichts mehr zu sagen!

— Und Vater Staat, der ihm das

Lehramt übertragen?

— — Erst recht nichts!

H. De Dora

*

Zustand daitsches!

(Ein objektiver Artikel, der römischen ,,6ivlltä
Cattolica“ zur Verfügung gestellt.)

Nur mit großer Mühe ist es gelungen, diesen
Artikel zu schreiben, denn bekanntlich verbietet ein
deutsches Reichsgesetz den Verkauf von Tinte, Feder
und Papier an Katholiken. So weit
ist es unter der jetzigen Regierung ge-
kommen! Aber ist das ein Wunder,
in einen: Lande, wo der Kaiser all-
jährlich den sozialdemokratischen Partei-
tag besucht, mit August Bebel öffentlich
Duzbrüderschaft trinkt, Ordensauszeich-
nungen von Mehring annimmt, und
was dergleichen verbürgte Tatsachen
inehr sind. Kürzlich wurde ein Mann
nicht zum Unteroffizier befördert, weil
er katholisch war, und ein Richter, der
einen Katholiken in einem Zivilprozeß
Recht gab, wurde mit Dienstentlassung
bestraft.

Besonders schlimm sind die Zustände
in Bayern. Dort besteht noch der scheuß-
liche Brauch, auf dem Oktoberfest Ka-
tholiken am Rost zu braten. Die Zen-
trumspartei wird in brutalster Weise im
Landtag majorisiert und der Zentrums-
presse ist es durch ein Gesetz verboten
worden, die Wahrheit zu schreiben.

Über Elsaß-Lothringen kann ich nicht
schreiben, ohne daß mir die Tränen
über meine schon lange nicht mehr er-
rötenden Wangen laufen. Dort zwingt
man in ruchlosester Weise die Bevölke-
rung, die protestantische deutsche Sprache
zu sprechen und die Katholiken müssen
ihre neugeborenen Kinder auf der Bür-
germeisterei abliefern, wo sie dann zu
protestantisch - jüdisch - sozialdemokrati-
schen Regierungsbeamten erzogen wer-
den. Für solche Zustände gibt es nur
ein Schimpfwort, das stark genug
wäre: Deutschland.

Bruderzwist

Kommandorufe, Schwertgeklirr
Und schmetternde Fanfaren!

Die Landwirtsbündler kämpfen wirr
Mit Bethmann Hollwegs Scharen.

Wie groß war doch und heiß und dick
Die Freundschaft zwischen beiden!

Fetzt können sie — o Mißgeschick —
Sich in den Tod nicht leiden.

Es floh mit lautem „Hei, Juchhei"

Die Freundschaft schnell von hinnen,

Und Bethmann Hollweg schnitt entzwei
Das Tischtuch, ach, von Linnen.

Doch traut der neuen Feindschaft nicht!
Der Haß wird bald zur Gnade,

Und die Fanfare wird ganz schlicht
Und langsam zur Schamade.

Ein neues Tischtuch wird gebracht,

Ein neues Tischlein deckt sich.

Vorüber ist die grimme Schlacht.

Ach, was sich liebt, das neckt sich!

Der arglose Pfarrer aus dem Eff-Eff

Der Expositus Eff in Pilsach (Oberpfalz) fing
ein Verhältnis, mit einer Gastwirtstochter an, die
er täglich und nächtlich besuchte.

Um dem _ Skandal ein Ende zu machen,
versetzte ihn der gestrenge, weltkundige
Bischof auf eine um volle 60 Minuten
entfernte Pfarrei und verbot den: Geist-
lichen, im Gasthaus seiner Geliebten zu
verkehren. Der gehorsame Priester des
Herrn und der Aphrodite mied ge-
wissenhaft den Ort seiner Freuden und
holte dafür die Wirtstochter dauernd
in feine Wohnung. Da aber der Vati-
kan s. Z. vergessen hatte, für seine Geist-
lichen ein privilegium paternitatis
vom Staate herauszuschinden, wurde
Pfarrer Eff Vater und schickte die
werdende Mutter mit Rücksicht auf das
Ansehen der Kirche in eine fremde Ge-
gend. Aber nachdem genügend Rücksicht
genommen war, holte er sie wieder heim
und machte sie künstlich zu seiner Nichte.
Was aber nach Fahr und Tag nicht
hinderte, daß er abermals Vater werden
sollte. Aber weit- und lebensfremd, wie
er einmal war, wußte er nach dem
„8. Monat" noch nicht, wie es um die
„Nichte" stund.

Mit Rücksicht auf ihren lieben Onkel
nahm die „Nichte" ein Abortivmittel.
Der harmlose Pfarrer aber hielt dieses
Mittel für eine gewöhnliche Kropf-
falbe und ihren ungewöhnlichen Körper-
umfang für einen gewöhnlichen Kar-
toffel-Bauch. Einem so harmlosen
Manne kann man das nicht verargen!
Er hatte keine sexuelle Aufklärung ge-
habt! Die Folge war die Geburt eines
Achtmonatkindes, um dessen Hals ein
Handtuch geschlungen war, das der
Geistliche für eine Lendenschürze hielt.

Die Gastwirtstochter wurde zwar
wegen Kindstötung freigefprochen, aber
wegen Abtreibungsversuch zu 5 Mo-
naten Gefängnis verurteilt, während
der Geistliche leer ausging. Ganz mit
Recht, denn die Wirtstochter war der
verführende Teil: sie hat in der kriti-
schen Zeit beim Pfarrer geschlafen, nicht
der Pfarrer bei ihr. Nun hat sich
der Pfarrer in ein Kloster zurückgezogen,'
hoffentlich nur auf 5 Monate, bis feine
Geliebte wiederkehrt. Beda

Pater füueius

f P. S. Damit der „Civiltä Cattolica“
kein Borwurf gemacht werden kann
wegen Veröffentlichung dieses Artikels,
entwerfe ich gleich auch eine redaktio-
nelle Begleitnotiz: „Für das in obigem
Schreiben mehrfach vorkommende Wort
„und" übernimmt die Redaktion der
,C. C.‘ keine Verantwortung, sie be-
dauert es vielmehr."

Karlclicn

Berlin

Ein Groß-Feuer in der Lhauffeestraße war kürzlich rasch
gelöscht: Iagow hat einen seiner gefürchteten polizeiblicke
daraufgeworfen. — Sofort verkroch es sich.

A. Schmidhammer

Kant und F^ertUng

Als der bayrische Ministerpräsident in der
Görresgesellschaft zu Freiburg das wcihrauch-
faß der Thomistischcn Weltanschauung schwang,
rief ihm Ra nt zu:

„Lieber Rollege, mich haben sie den -wei-
sen von Rönigsberxst genannt; Du wirst
sicher einmal der -Schwarze von München*
heißen."

I2Ü8
Register
Karlchen: Zustand daitsches
Frido: Bruderzwist
Beda: Der arglose Pfarrer aus dem Eff-Eff
Monogrammist Frosch: Kant und Hertling
Monogrammist Frosch: Berlin
A. De Nora: Glossen
 
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