Hallstätter See vom Salzberg Richard Harlfinger (Wien)
bracht; und ein paar besonders Begeisterte ließen
sich's nicht nehmen, ihre Bierkrügel auf das spe-
zielle Wohl des vom Podium heruntersteigenden
Alten zu leeren. Der Pepi Zens aber, ein Mehl-
messer aus der Badgasse, sagte anerkennend:
„Über unfern Edmund Hubenbnmner steht halt
nichts auf!"
Worauf er sich herausfordernd umsah, „Ser-
vus, Scheibenpflügerl, bist auch da," sagte und
sich ein frisches Bier geben ließ.
Man rückte zusammen, und der Pepi Scheiben-
pflug, der auf dem Hut einen unsinnig großen Bu-
schen aus farbigen Papierblumen, silbernen Korn-
ähren und Glaskugeln, mittendrin ein Kaiserbildel,
trug, bekam seinen Sessel neben der Hubenbrun-
nerischen, dem Annerl, der Ziehtochter des „letzten
Wieners", die an den Produktionsabenden der „Ge-
sellschaft Hubenbrunner" Steirerduette mit ihrem
Ms Nieder - MysliweL gebürtigen Partner zum
-Vesten gab. Das Fräulein Annerl mar eben dabei,
ein bißchen Kassa 511 machen. Das heißt, sie zählte
mit ihren lieben, rosigen Fingern das eingelaufene
Rupfer- und Nickelgeld in eine alte Ledertasche,
und wenn ihr ein Verehrer ihrer Kunst und ihrer
chonen Augen galanterweise sein frischeingeschänk-
tes Bierglas anbot, hatte sie die Gnade, mit zierlich
gewitzten Lippen ein Fingerhütchen Schaum weg-
zutrinken.
Dazwischen aber schaute sie nach ihrem alten
Papa Hubenbrunner aus, der schwitzend, verklärt
und ein bißchen beschwipst rundum an den Nach-
bartischen alte Bruderschaften erneuerte.
„ Er wird uns wieder zu viel trinken, der Vatter,"
sagte sie, und sagte es leise, mit einem dunklen
Blick, den der junge Scheibenpflug gut und gern
auf sich allein beziehen durfte. Er rückte sich denn
auch den Hut mit dem Nekrutensträußel aus der
lustigen Stirn, sah der Anna glutvoll in die
Augen, und während seine Finger das mit zwei
Zügen geleerte Bierglas umspannten, fragte er,
noch leiser als das Mädchen vorhin:
„Warum sind S' denn nicht kommen, gestern
auf die Nacht, Fräulln Anna?"
Aber die Anna hatte zuviel nrit dem Geld,
mit dem schadhaften Messingbügel der Ledertasche
und ihrem glücklich heranbugsierten Herrn Vater
zu tun, als daß sie dem fragenden Pepi Scheiben-
pflug eine erschöpfende Antwort hätte geben
können. Nur rot war sie geworden, bis zu den
Haarwurzeln hinauf, und als ihr der Herr Zens,
über den Tisch gebogen, sein Bier zur gnaden-
reichen Vorkost darbringen wollte, sagte sie ernst-
haft: „Dank Ihnen recht schön, Herr von Zens.
Werden schon nicht bös sein, aber ich muß ja
gleich singen und da kann ich nicht das viele
Bier in mich hineinschledern."
Der Mehlmesser Zens schob gehorsam das
Krügel wieder zu sich heran, hakte kunstvoll den
kleinen Finger um den Henkel und trank es
langsam, mit einem ausgiebigen Seufzer leer.
Unterm Tisch aber hielt der junge Rekrut
Scheibenpflug die eine von Annas weißen Händen,
und auch in seine leichtsinnige und lustige Buben-
stirn war nun das rote Blut gestiegen. „Warumst
nicht kommen bist?" bat er leise, dringend und
traurig, und spannte das feine Handgelenk der
Anna in den Schraubstock seiner zwanzigjährigen
Fäuste.
Sie ließ das Schloß ihrer ledernen Katze ein-
schnappen und strich sich langsam ein wider-
spenstiges Löckchen aus der Stirn. Der Lipperl,
der Bub vom reichen Fleischhauer Litschauer,
brachte den Hubenbrunner an den Tisch und die
Anna rückte ihm seinen Sessel zurecht. „Setz
Dich her, Vatter," sagte sie. Und, indes ein
Schatten von Sorge über ihr rundliches, wiene-
risches Gesichtel flog: „Sollst nicht gar so viel
umeinandertrinken, Du ..."
Sie tätschelte dem Alten die Glatze und saß
da, rosig erglüht, lächelnd und glücklich. „Hast
eh schon einen Spitz," sagte sie noch.
Der Edmund Hubenbrunner legte sich schwer
in seinen Sessel zurück. „Halts Mäu," brummte
er, und seine zahnlosen Kiefer mahlten vergnügt.
„Wirst doch noch Deinem alten Vattern das
Glaserl vergunnen."
„Weil's wahr ist," beharrte die Anna und
zündete dem alten Volkssänger die Trabuko an.
Daß sie dabei nicht gleich zurechtkam, war die
Schuld des Pepi Scheibenpflug. Der Lipperl
bracht; und ein paar besonders Begeisterte ließen
sich's nicht nehmen, ihre Bierkrügel auf das spe-
zielle Wohl des vom Podium heruntersteigenden
Alten zu leeren. Der Pepi Zens aber, ein Mehl-
messer aus der Badgasse, sagte anerkennend:
„Über unfern Edmund Hubenbnmner steht halt
nichts auf!"
Worauf er sich herausfordernd umsah, „Ser-
vus, Scheibenpflügerl, bist auch da," sagte und
sich ein frisches Bier geben ließ.
Man rückte zusammen, und der Pepi Scheiben-
pflug, der auf dem Hut einen unsinnig großen Bu-
schen aus farbigen Papierblumen, silbernen Korn-
ähren und Glaskugeln, mittendrin ein Kaiserbildel,
trug, bekam seinen Sessel neben der Hubenbrun-
nerischen, dem Annerl, der Ziehtochter des „letzten
Wieners", die an den Produktionsabenden der „Ge-
sellschaft Hubenbrunner" Steirerduette mit ihrem
Ms Nieder - MysliweL gebürtigen Partner zum
-Vesten gab. Das Fräulein Annerl mar eben dabei,
ein bißchen Kassa 511 machen. Das heißt, sie zählte
mit ihren lieben, rosigen Fingern das eingelaufene
Rupfer- und Nickelgeld in eine alte Ledertasche,
und wenn ihr ein Verehrer ihrer Kunst und ihrer
chonen Augen galanterweise sein frischeingeschänk-
tes Bierglas anbot, hatte sie die Gnade, mit zierlich
gewitzten Lippen ein Fingerhütchen Schaum weg-
zutrinken.
Dazwischen aber schaute sie nach ihrem alten
Papa Hubenbrunner aus, der schwitzend, verklärt
und ein bißchen beschwipst rundum an den Nach-
bartischen alte Bruderschaften erneuerte.
„ Er wird uns wieder zu viel trinken, der Vatter,"
sagte sie, und sagte es leise, mit einem dunklen
Blick, den der junge Scheibenpflug gut und gern
auf sich allein beziehen durfte. Er rückte sich denn
auch den Hut mit dem Nekrutensträußel aus der
lustigen Stirn, sah der Anna glutvoll in die
Augen, und während seine Finger das mit zwei
Zügen geleerte Bierglas umspannten, fragte er,
noch leiser als das Mädchen vorhin:
„Warum sind S' denn nicht kommen, gestern
auf die Nacht, Fräulln Anna?"
Aber die Anna hatte zuviel nrit dem Geld,
mit dem schadhaften Messingbügel der Ledertasche
und ihrem glücklich heranbugsierten Herrn Vater
zu tun, als daß sie dem fragenden Pepi Scheiben-
pflug eine erschöpfende Antwort hätte geben
können. Nur rot war sie geworden, bis zu den
Haarwurzeln hinauf, und als ihr der Herr Zens,
über den Tisch gebogen, sein Bier zur gnaden-
reichen Vorkost darbringen wollte, sagte sie ernst-
haft: „Dank Ihnen recht schön, Herr von Zens.
Werden schon nicht bös sein, aber ich muß ja
gleich singen und da kann ich nicht das viele
Bier in mich hineinschledern."
Der Mehlmesser Zens schob gehorsam das
Krügel wieder zu sich heran, hakte kunstvoll den
kleinen Finger um den Henkel und trank es
langsam, mit einem ausgiebigen Seufzer leer.
Unterm Tisch aber hielt der junge Rekrut
Scheibenpflug die eine von Annas weißen Händen,
und auch in seine leichtsinnige und lustige Buben-
stirn war nun das rote Blut gestiegen. „Warumst
nicht kommen bist?" bat er leise, dringend und
traurig, und spannte das feine Handgelenk der
Anna in den Schraubstock seiner zwanzigjährigen
Fäuste.
Sie ließ das Schloß ihrer ledernen Katze ein-
schnappen und strich sich langsam ein wider-
spenstiges Löckchen aus der Stirn. Der Lipperl,
der Bub vom reichen Fleischhauer Litschauer,
brachte den Hubenbrunner an den Tisch und die
Anna rückte ihm seinen Sessel zurecht. „Setz
Dich her, Vatter," sagte sie. Und, indes ein
Schatten von Sorge über ihr rundliches, wiene-
risches Gesichtel flog: „Sollst nicht gar so viel
umeinandertrinken, Du ..."
Sie tätschelte dem Alten die Glatze und saß
da, rosig erglüht, lächelnd und glücklich. „Hast
eh schon einen Spitz," sagte sie noch.
Der Edmund Hubenbrunner legte sich schwer
in seinen Sessel zurück. „Halts Mäu," brummte
er, und seine zahnlosen Kiefer mahlten vergnügt.
„Wirst doch noch Deinem alten Vattern das
Glaserl vergunnen."
„Weil's wahr ist," beharrte die Anna und
zündete dem alten Volkssänger die Trabuko an.
Daß sie dabei nicht gleich zurechtkam, war die
Schuld des Pepi Scheibenpflug. Der Lipperl