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Hugo von Habermann (München)

Es: Ja, Vati sehr dut.

Er: Bist auch Vaters Liebling!

Es: Liebling mehr Pickles haben.

Er (überlegt).

Sie: Nein, mehr Pickles sind nicht gut für dich.

Er: Nein, sind nicht gut für dich.

Es: Vati und Mutti — bah!

Er: Pfui, Bubi!

Sie: Aber pfui!

Es: Wenn Vati und Mutti Liebling nich mehr Pickles deben,
deht Liebling bleich auf Traße.

Er: Was sagt er? Du verstehst ihn besser.

Sie: Ich Hab nicht recht gehört. Was sagt Bubi?

Es (schlägt mit der Gabel auf den Tisch): Pickles!

Er (energisch): Nein, jetzt kannst du wahrhaftig keine Pickles
mehr bekommen.

Sic: Nein, der kleine Bubimagen wird sonst weh tun.

Es (höhnisch): Bubimagen weh tun!

(ES hüpft gekränkt von seinem Stuhl hinab und verläßt das Zimmer.
Man hört, wie sich seine Schrittchen im Wohnzimmer verlieren.)

Er (nach einer Pause): Da siehst du's, welche Folgen es hat,
wenn du allein die Verantwortung übernehmen willst.

Sie: Gott, die überlasse ich ja immer dir.

Er: Du mühtest cs tun.

(Sie sitzen eine Heine Weile da und sehnen sich nach dem Kinde,
das sich drinnen im Wohnzimmer in einer Ecke still und abwartend verhält.)

Sic: Wohin er wohl gegangen sein mag?

Er (erhebt sich und geht auf die Tür zu); Ich werde die Sache
schon wieder einrenken.

Sic: Ich gehe mit.

(Sie bleiben einen Augenblick zögernd in der Tür stehen.)

Sie: Ob wir ein weirig Pickles mitnehmen?

(Sie geht an den Tisch und gießt PickleS ans einen Teller; sie nehmen
den Teller mit ins Wohnzimmer und rufen): Bubi, Bubi, Bubi! (Der
Kleine kommt aus seiner Ecke hervorgekrochen und krabbelt auf den hin-
gehaltenen Teller zu. Die Eltern locken ihn so weiter, und er folgt ihnen
auf allen Vieren ins Eßzimmer, wo er auf seinen Platz am Tisch klettert
und anfängt, seine Pickles einzuschlürfen.)

Er (bald darauf, mit puterrotem Kopf): Man Kanu ihn doch
glücklicherweise zum Parieren bringen — wenn man nur will.

Sic: Deine Idee war es gar nicht ihm Pickles hinzuhalten.
Sondern die meine. Du bist garstig zu dem Kinde, wen» du so etwas
Hartes zu ihm sagst.

Er: Das Kind hat mich doch lieber als dich. Das ist das
Merkwürdige dabei . . . obwohl ich allerdings etwas — hart bin.

Sic (indem sie ein wenig Ptck.es ans Bubis Teller legt); Wpn
hat Bubi lieber, Mutter oder Vater?

Es: Mutti — lieber.

Er (hascht ärgerlich nach dem PicklesglaS und legt ein großes Stück
Gurke auf den Teller des Jungen): Hast du Vater llicht ebenso lieb?

Es: Doch, auch Bali — lieber.

Er: Da siehst du's! Zu guter Letzt begreift das Kind doch
instinktiv, wem cs seine gute, gesunde Erziehung zu verdanken hat.

Sie: Das hoffe ich, aber sein Vater weiß es nicht.

Er (lächelt labyrinthisch.)

(Deutsch von H. Kly)

Sine wahrhaft große Leidenschaft

von Wilhelm Speper

Die vierte Stunde der Mitternacht war gekommen. Illi Ka-
sino der Königskürassiere begann eine Ordonanz die Stühle auf-
einanderzutürme» und den größten Teil der elektrischen Lampen aus-
zulöschen.

Czentorski legte sich ermattet und verstimmt auf eine der Treppen
nieder, durch welche der Tanzsaal mit den Gallerien verbunden war,
verschränkte die Hände im Genick und blickte zum Deckengewölbe
hinauf. Der schöne Raum verblaßte vor seinen Augen, wie arich das
Bild der geliebten Frau, die hier vor einigen Stunden an dem Fest-
mahl und Tanz der Offiziere teilgenommen hatte.

„Kannten Sie eigentlich Flinsberg?" fragte Czentorski einen
seiner Kameraden, der, mit hochgeschlagenem Kragen, die Hände i»
den schrägen Taschen seines Pelzmantels vergraben, gerade jetzt in
der nächtlichen Kälte erschauerte.

„Angelinas Mann?"

»3u. Angelinas Mann."

■Oer Kürassier gähnte nervös.

„olem. ^ Er so» sich ja vergiftet haben."

Czentorski schloß die Augen '

„5a . ... vergiftet . . ." wiederholte er.

Der Kürassier setzte sich den Helm, der ihm von der Ordonanz
dargeboten wurde, mit einer energischen Bewegung auf den Kopf.

„Sie werden nicht ganz unbeteiligt gewesen sein," sagte er.

Czentorski antwortete nicht.

Der Kürassier stieg die Treppe hinunter.

„Gute Nacht, Czentorski. Schlafen Sie nicht auf der Treppe ein."

Czentorski hörte ihn nicht mehr. Czentorski war eingeschlafen.

Czentorski träumte:

Er stand in, Korridor des Flmsberg scheu Palais.

„Ich habe mich verspätet," sagte er zu den, Diener, der ihm
aus dem Frackmantel geholfen hatte.

Erlaucht werden seit einer halben Stunde erwartet," antwortete
der Diener und blickte Czentorski eigentümlich starr in die Augen

Czentorski stellte sich vor den Spiegel und glättete sein schwarzes,
seitwärts gescheiteltes Haar mit einer Bürste.

„Ist man versammelt?"

„Man ist versammelt, Erlaucht."

„Aber es ist ja totenstill hier in, Haus?" sagte Czentorski und
wandte den Kopf erstaunt zur Seite.

„Die Gäste sind heute schweigsam, Ew. Erlaucht."

Czentorski schüttelte verwundert de» Kopf.

Der Diener hatte mittlerweile ein goldenes Tablett zur Hand
genommen und veidjte es Czentorski hin. Ein kleiner, kartonierter
Brief stand auf der gleißende» Fläche und spiegelte sich verliebt in seiner
goldenen Grundebene. Rosenspendende Amouretten gossen ihren
Blumensegen über ben Namen: Graf Adam Casimir Czentorski.
Czentorski faltete ben Brief auseinander und las: „wird gebeten
Fra» Angelina Flinsberg z>, Tisch zu führen."

Der Diener öffnete die Tür.

Angelina Flinsberg lehnte mit geschlossenen Augen an der seiden-
bekleideten Wand und hielt die Arme weit ausgebreitet, wie um rück-
lings eine Stütze zu suchen. Das ungewöhnlich bleiche Haupt mit dem
kastanienbraunen Haar war leidenschaftlich gegen den goldenen Rahmen
eines herabhängenden Gemäldes zurückgeneigt. Eiii Strauß von gelben
Orchideen bebte mit jedem ihrer Atemzüge an ihrer Brust. Gaston
Flinsberg schien bisher, mit den Händen in den Hosentaschen, das
Zimmer nah der Tür durchwandert z» haben. Jetzt blieb er aus
seinem Wege stehe» und musterte den Eintretende» ironisch, ohne ihn
jedoch zu begrüßen.
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