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A. Schmidhammer

^"vüßfmge^ Empfang in >Aapevn
„Achaug, daß D' in Kcßivung fiminft, Lu <Ka;>! Du bist aa oaner von da froren Jugendbewegung!"

?llso sprach Seine Exzellenz:

Bei den Katholischen Kasinesen in der Au,
wie wir lesen, — ist Seine Exzellenz, Geheimer
und Oberstudienrat, Rektor und Landtagspräses,
Ritter hoher Orden Doktor Schorsch von Orterer
gewesen — und mit der ihm eigenen Eloquenz
- gab Seine Exzellenz — (man kann schon fast
sagen „Eminenz") — den begeisterten Gästen —
profunde Wahrheit znm Besten; — nur plaudernd
und kritisch, — aber „ganz unpolitisch" — suchte
er des Zentrums Segen und Nutzen — effekt-
voll herauszuputzen: — dabei entwickelte der
Matador — der Schwarzen einen Flor — von
goldigen, Humor, — wie seine Presse versichert:

— wer da nicht kichert!

Auch mit dem ch ch ch M ü n ch c n — pflückte
er ein Hühnchen — und zeigte witzig — und
spitzig, — wie trotz des Zentrums, das bei den
Wahlen — wie Kannibalen — befehden die Libe-
ralen, — allda noch die verwerflichste Freiheit —
im Schwange sei heut. — Also floß seiner Suada
Brünnchen: — Schaut euch nur uni in München!

— Es gibt keine Verrücktheit — und
Kulturverzücktheit, — kein w a h n w i tz i g e s
Ding, — groß oder gering, — kein schäd-
liches Beginnen — das nicht in Mün-
ch e n d r i n neu — A usgn n g hätte — und
Pflegestättc — „und das in einem Lande,
das zucke — unter ultramontanem Drucke!"

O mit welch feiner Ironie — das Zentrums-
genie — da Ausdruck lieh — seinem Fortschritts-
Hasse ! — Das kam ihr zu Passe — der römischen
Rasse, — wenn da, wo als oberster Ferscht —
das Zentrum herrscht — und seine Zeloten, —
von vornrein verboten — würde jede Spur —
frischer Kultur — und nicht die Verrücktheit nur!

— Ganz dürfte das Lesen und Schreiben — frei-
lich nicht unterbleiben, — denn sonst gingen uns
ja verloren — die schwarzen Professoren und
Rektoren, — die im Latidlag rumoren: — die
Orterer und Schlittenbauer, die da liegen auf
der Sittenlauer, — mit Gesichtern, wie Quitten
sauer, — und die in alle Töpfe — stecken ihre
Köpfe — und bedeutenden Rasen, — was sie
nicht brennt doch blasen — und die Welt dumm
machen mit klerikalen Phrasen! — bind die kohl-
schwarz möchten übertünchek — das lustige Mün-
chen — und von deren „Dunkelkammer" — aller
Rückschrittsjammer — und jede bornierte Ver-
rücktheit — und pfüffische Hinterdrücktheit —

und jedes wahnwitzige Ding, das Bay-
ern empfing — und jedes schädliche Be-
ginnen, — das sie heimlich spinnen, — um
Macht zu gewinnen — für die Zentrumsfrommen,
— seinen Ausgang genommen! Fips

Landrat und (yerichtsfchreibcr

Der nrecklenburgische Landrat v. Maltzan, der
vor einen Gerichtsschreiber geladen war, erklärte
auf dem Gericht, von einem foldjen Jungen werde
er sich nicht vernehmen lassen. Der Gerichts-
schreiber stellte Strafantrag wegen Beleidigung.
Als der Versuch, de» Gerichtsschreiber zur Zurück-
nahme des Strafantrages zu bewegen, fruchtlos
blieb, veranlaßte der mecklenburgische Iustizminister
den Staatsanwalt, die Strafverfolgung abzulehnen,
weil kein öffentliches Interesse daran vorliege.
Auf die Privatklage des Gerichtsschreibers wurde
der Landrat v. Maltzan zu 50 Mark Strafe
verurteilt.

Diese Verurteilung ist ein Beweis der Welt-
fremdheit der mecklenburgischen Richter. Der
Landrat und der Gerichtsschreiber gehören ver-

A. Schmidhammer

<Sin Zentrums-Stammtisch

„Kain erschlug seinen Bruder Abel. Tös is also
ß’tuifr, das? der tiain bereit» konfessionslosen
Moralnntcrricht gü>abt hat!"

schiedenen Sphären an. Die Sphäre des Letzteren
liegt so tief unter der des Ersteren, daß der Land-
rat den Gerichtsschreiber von oben gar nicht
wahrnehmen kann. Wenn sich der Letztere über
seine Sphäre hinaus erhebt, so daß er in den
Gesichtskreis des Landrats gelangt, so ist dies
eine Ueberhebung, für die er Strafe verdient.
Auf seine Privatklage sollte er also verurteilt
werden, in dem Hof der Maltzanschen Wohnung
drei Tage und drei Nächte lang barfuß im Schnee
zu warten, ob der Landrat von seiner Kommando-
gewalt Gebrauch macht und ihn zerschmettert oder
ob er ihn begnadigt. Khedtve

(Der Besitzer eines Warenhauses wollte einen großen
Auftrag für Kadiner Majolika unter der Be-
dingung geben, daß der Kaiser selbst nach Fertig-
stellung der Räume bei der Abnahme zugegen wäre.)

Telephongespräch

„Hier Maybaum, Warenhaus in X."

„Hier Kadiner - Majolika - Fabrikbesitzer."

„Wollen Se meine Empfangssalons fein mit
feinster Majolika auslegen lassen?"

„Sehr gerne, freut mich."

„Nu schön, niich auch! 75,000 Mark darf's
kosten, wenn schon — auch 80! Einverstanden?"

„Sehr angenehm."

„Verzeihen Se, Sc müssen aber, wenn de
Sache fertig is, schon selbst kommen. Verstehen
Se — zur Reklame!"

„Hm! — Wird sich nicht — machen lassen.
— Korfureise — Norwegen — u. s. w. Würde
vielleicht ein Orden dasselbe tun? — Verstehen
Sie: bester Orden aus bester Majolika!"

„Was heißt Orden?! — Orden kriegen auch
Leute, die nicht für 80,000 Mark — verstehen
Se — bei Ihnen Bestellungen machen."

„Vielleicht — ,Geheimer Warenhausrat* ge-
fällig."

„Ach bitte, verreden Se die Sache nicht. —
Ist der Herr Sohn oder Schwiegersohn vielleicht
für die Einweihung der Salons abkömmlich?"

„Schwerlich! Iagdreise — Ostafrika —Bra-
silien — Lawn-Tennis-Turnier in Hamburg."

„Nu — wissen Se was: Ich bestell mein
Porzellan beim Präsidenten von China, der wird
wohl Zeit haben, selbst zu kommen."

„Soll mir red)t sein. Wenn Sie wieder et-
was brauchen. 8ic volo, sie judso. Schluß!

31. Br.

*

Der vaterlandslofe Bethmann

Auf der Hauptversammlung des Bundes der
Landwirte in Bunzlau donnerte der Landesälteste
v. Foerster-Ottendorf gegen Bethmann Hollweg;
seine Untätigkeit habe es dahin gebracht, daß
Scheidemann Reichstagsvizepräsident wurde; der
Linken zu Liebe habe er versprochen, das Militär-
strafgesetzbuch zu ändern und die Kabinetts ordre
von 1820 zu revidieren: auch andere Konzessionen
habe er der Linken gemacht, obwohl Kompromisse
mit der Demokratie immer mit dem Schafott ge-
endet hätten. —

Bethmann Hollwcg hat allerdings die Kon-
servativen verfolgt, wie niemand seit Viarat und
Robespierre. Er hat vor längerer Zeit eine Lage
von Schnäpse» versprochen, wenn die Sozis im
Reichstag die Zahl 111 erreichen: er hat durch
seine Zivilbeamten die Zaberner zu Beleidigungen
des Heeres verführt: er hat die Nörgler gegen
das Ihnefche Projekt des Botschaftshauses in
Washington mobil gemacht und dadurch die Kom-
mandogewalt des Kaisers angegriffen. Mit seiner
schwärzesten Tat jedoch wird er am 1. April her-
vortreten : Deutschland wird an diesem Tage zur
Republik gemacht, Wilhelm II. dauernd nach Korfu
verbannt. Frido

Liebe Jugend!

An der Redaktion einer Zeitung in <5. (Mecklen-
burg) war am (8. März der folgende liebens-
würdige Drahtbericht ansgehängt: „Braunschweig
Herzogin morgens fünf Prinzen entbunden."

Ist nur gut, daß die Entbindung nicht mittags
zwölf Uhr stattgefunden hat!
Register
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Khedive: Landrat und Geschichtsschreiber
Arpad Schmidhammer: Am Zentrums-Stammtisch
Arpad Schmidhammer: Frühlings-Empfang in Bayern
Frido: Der vaterlandslose Bethmann
M. Br.: Telephongespräch
Pips: Also sprach Seine Exzellenz
 
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