nur mit achtzehn Jahren und einem gesunden,
unverdorbenen Geniiite kann.
In der Tat! Sie standen auf einem der
Kehrichthaufen, wie sie in der Nähe der Dörfer
so oft auf den Wiesen anzutreffen sind. Allerlei
altes Gerümpel lag da herum, rostiges Eisen,
zerbrochenes Geschirr, Glasscherben, ein ganz zer-
rissener Stiefel starrte melancholisch, halb schon
in der Erde versunken, mit der Spitze in die
Luft und freundlich und mitleidig bedeckte dieser
irdischen Dinge letzte Tragik eine große Kürbis-
pflanze, die mit ihren grünen Blättern und leuch-
tend gelben Blüten unbekümmert über alles da-
hinwucherte. lind just auf diesem Kehrichthaufen
hatte Hans Felix Riedinger, schöner, junger Mann
und Ästhet, im Überschwang seiner Gefühle und
ahnungslos, auf welch' gemeinem Zeug sein Fast
ruhte, die hübsche, feine Edith von Bärnkamp
geküßt. — Das war Pech! — — — lind sie
konnte darüber noch lachen, sah darin nichts als
einen komischen Zufall, der sie vergessen machte,
was es hieß, von Hans Felix geküßt worden zu
sein!-— Das war zuviel! — — — Mit
ein paar empört hervorgestoßenen Worten wandte
der junge Dian» sich ab »nd schritt gekränkt,
beleidigt und wütend rasch davon, während die
blonde Edith allein auf dem Kehrichthaufen zu-
rückblieb, neben dem alten, melancholischen Stiefel
und der gutmütigen Kürbispflanze.
Bald darauf traf es sich, daß sie Hans Felix
Niedinger beim Militär haben wollten und trotz
feiner kostbaren Gedanken, welche die goldene
Füllfeder so bereitwillig in das teure, ledergebun-
dene Buch jchrieb, ihn auch behielten und nach
einer Spanne Zeit sogar an die Front schickten.
Bon dort kam er nach Monaten einmal auf Ur-
laub, und da viel Zeit inzwischen vergangen, war
sein Groll gegen die junge, lustige Edith verflo-
gen und an einem wunderbaren Herbsttage suchte
er sie auf. Diesmal gingen sie im Bärnkamp-
fchen Parke spazieren, auf glatten, gut gehaltenen
Aöegen, an Beeten spät blühender Herbstblunien
vorbei, durch die roten Buchen, standen an dem
kleinen See und sahen ihr Bild iiu ruhigen Wasser.
jC'0 ist ganz anders, als damals auf der
Sommerwiese," ging es Hans Felix durch den
Ssnn, während er verstohlen Edith betrachtete.
Sie schien gewachsen und war entschieden
»och hübscher geworden. Ob auch sie an den
frühen Sommer sich erinnerte?-Der
st'"«, vornehme Park, das schöne schlanke Möd.
chen an seiner Seite, kein Lärm, kein Ge-
wehrgeknatter, kein dumpfer Kanonendonner,
— fern, fern die rauhe, harte Wirklichkeit, aus
der er kam und in der er oft so schwer ge-
erbt, — Hans Felix wurde es ganz weil und
weich ums Herz.-Jetzt würde Edith
gewiß nicht mehr so lausbubenhaft kindisch
lachen, wie damals. Wenn er sie in die Arme
nahm, hier in dieser stillen, stimmungsvollen
Umgebung, unter diesem ruhigen, klaren Herbst-
himmel, in der Verschwiegenheit des roten
Buchenwaldes?-Ob sie seine Gedanken,
seine Gefühle ahnte? - Sie verriet sich in
nichts, schritt ruhig und sicher dahin, einem
erhöht gebauten, kleinen Gartenhause zu, das
am Ende des Parkes stand. Mit zwei Sätzen
nahm sie die wenigen Stufen, Hans Felix
folgte ihr. Oben sah man über die Park-
mauer all die gelb und braun gewordenen
Wiesen und Stoppelfelder, den dunklen Wald
und dahinter die hohen Berge und über allem
lag die Stille und Ruhe des weilen, herbst-
lichen Landes. — Als sie eine Weile beinahe
stumm da oben gestanden, bemerkte Hans
Felix in der durchsichtigklaren Herbstluft ferne
einen Reiter, welcher in rascheni Trabe näher
kam. Ein junger, flotter Leutnant, der schon
von weitem mit der Kappe winkte und dann
vor den, Gartenhäuschen fei» Pferd parierte,
einen luftigen Gruß heraufrufend, den Edith
ebenso munter erwiderte. Erstaunt sah der
Fremde auf Hans Felix, der sich „gehorsamst"
vorstellte und stramm stand. Edith meinte
nachlässig, es sei ein alter Bekannter, der jetzt
auf Urlaub hier wäre, lehnte ihre hübschen, run-
den Arme auf die Holzbrüstung und war gar
bald in ein angeregtes Gespräch mit deni jungen
Reiterosfizier vertieft. Hans Felix schien sie ver-
gessen zu haben, und als sie sich endlich nach einer
Weile umwandte, war der verschwunden. Lautlos
hatte er Kehrt gemacht, war zu dem Pförtchen
in der Parkmauer geschlichen, das er noch aus
seiner Jugendzeit her kannte, und war durch
dieses auf die Straße getreten. Immer rascher
schritt er jetzt verbissen und trotzig über die Fel-
der, ihm selbst unklar, warum er es tat, immer
weiter, bis er auf jener Sommerwiese beim Keh-
richthaufen angelangt war. Dort blieb er stehen
und blickte auf das rostige Gerünipel, auf die
schnmtzigen Scherben, sah das letzte Endchen des
alten Stiefels — vielleicht war es auch ein an-
derer — noch immer so traurig in die Luft starre»
und wunderte sich in, mechanischen Gedanken-
gang, wie sehr die Kürbispflanze gewachsen war.
Leuchtend gelbe Blüten hatte sie jetzt zwar keine
mehr, wohl aber lagen zwei große, runde, glän-
zend grüne Kürbisse behaglich mitten in all' dem
Unrat und sahen erstaunt, mit breitem Grinsen
auf den jungen Soldaten, der sie so nachdenklich
betrachtete. Und dann hob dieser den Blick vom
Boden und sah in heißer Sehnsucht und voll
ohnmächtiger Eifersucht zur Parkmauer hinüber,
wo sich hell und leuchtend ein weißer Fleck von
den dunkeln Bäumen abhob. Dort scherzte die
hübsche Edith von Bärnkamp mit dem jungen
Reiteroffizier und vielleicht — nein gewiß — lachte
sie auch über Hans Felix Riedinger, Ästhet und
schöner junger Mann, der an diesem Herbsttage
allein auf einem Kehrichthaufen stand, neben dem
alten, melancholischen Stiefel und zwei großen,
spottlristigen Kürbissen.
Liebe Jugend!
uns aber zunächst Feines gut genug. Da wird
mir als eines der letzten ein Reitpferd vorgefiihrt,
ein stattlicher Rappe. „Das wird .Hindenburg',"
sage ich und frage den Mann, der es vorführt:
„Wie heißt das Pferd also?"
„ksindenburg, Herr Rittmeister!"
In dem Augenblick werde ich abgernfen. Als
ich gleich darauf znrüekkomme, meldet mir der
Wachtmeister: „Der Rappe kann aber nicht ,kfin-
denburg' heißen, Herr Rittmeister!"
„Weshalb nicht?"
„Ls ist eine Stute!"
„Das geht allerdings nicht gut," erwiderte ich
lachend und setze nach längerer Ueberlegung hin-
zu: „Na, denn .Ilse'!" indem ich mich wieder
zu dem Mann und dem Pferd wende; ich denke
dabei an .eine niedliche Base, der ich damit im
Stillen eine kleine Ehrung erweisen möchte.
Ein paar Tage darnach werdeir die Pferde
beim Pferdeappell wieder mit vorgeführt. Als
der Fuchs kommt, meldet der Mann:
„Fahrer Strutz, Pferd .Iudendorf'!"
Nachdem ich herzlich lachend das kleine Miß-
verständnis aufgeklärt habe, kommt bald auch die
schöne Rappstute heran. Ich denke an mein liebes
Bäscheii, da meldet der Mann, der die Stute
vorführte:
„Fahrer Röper, Pferd .Ilse von Hindenburg'!"
„Gut," sagte ich, „der Mann weiß sich zu
helfen!"
Den Namen hat das Pferd behalten, ich habe
ihn in die Pferdestammrolle eintragen lassen.
Erkenntnis
Wir haben uns die Schädel zerspellt
Mit Grübeln, Forschen, Fragen:
Was ist das Glück? Wo in der Welt,
Wie ist es zu erjage».
Meine Kolonne hatte Pferdeersatz bekommen.
Trotzdem ksindenburg sich damals bereits auf der
Höhe seines Ruhmes befand, hatten wir noch kein
Pferd, welches feinen Namen führte. Als ich nun
die neuen Pferde zur Aufnahme in die Pferdestamm-
rolle vorfuhren ließ, sage ich zum Wachtmeister:
„Das beste bekommt den Namen ,Hardenburg';
eins wollen wir auch .Ludendorff' nennen!"
Das dritte Tier, einen kräftigen Fuchs, taufte
ich demgemäß .Lndendorff'. Für .Hindenbnrg' war
Wir suchten und suchten stets — vorbei
Auf Hebe» und in Schlünden,
Das Glück, und was und wo es sei,
Das konnte Keiner ergründen.
So mancher blieb am Wege zurück
Und legte sich aufs Fluchen:
Beim Teufel, nein, es gibt kein Glück!
Mögen's die Narren suchen! —
Erwin Müller (Fähnrich, verwundet)
Abgelöst
Nun, da wir harren in Last und Leid
In heimatfernen Weiten,
Lassen wir oft aus alter Zeit
Oie Bilder vorüber gleiten.
Und nachts im dämm'ngen Unterstand,
Auf hartem Stroh gebettet.
Fühlen wir eine weiche Hand,
Die uns die Stirne» glättet.
Wir sehen ein Haus und die Fenster drin,
Und sehe» ein Winken und Grüße»,
Und eine Straße führt dahin
Und das Herbstlaub rauscht uns zu Füße».
Und ein kleines Zimmer sehe» wir
Mit Bildern und Büchern in Menge,
Und nebenan singt ein Klavier
Alte vertraute Klange.
Und aus den Büchern zur selben Frist
Greifen wir eines und lesen .. .
Und fühlen: was einst gewesen ist,
Ist alles — das Glück gewesen
Franz Kunzendorf (im Felde)
43
unverdorbenen Geniiite kann.
In der Tat! Sie standen auf einem der
Kehrichthaufen, wie sie in der Nähe der Dörfer
so oft auf den Wiesen anzutreffen sind. Allerlei
altes Gerümpel lag da herum, rostiges Eisen,
zerbrochenes Geschirr, Glasscherben, ein ganz zer-
rissener Stiefel starrte melancholisch, halb schon
in der Erde versunken, mit der Spitze in die
Luft und freundlich und mitleidig bedeckte dieser
irdischen Dinge letzte Tragik eine große Kürbis-
pflanze, die mit ihren grünen Blättern und leuch-
tend gelben Blüten unbekümmert über alles da-
hinwucherte. lind just auf diesem Kehrichthaufen
hatte Hans Felix Riedinger, schöner, junger Mann
und Ästhet, im Überschwang seiner Gefühle und
ahnungslos, auf welch' gemeinem Zeug sein Fast
ruhte, die hübsche, feine Edith von Bärnkamp
geküßt. — Das war Pech! — — — lind sie
konnte darüber noch lachen, sah darin nichts als
einen komischen Zufall, der sie vergessen machte,
was es hieß, von Hans Felix geküßt worden zu
sein!-— Das war zuviel! — — — Mit
ein paar empört hervorgestoßenen Worten wandte
der junge Dian» sich ab »nd schritt gekränkt,
beleidigt und wütend rasch davon, während die
blonde Edith allein auf dem Kehrichthaufen zu-
rückblieb, neben dem alten, melancholischen Stiefel
und der gutmütigen Kürbispflanze.
Bald darauf traf es sich, daß sie Hans Felix
Niedinger beim Militär haben wollten und trotz
feiner kostbaren Gedanken, welche die goldene
Füllfeder so bereitwillig in das teure, ledergebun-
dene Buch jchrieb, ihn auch behielten und nach
einer Spanne Zeit sogar an die Front schickten.
Bon dort kam er nach Monaten einmal auf Ur-
laub, und da viel Zeit inzwischen vergangen, war
sein Groll gegen die junge, lustige Edith verflo-
gen und an einem wunderbaren Herbsttage suchte
er sie auf. Diesmal gingen sie im Bärnkamp-
fchen Parke spazieren, auf glatten, gut gehaltenen
Aöegen, an Beeten spät blühender Herbstblunien
vorbei, durch die roten Buchen, standen an dem
kleinen See und sahen ihr Bild iiu ruhigen Wasser.
jC'0 ist ganz anders, als damals auf der
Sommerwiese," ging es Hans Felix durch den
Ssnn, während er verstohlen Edith betrachtete.
Sie schien gewachsen und war entschieden
»och hübscher geworden. Ob auch sie an den
frühen Sommer sich erinnerte?-Der
st'"«, vornehme Park, das schöne schlanke Möd.
chen an seiner Seite, kein Lärm, kein Ge-
wehrgeknatter, kein dumpfer Kanonendonner,
— fern, fern die rauhe, harte Wirklichkeit, aus
der er kam und in der er oft so schwer ge-
erbt, — Hans Felix wurde es ganz weil und
weich ums Herz.-Jetzt würde Edith
gewiß nicht mehr so lausbubenhaft kindisch
lachen, wie damals. Wenn er sie in die Arme
nahm, hier in dieser stillen, stimmungsvollen
Umgebung, unter diesem ruhigen, klaren Herbst-
himmel, in der Verschwiegenheit des roten
Buchenwaldes?-Ob sie seine Gedanken,
seine Gefühle ahnte? - Sie verriet sich in
nichts, schritt ruhig und sicher dahin, einem
erhöht gebauten, kleinen Gartenhause zu, das
am Ende des Parkes stand. Mit zwei Sätzen
nahm sie die wenigen Stufen, Hans Felix
folgte ihr. Oben sah man über die Park-
mauer all die gelb und braun gewordenen
Wiesen und Stoppelfelder, den dunklen Wald
und dahinter die hohen Berge und über allem
lag die Stille und Ruhe des weilen, herbst-
lichen Landes. — Als sie eine Weile beinahe
stumm da oben gestanden, bemerkte Hans
Felix in der durchsichtigklaren Herbstluft ferne
einen Reiter, welcher in rascheni Trabe näher
kam. Ein junger, flotter Leutnant, der schon
von weitem mit der Kappe winkte und dann
vor den, Gartenhäuschen fei» Pferd parierte,
einen luftigen Gruß heraufrufend, den Edith
ebenso munter erwiderte. Erstaunt sah der
Fremde auf Hans Felix, der sich „gehorsamst"
vorstellte und stramm stand. Edith meinte
nachlässig, es sei ein alter Bekannter, der jetzt
auf Urlaub hier wäre, lehnte ihre hübschen, run-
den Arme auf die Holzbrüstung und war gar
bald in ein angeregtes Gespräch mit deni jungen
Reiterosfizier vertieft. Hans Felix schien sie ver-
gessen zu haben, und als sie sich endlich nach einer
Weile umwandte, war der verschwunden. Lautlos
hatte er Kehrt gemacht, war zu dem Pförtchen
in der Parkmauer geschlichen, das er noch aus
seiner Jugendzeit her kannte, und war durch
dieses auf die Straße getreten. Immer rascher
schritt er jetzt verbissen und trotzig über die Fel-
der, ihm selbst unklar, warum er es tat, immer
weiter, bis er auf jener Sommerwiese beim Keh-
richthaufen angelangt war. Dort blieb er stehen
und blickte auf das rostige Gerünipel, auf die
schnmtzigen Scherben, sah das letzte Endchen des
alten Stiefels — vielleicht war es auch ein an-
derer — noch immer so traurig in die Luft starre»
und wunderte sich in, mechanischen Gedanken-
gang, wie sehr die Kürbispflanze gewachsen war.
Leuchtend gelbe Blüten hatte sie jetzt zwar keine
mehr, wohl aber lagen zwei große, runde, glän-
zend grüne Kürbisse behaglich mitten in all' dem
Unrat und sahen erstaunt, mit breitem Grinsen
auf den jungen Soldaten, der sie so nachdenklich
betrachtete. Und dann hob dieser den Blick vom
Boden und sah in heißer Sehnsucht und voll
ohnmächtiger Eifersucht zur Parkmauer hinüber,
wo sich hell und leuchtend ein weißer Fleck von
den dunkeln Bäumen abhob. Dort scherzte die
hübsche Edith von Bärnkamp mit dem jungen
Reiteroffizier und vielleicht — nein gewiß — lachte
sie auch über Hans Felix Riedinger, Ästhet und
schöner junger Mann, der an diesem Herbsttage
allein auf einem Kehrichthaufen stand, neben dem
alten, melancholischen Stiefel und zwei großen,
spottlristigen Kürbissen.
Liebe Jugend!
uns aber zunächst Feines gut genug. Da wird
mir als eines der letzten ein Reitpferd vorgefiihrt,
ein stattlicher Rappe. „Das wird .Hindenburg',"
sage ich und frage den Mann, der es vorführt:
„Wie heißt das Pferd also?"
„ksindenburg, Herr Rittmeister!"
In dem Augenblick werde ich abgernfen. Als
ich gleich darauf znrüekkomme, meldet mir der
Wachtmeister: „Der Rappe kann aber nicht ,kfin-
denburg' heißen, Herr Rittmeister!"
„Weshalb nicht?"
„Ls ist eine Stute!"
„Das geht allerdings nicht gut," erwiderte ich
lachend und setze nach längerer Ueberlegung hin-
zu: „Na, denn .Ilse'!" indem ich mich wieder
zu dem Mann und dem Pferd wende; ich denke
dabei an .eine niedliche Base, der ich damit im
Stillen eine kleine Ehrung erweisen möchte.
Ein paar Tage darnach werdeir die Pferde
beim Pferdeappell wieder mit vorgeführt. Als
der Fuchs kommt, meldet der Mann:
„Fahrer Strutz, Pferd .Iudendorf'!"
Nachdem ich herzlich lachend das kleine Miß-
verständnis aufgeklärt habe, kommt bald auch die
schöne Rappstute heran. Ich denke an mein liebes
Bäscheii, da meldet der Mann, der die Stute
vorführte:
„Fahrer Röper, Pferd .Ilse von Hindenburg'!"
„Gut," sagte ich, „der Mann weiß sich zu
helfen!"
Den Namen hat das Pferd behalten, ich habe
ihn in die Pferdestammrolle eintragen lassen.
Erkenntnis
Wir haben uns die Schädel zerspellt
Mit Grübeln, Forschen, Fragen:
Was ist das Glück? Wo in der Welt,
Wie ist es zu erjage».
Meine Kolonne hatte Pferdeersatz bekommen.
Trotzdem ksindenburg sich damals bereits auf der
Höhe seines Ruhmes befand, hatten wir noch kein
Pferd, welches feinen Namen führte. Als ich nun
die neuen Pferde zur Aufnahme in die Pferdestamm-
rolle vorfuhren ließ, sage ich zum Wachtmeister:
„Das beste bekommt den Namen ,Hardenburg';
eins wollen wir auch .Ludendorff' nennen!"
Das dritte Tier, einen kräftigen Fuchs, taufte
ich demgemäß .Lndendorff'. Für .Hindenbnrg' war
Wir suchten und suchten stets — vorbei
Auf Hebe» und in Schlünden,
Das Glück, und was und wo es sei,
Das konnte Keiner ergründen.
So mancher blieb am Wege zurück
Und legte sich aufs Fluchen:
Beim Teufel, nein, es gibt kein Glück!
Mögen's die Narren suchen! —
Erwin Müller (Fähnrich, verwundet)
Abgelöst
Nun, da wir harren in Last und Leid
In heimatfernen Weiten,
Lassen wir oft aus alter Zeit
Oie Bilder vorüber gleiten.
Und nachts im dämm'ngen Unterstand,
Auf hartem Stroh gebettet.
Fühlen wir eine weiche Hand,
Die uns die Stirne» glättet.
Wir sehen ein Haus und die Fenster drin,
Und sehe» ein Winken und Grüße»,
Und eine Straße führt dahin
Und das Herbstlaub rauscht uns zu Füße».
Und ein kleines Zimmer sehe» wir
Mit Bildern und Büchern in Menge,
Und nebenan singt ein Klavier
Alte vertraute Klange.
Und aus den Büchern zur selben Frist
Greifen wir eines und lesen .. .
Und fühlen: was einst gewesen ist,
Ist alles — das Glück gewesen
Franz Kunzendorf (im Felde)
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