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Das Bad

Paul Wolff-Zamzow (Berlin)

Lebensmittag

Kun, Leben, leuchte
3m Mittagsglan;!
viel Sonne scheuchte
Oie Schatten ganz,

3ch darf mir lauschen,

3m reifen Sein.

Oie (Quellen rauschen;

Oer Wald ist mein,

3n feiner Rühle
Geh' ich zu Gast
Mit Schwarm und Schwüle
Und Sonncngiast ....

8ern zu den frühen
Oas blaue Meer,

Oie Wolken grüßen
Waffen und wehr,

Oie Welt — mein Garten
vom 3ch bestellt:

Die Früchte warten
3m Lrntefeld,

Oas Schauen weitet
Aus mir heraus
Und Schaffen breitet
Oie Arme aus.

Nun leuchte Leben
Und bringe ein
Oen reifen Reben
Lntrollten Wein,

Oer lang verdunkelt
3m Reller schlief,

Oen. golddurchfunkelt.
Mein Mittag rief.

Run magst du schäumen,
Du süßer Saft!

Gib Tat den Träumen
Aus deiner Rraft l

Sonnjahre fächeln
Aus deinem Duft:

Lin liebes Lächeln
Lockt aus der Gruft....

Geheimes Walten
3m Blute kreist;

3n dem Gestalten
8 lammt Sonnengeist.

Db allem Weben
Sonnt Mittag sich:

Run leuchte Leben
Und segne mich,

Kranz Schütt

„Springbrunn"

Auf der Bank vor dem Springbrunn sitzt ein
Ehepaar, Drei Uhr nachmittags. Der Spring-
brunn fpriitgt in der Mitte des großen, vierecki-
gen Platzes, den sie die Kuranlagen heißen, aus
feinem Becken, ^tuf der rechten Längsseite des
Platzes gähnt zwischen weißen Hotels das noch
weißere Kurhaus, Auf der Linken erstarrt eine
Kastanienallee vor der verstaubten Rascnlchne
eines Hügels, der zu Billen emporführt. Zu den
Breitseiten schauen aschfarbne Räume herein. Und
über alledem wälzt ein weißglühender Himmel
seine dunstige Sonne,

Das Paar ist vornehm. Ausgezeichnet ange-
zogen, Beste Gesellschaft, Er beginnender Vier-
ziger, Sie vielleicht zwischen 32 und 34.

Lange betrachten beide schweigsam den Kies
vor ihren Füßen, den Rasenring zwischen Kies
und Becken, und das sanfte Gewelle im Becken,
Sind sie soweit gekommen, dann gehen ihre
Blicke immer wieder denselben Weg: vom Rohr-
mund, der den Strahl ausstößt, durch den Leib
der Wassersäule hinauf bis zu den letzten Tropfen,
die als allerletzte Wirkung des Drucks aus dem
Strahlfächcr in die Luft hincinschießcn. Dann
langsam wieder zurück: von den Tropfen, die
niit der Säule wieder vereinigt werden, an der
Säule hinab bis ins plätschernde Becken. Plötzlich,
ingrimmig, sagt er: „Ein grauenhafter Aufenthalt!"

Sie nimnrt den Arm von der Banklehire uird
hebt den Kopf,

„Bon einer Langeweile," führt er fort, „die
tötet."

Noch um eine Linie hebt sie den Kopf, Dann,
eisklar und eiskalt: „Allerdings."

Und im Augenblick wird er krapprot, „Das
ganze liebe Jahr Stickluft und Stickluft, nichts
anderes als Stickluft, Und dann in jedem Jahr
vier Wochen Kur — und noch dickere Stickluft!"

Sofort öffnen sich ihre Lippen, die sehr weißen
Zähne kommen zum Vorschein, Aber sie beginnt,
unbeschreiblich unnahbar, zu pfeifen.

Und da ist cs um feinen Ingrimm geschehen!
Im Nu schreit jeder Nerv in ihm auf. Und in
einer einzigen Sekunde lodert der Haß empor.
Wenn sie so pfeift! Ha! „Natürlich, Das darf
man nicht sagen! Wo Du bist, — da muß es
einfach schön sein! Stickluft?" — seine Stimme
verwildert schon, er ist nimmer zu halten — „eine
Gotteslästerung! Das ist ja nicht wahr, daß die

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Albert v. Trentini: Springbrunn
Franz Schütt: Lebensmittag
Paul Wolff-Zamzow: Das Bad
 
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