A. SchmidKammer
A. Scbmidhammer
Oer neue plutacch
„3ch hätte 6odj," sagte ViSmarck zu Sankt Petrus,
„meine Kürassierstiefel mit hcraufnehmen sollen/
Petrus nickte. „Sic passen ja Üoch keinem von
Seinen Epigonen/
„Darum yanüelt sich's nicht," brummte Ser selige
Reichskanzler/ „aber ich möchte ihnen Sie Stiefel gern
auf üic Koppe werfen."
Rohstoffmangel
Sperrt das Elend nicht spcrrangel-
Weit den schwarzen Rachen auf?
Überall ist Rohstoffmangel
Und die Not nimmt ihren Lauf!
Nahrungsmittel, Kohlen, Seide,
Siechen hin in Kümmernis!
Ach, aus einem Frauenkleide,
Macht man sieben in Paris!
Sparsam sein muß Seine-Babel
Diesen Sonimer wie noch nie:
Oben hebt das Kleid am N—ormalpunkt
An und unten überm Knie!
Seid gerecht und urteilt schroff nicht,
Wenn am Kleid kein Ärmel sitzt!
Trotzdem reicht zum Rock der Stofs nicht,
Darum wird er aufgeschlitzt!
Aufgeschlitzt bis an die Hüften
Doppelseitig fliegt der Tand
Um die Fraun, die schwergeprüften,
Spielt der Wind mit dem „Gewand".
Tröste dick>, Pariser Nymphe,
Du ersparst Material,
Sparst die Ärmel, sparst die Strümpfe
Und die leidige Moral! Beda
*
Das Land der Blutegel
3d) habe schwarz auf weis; die Statistik einer
Viochcrci vor mir liegen: anno 1820 führte
Frankreich 1 157 960 Blutegel aus.
Hut ab. Man sollte in Paris für das Jahr
1920 eine Blutegel-Ausfuhr-Säkulär-Feier nor-
bereiten.
Aber anno 1829 ein trübes Bild von der
Blutegelbörse: Frankreich muß nun 44 380 754
Stück dieser Tierchen einführcn! Ungeachtet der
Tatsache, das; cs selbst etliche 20 Millionen
produziert. Die Sitte verlangt plötzlich außer dem
Sonntagshuhn im Topfe jährlich zweimal einen
Blutegel auf den Kopf der Bevölkerung.
Und hier bricht leider meine Statistik ab —
sie versprach richtig aufregend zu werden.
Der Blutegclbedarf 1919 zum Beispiel!!
Entweder ungeheuer oder gleich null. Für die
zweite Annahme gibt es einen Grund: allmähliche
Assimilation — es ist aus dem gunz.n französi-
schen Volk mit der Zeit ein riesiger Blutsauger
geworden. eimeon
2Bir fragen feine Schuld
wenn Ihnen die nächste Nummer unserer Wochenschrift
nicht pünktlich zugesteltt wird, weil wir Sie wiederholt
an die Neubestellung erinnerten. Bitte beauftragen Sie
sofort Ihre Bezugstelte zur Weiterlieferung, wenn Sie
sich den ungestörten Fortbezug nicht inzwischen sicherten.
Vierteljahrespreis.M. 10.—
Unmittelbar vom Verlag bezogen.M. 12.50
München /Verlag der „Fugend"
Die Kuh
Zum Beispiel, untersuche du
den wirtschaftlichen Wert der Kuh,
im Hinblick darauf, wie sich diese
am lohnendsten erfassen liehe.
Da ist zunächst mal offenbar,
daß man sie melken kann, nicht wahr?
Muß dann als Milchtier nur gebührlich
in Pfleg' gehalten wer'n, natürlich.
Will man das nicht, — nun wohl, so kann
man auch den Schlächternutzen Hans
hat aber dergestalt freiwillig
wiedrum Verzicht gcleist't auf Millich.
Auf jeden Fall, das zeigt sich bald:
Der Nutzen ist nicht zwiegestalt.
Muß als ein Unding es erachten
zugleich zu melken und zu schlachten.
Verstehst du mich? Ist kein Problem,
dem praktisch kein Gewicht zukäm!
Ließ sich in Trianon den Vieren
aufs Aktuellste explizieren! Leopold
*
Farbenlehre
Tic gelbe Farbe der Postfahrzeuge aller Art soll
aufgelassen werden. Sie werden künftig hellgrau sein.
Gelb ist sehr schön, doch Kann man verstehn,
daß wir nicht gerne die Farben
von Eierdottern und Butter sehn,
an denen wir selber darben.
Gelb ist sehr schön: nach Goethes Prinzip
die Farbe heiterer Feste.
Doch mangelt leider zum Festbetrieb
uns heutzutage das Beste.
Gelb ist aber auch der Omnibus,
der Post romantische Kutsche —
wie kommen wir zu dem schnöden Entschluß,
daß sie zum Teufel rutsche?
Muß alles Bunte denn aus der Welt,
weil uns die Welt abscheulich?
Giebt's nur mehr eine Farbe, die hält:
— „gräulich?" A. D. N.
„was wir Europa schenken können/ sagte öer
Üemokratische Senator plumkit, „üas ist ein richtiger
Wegweiser!"
„Aber Wilson," höhnte ein Republikaner, „!st ein
falscher Wegweiser!"
„Rein, er ist öer einzig richtige. Er zeigt üen weg,
geht ihn aber nicht."
Oer neue plutacch
Galilei besah sich zur Abwechslung einmal Sie
Eröe durch üas Kernrohr unü schüttelte üen Kopf.
Seine Heiligkeit Ücr Großinquisitor bemerkte üies
unü fragte: „List üu noch immer überzeugt, üaß sie
sich ürcht?"
„Ja. Aber rückwärts," murmelte öer Gelehrte.
*
Ein Volksbeglücker
hat in München als Pfingstüberraschung Flug-
blätter auswerfcn lassen, die verlangen, daß
Künftighin jedem Deutschen zur Abschaffung der
Armut eine monatliche Rente von 80 Mark aus-
bezahlt werde.
Engherzige Philister fragten natürlich gleich,
wie das Reich die Summen aufbringen soll,
welche die Verwirklichung dieses großzügigen
Plans erfordert.
Und doch ist nichts einfacher als dies:
Man erhebt eine Kopfsteuer von 100
Mark im Monat von jedem Deutschen, dann
ist der Betrag der Renten samt den Spesen der
Rentenanstalt gedeckt, und es bleibt vielleicht
sogar ein kleiner Uberschuß als Prämie für den
Erfinder des volksbeglückenden Gedankens!
*
Ritterlich
„Comment 'ab Sie immer gesingt, monsieur
Lrussisn: ,Ick fein ein Preuße, kennt ihr meine
Farben!' Eh bien, wir werden schon gar bringen
'eraus die ganze Ge'cimnis in den Farbwerken
in Höchst sur le Main!“ Der Variskerhans
*
Der Rhein,
TeutschlandsStrom,abernichtTeutschlands Grenze.
„Ich habe meine Worte über unfern Rhein
gesprochen. Ich könnte sagen, ich habe meine
Seele gerettet: aber Ruhe gibt das nicht, daß
man geredet hat. Behalten die Franzosen den
Rhein, so habe ich mein teutsches Vaterland
verloren-"
„Die Frevel und Gräuel, die uns von den
Tiberen, Ncronen und Ezzelinen gemeldet wurden,
von wilden Häuptern und Kazikken, um deren
Throne Schnüre von Menschcnschädeln als Ver-
zierung hingen und unter deren Kopfkissen, damit
sie auch nicht zu milde träumten, Menschenschüdel
aufgeschichtet waren — dies, woran unsere Herzen
immer noch zweifelten, und wofür uns alles Maaß
des Begriffes und der Erklärung fehlte, dies
Unglaubliche und Ungeheuere haben unsere Herzen
glauben gelernt, unsere Augen haben es anschaue»
und ertragen gelernt. Hunderttausende oonMünnern
sind vor uns gewürgt, wie man Fliegen tötet,
Menschenblut ist vor uns ausgegossen wie Wasser,
Menschenleichen und Menschengebeine sind zu
Gebirgen vor uns aufgethürml, Menschenglllck ist
mit der grausamsten Tücke und Gewalt auf das
unverschämteste vernichtet — die Gräuel der Vor-
zeit haben Europäer des neunzehnten Jahrhunderts
bestätigt, die sich Weltverjünger und Weltbe-
glücker nennen ließen."
„Dahin wollte es fast kommen, daß es endlich
nur zwey Mcnschenarten gab, Menschenfresser
und Gefressene ..." ®. M. Arndt, 1814
571
A. Scbmidhammer
Oer neue plutacch
„3ch hätte 6odj," sagte ViSmarck zu Sankt Petrus,
„meine Kürassierstiefel mit hcraufnehmen sollen/
Petrus nickte. „Sic passen ja Üoch keinem von
Seinen Epigonen/
„Darum yanüelt sich's nicht," brummte Ser selige
Reichskanzler/ „aber ich möchte ihnen Sie Stiefel gern
auf üic Koppe werfen."
Rohstoffmangel
Sperrt das Elend nicht spcrrangel-
Weit den schwarzen Rachen auf?
Überall ist Rohstoffmangel
Und die Not nimmt ihren Lauf!
Nahrungsmittel, Kohlen, Seide,
Siechen hin in Kümmernis!
Ach, aus einem Frauenkleide,
Macht man sieben in Paris!
Sparsam sein muß Seine-Babel
Diesen Sonimer wie noch nie:
Oben hebt das Kleid am N—ormalpunkt
An und unten überm Knie!
Seid gerecht und urteilt schroff nicht,
Wenn am Kleid kein Ärmel sitzt!
Trotzdem reicht zum Rock der Stofs nicht,
Darum wird er aufgeschlitzt!
Aufgeschlitzt bis an die Hüften
Doppelseitig fliegt der Tand
Um die Fraun, die schwergeprüften,
Spielt der Wind mit dem „Gewand".
Tröste dick>, Pariser Nymphe,
Du ersparst Material,
Sparst die Ärmel, sparst die Strümpfe
Und die leidige Moral! Beda
*
Das Land der Blutegel
3d) habe schwarz auf weis; die Statistik einer
Viochcrci vor mir liegen: anno 1820 führte
Frankreich 1 157 960 Blutegel aus.
Hut ab. Man sollte in Paris für das Jahr
1920 eine Blutegel-Ausfuhr-Säkulär-Feier nor-
bereiten.
Aber anno 1829 ein trübes Bild von der
Blutegelbörse: Frankreich muß nun 44 380 754
Stück dieser Tierchen einführcn! Ungeachtet der
Tatsache, das; cs selbst etliche 20 Millionen
produziert. Die Sitte verlangt plötzlich außer dem
Sonntagshuhn im Topfe jährlich zweimal einen
Blutegel auf den Kopf der Bevölkerung.
Und hier bricht leider meine Statistik ab —
sie versprach richtig aufregend zu werden.
Der Blutegclbedarf 1919 zum Beispiel!!
Entweder ungeheuer oder gleich null. Für die
zweite Annahme gibt es einen Grund: allmähliche
Assimilation — es ist aus dem gunz.n französi-
schen Volk mit der Zeit ein riesiger Blutsauger
geworden. eimeon
2Bir fragen feine Schuld
wenn Ihnen die nächste Nummer unserer Wochenschrift
nicht pünktlich zugesteltt wird, weil wir Sie wiederholt
an die Neubestellung erinnerten. Bitte beauftragen Sie
sofort Ihre Bezugstelte zur Weiterlieferung, wenn Sie
sich den ungestörten Fortbezug nicht inzwischen sicherten.
Vierteljahrespreis.M. 10.—
Unmittelbar vom Verlag bezogen.M. 12.50
München /Verlag der „Fugend"
Die Kuh
Zum Beispiel, untersuche du
den wirtschaftlichen Wert der Kuh,
im Hinblick darauf, wie sich diese
am lohnendsten erfassen liehe.
Da ist zunächst mal offenbar,
daß man sie melken kann, nicht wahr?
Muß dann als Milchtier nur gebührlich
in Pfleg' gehalten wer'n, natürlich.
Will man das nicht, — nun wohl, so kann
man auch den Schlächternutzen Hans
hat aber dergestalt freiwillig
wiedrum Verzicht gcleist't auf Millich.
Auf jeden Fall, das zeigt sich bald:
Der Nutzen ist nicht zwiegestalt.
Muß als ein Unding es erachten
zugleich zu melken und zu schlachten.
Verstehst du mich? Ist kein Problem,
dem praktisch kein Gewicht zukäm!
Ließ sich in Trianon den Vieren
aufs Aktuellste explizieren! Leopold
*
Farbenlehre
Tic gelbe Farbe der Postfahrzeuge aller Art soll
aufgelassen werden. Sie werden künftig hellgrau sein.
Gelb ist sehr schön, doch Kann man verstehn,
daß wir nicht gerne die Farben
von Eierdottern und Butter sehn,
an denen wir selber darben.
Gelb ist sehr schön: nach Goethes Prinzip
die Farbe heiterer Feste.
Doch mangelt leider zum Festbetrieb
uns heutzutage das Beste.
Gelb ist aber auch der Omnibus,
der Post romantische Kutsche —
wie kommen wir zu dem schnöden Entschluß,
daß sie zum Teufel rutsche?
Muß alles Bunte denn aus der Welt,
weil uns die Welt abscheulich?
Giebt's nur mehr eine Farbe, die hält:
— „gräulich?" A. D. N.
„was wir Europa schenken können/ sagte öer
Üemokratische Senator plumkit, „üas ist ein richtiger
Wegweiser!"
„Aber Wilson," höhnte ein Republikaner, „!st ein
falscher Wegweiser!"
„Rein, er ist öer einzig richtige. Er zeigt üen weg,
geht ihn aber nicht."
Oer neue plutacch
Galilei besah sich zur Abwechslung einmal Sie
Eröe durch üas Kernrohr unü schüttelte üen Kopf.
Seine Heiligkeit Ücr Großinquisitor bemerkte üies
unü fragte: „List üu noch immer überzeugt, üaß sie
sich ürcht?"
„Ja. Aber rückwärts," murmelte öer Gelehrte.
*
Ein Volksbeglücker
hat in München als Pfingstüberraschung Flug-
blätter auswerfcn lassen, die verlangen, daß
Künftighin jedem Deutschen zur Abschaffung der
Armut eine monatliche Rente von 80 Mark aus-
bezahlt werde.
Engherzige Philister fragten natürlich gleich,
wie das Reich die Summen aufbringen soll,
welche die Verwirklichung dieses großzügigen
Plans erfordert.
Und doch ist nichts einfacher als dies:
Man erhebt eine Kopfsteuer von 100
Mark im Monat von jedem Deutschen, dann
ist der Betrag der Renten samt den Spesen der
Rentenanstalt gedeckt, und es bleibt vielleicht
sogar ein kleiner Uberschuß als Prämie für den
Erfinder des volksbeglückenden Gedankens!
*
Ritterlich
„Comment 'ab Sie immer gesingt, monsieur
Lrussisn: ,Ick fein ein Preuße, kennt ihr meine
Farben!' Eh bien, wir werden schon gar bringen
'eraus die ganze Ge'cimnis in den Farbwerken
in Höchst sur le Main!“ Der Variskerhans
*
Der Rhein,
TeutschlandsStrom,abernichtTeutschlands Grenze.
„Ich habe meine Worte über unfern Rhein
gesprochen. Ich könnte sagen, ich habe meine
Seele gerettet: aber Ruhe gibt das nicht, daß
man geredet hat. Behalten die Franzosen den
Rhein, so habe ich mein teutsches Vaterland
verloren-"
„Die Frevel und Gräuel, die uns von den
Tiberen, Ncronen und Ezzelinen gemeldet wurden,
von wilden Häuptern und Kazikken, um deren
Throne Schnüre von Menschcnschädeln als Ver-
zierung hingen und unter deren Kopfkissen, damit
sie auch nicht zu milde träumten, Menschenschüdel
aufgeschichtet waren — dies, woran unsere Herzen
immer noch zweifelten, und wofür uns alles Maaß
des Begriffes und der Erklärung fehlte, dies
Unglaubliche und Ungeheuere haben unsere Herzen
glauben gelernt, unsere Augen haben es anschaue»
und ertragen gelernt. Hunderttausende oonMünnern
sind vor uns gewürgt, wie man Fliegen tötet,
Menschenblut ist vor uns ausgegossen wie Wasser,
Menschenleichen und Menschengebeine sind zu
Gebirgen vor uns aufgethürml, Menschenglllck ist
mit der grausamsten Tücke und Gewalt auf das
unverschämteste vernichtet — die Gräuel der Vor-
zeit haben Europäer des neunzehnten Jahrhunderts
bestätigt, die sich Weltverjünger und Weltbe-
glücker nennen ließen."
„Dahin wollte es fast kommen, daß es endlich
nur zwey Mcnschenarten gab, Menschenfresser
und Gefressene ..." ®. M. Arndt, 1814
571
Simeon: Das Land der Blutegel
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Beda: Rohstoffmangel
Arpad Schmidhammer: Zum ewigen Frieden
Leopold: Die Kuh
A. D. N.: Farbenlehre
Arpad Schmidhammer: Illustration zum Text "Der neue Plutarch"
Der Variskerhans: Ritterlich
[nicht signierter Beitrag]: Ein Volksbeglücker
Ernst Moritz Arndt: Der Rhein
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Beda: Rohstoffmangel
Arpad Schmidhammer: Zum ewigen Frieden
Leopold: Die Kuh
A. D. N.: Farbenlehre
Arpad Schmidhammer: Illustration zum Text "Der neue Plutarch"
Der Variskerhans: Ritterlich
[nicht signierter Beitrag]: Ein Volksbeglücker
Ernst Moritz Arndt: Der Rhein