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Theo sitzt in einer Ecke und bemüht sich, auf
einer Laute die Begleitung zu einem Wiener Liede
von unaussprechlicher Aldernheit zu finden, in dem
ein Hähnchen namens Hinkel-Bibi am Schluß
jeder Strophe versichert: „Dees Brücke! eß i."
Das Lied macht den Rittmeister so nervös, das;
er am liebsten die Laute nähme und sie dem
Theo auf dem Schädel zertrümmerte, aber seine
gute Erziehung verhindert ihn daran. Die Marie
ist in den Rittmeister verliebt und kann ihn
kaum aus den Augen lassen. Sie findet alles
entzückend an ihm: daß er blond ist und blaue
Augen hat und rote Backen und keinen Bart,

und daß er nicht so lang und mager ist, wie die
nreisten Herren, die sie kennt, und daß er nicht
so viel redet.

Wenn alles umgekehrt wäre, würde sie ihn
aus den entgegengesetzten Gründen bewundern.
Der Ingenieur hat auch blonde Haare und blaue
Augen und rote Backen und ist auch nicht lang
und mager und redet auch nicht viel — aber
Marie findet ihn sehr fade, aus eben diesen
Gründen. Wie das kommt, weiß kein Mensch:
es ist nun einmal so, und wir müssen uns damit
abfinden

Frau Groothus verspürt plötzlich, aus unauf-
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geklärten Gründen, das dringende Bedürfnis, die
Marie beim Rittmeister lächerlich zu machen und
erzählt daher, daß diese mit einer Freundin bei
einer Kartenlegerin gewesen sei, um sich die Zu-
kunft entschleiern zu lassen. „Was sagen Eie
dazu?"

„Ich bin absolut nicht abergläubisch," erwidert
der Rittmeister, „aber immerhin bin ich mit dem
Dingsda . . . wie heißt er gleich ... na Sie wissen
schon . . . also ich bin der Meinung, daß es mehr
Dinge im Himmel und auf Erden gibt, als im
Wasser unter der Erden sind "

„Sie meinen Hamlet," sagte Herr Groothus.
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Fritz Gärtner: Morgen im Gußstahlwerk
 
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