LENZWIND
Wind, da bebendes Nirgendwo,
Wind, du zaufender Haltefeß —
Blühen schwellst du, freudig und loh,
über das wintertaube Geäst!
Wind, du schweifendes Ungefähr,
Wind, du kreisender Frühlingsball —
Störche hebst du über das Meer,
türmst im Wirbel der Lerche Schall!
Wind, du Ewigkeitsmantel, in dir
hat sich Gott lichttönend beschwingt
Das ist des Lenzes Sinn und Zier:
Gott glanzt, Gott fingt 1
E r n ß Ludwig S ch e 11 e n b e r g
KLEINE MÜNZE
Manche Eltern stnd stolz darauf, wie
wohlei zogen ihre Kinder stnd, und denken
nicht daran, dafj fie sie gar nicht erzogen
haben.
Wer steh öfter kleine Wünsche erfüllt,
wird steh bald einen grasten Wunsch ver-
sagen müssen.
Die Vernunft ist das llöchste im Men-
schen, die Leidenfehast das Köstlichste.
3 o [ e f Spiegler
M Ä I
In deine Kirche geh ich, nicht in deine Kirche von Stein,
Bette mein müdes Haupt in deinen Schob hinein,
Breite die Arme um mich, die so voll Hoffnung stnd,
Führe den Weg mich zurück, den ich gegangen ein Kind,
Mutter!
Gott, so weit ist dein Haus, weiter noch als ich schau,
Wölbt steh zur Höhe hinauf, Mutter dein HimmeLbau,
Winkst du wallend dem Wind, gehen Engel dahin,
Mache mich erdenleicht, dast ich dein Engel bin,
Mutterl
Warum stellst du um mich all deines Höffens Grün,
Warum lästt du um mich Bäume und Sträucher blühn?
Sieh, ach die Vögel selbst tragen ein festlich Gewand,
Sag, welchen Namen trägt dein paradiesisch Land,
Mutter?
Wehe, dein Auge grost, füllt mich mit neuem Licht,
Ja, Jetzt sehe ich dich, denn ich sehe dich nicht,
Blind ersteige ich steil Stufen zu deinem Thron,
In deinen Armen ruht wieder dein treuer Sohn,
Mutterl
Blüten fallen herab, Mutter, der Baum, er weint
Tränen herab auf mich, denn deine Sonne ste scheint,
Oben im obersten Zweig fingt ein Vogel sein Lied,
Alle Her en, o Mai, stnd dir alle erblüht,
Mutter Erde!
Fritz Köpp
THOR
Berge und Wälder umirrende
Pfade, im Dunkel erspürt,
werden wie eine aufklirrende
Saite von Blitzen gerührt.
Koste des zornigen, fauchenden
Donnerers malmen die Luft
und feine Räder, die rauchenden,
qualmen in brandigem Duft.
Hber geduckte, erzitternde
Bergrücken schmettert die Fahrt,
und der gewaltig pewitternde
lacht in den feurigen Bart. ..
Margarete Sachfe
GEDANKEN
Mist Liebe mit dem Senkblei, nicht mit
der Elle!
Wer immer gut ist, wachst nicht.
Hermann Gebhardt
Nehmen, und tun als ob man gibt, ist
ein Hauptkniff der sogenannten Lebens-
kunst.
Höre Alle und glaube an Dich.
Jofef Stollreiter
442
Wind, da bebendes Nirgendwo,
Wind, du zaufender Haltefeß —
Blühen schwellst du, freudig und loh,
über das wintertaube Geäst!
Wind, du schweifendes Ungefähr,
Wind, du kreisender Frühlingsball —
Störche hebst du über das Meer,
türmst im Wirbel der Lerche Schall!
Wind, du Ewigkeitsmantel, in dir
hat sich Gott lichttönend beschwingt
Das ist des Lenzes Sinn und Zier:
Gott glanzt, Gott fingt 1
E r n ß Ludwig S ch e 11 e n b e r g
KLEINE MÜNZE
Manche Eltern stnd stolz darauf, wie
wohlei zogen ihre Kinder stnd, und denken
nicht daran, dafj fie sie gar nicht erzogen
haben.
Wer steh öfter kleine Wünsche erfüllt,
wird steh bald einen grasten Wunsch ver-
sagen müssen.
Die Vernunft ist das llöchste im Men-
schen, die Leidenfehast das Köstlichste.
3 o [ e f Spiegler
M Ä I
In deine Kirche geh ich, nicht in deine Kirche von Stein,
Bette mein müdes Haupt in deinen Schob hinein,
Breite die Arme um mich, die so voll Hoffnung stnd,
Führe den Weg mich zurück, den ich gegangen ein Kind,
Mutter!
Gott, so weit ist dein Haus, weiter noch als ich schau,
Wölbt steh zur Höhe hinauf, Mutter dein HimmeLbau,
Winkst du wallend dem Wind, gehen Engel dahin,
Mache mich erdenleicht, dast ich dein Engel bin,
Mutterl
Warum stellst du um mich all deines Höffens Grün,
Warum lästt du um mich Bäume und Sträucher blühn?
Sieh, ach die Vögel selbst tragen ein festlich Gewand,
Sag, welchen Namen trägt dein paradiesisch Land,
Mutter?
Wehe, dein Auge grost, füllt mich mit neuem Licht,
Ja, Jetzt sehe ich dich, denn ich sehe dich nicht,
Blind ersteige ich steil Stufen zu deinem Thron,
In deinen Armen ruht wieder dein treuer Sohn,
Mutterl
Blüten fallen herab, Mutter, der Baum, er weint
Tränen herab auf mich, denn deine Sonne ste scheint,
Oben im obersten Zweig fingt ein Vogel sein Lied,
Alle Her en, o Mai, stnd dir alle erblüht,
Mutter Erde!
Fritz Köpp
THOR
Berge und Wälder umirrende
Pfade, im Dunkel erspürt,
werden wie eine aufklirrende
Saite von Blitzen gerührt.
Koste des zornigen, fauchenden
Donnerers malmen die Luft
und feine Räder, die rauchenden,
qualmen in brandigem Duft.
Hber geduckte, erzitternde
Bergrücken schmettert die Fahrt,
und der gewaltig pewitternde
lacht in den feurigen Bart. ..
Margarete Sachfe
GEDANKEN
Mist Liebe mit dem Senkblei, nicht mit
der Elle!
Wer immer gut ist, wachst nicht.
Hermann Gebhardt
Nehmen, und tun als ob man gibt, ist
ein Hauptkniff der sogenannten Lebens-
kunst.
Höre Alle und glaube an Dich.
Jofef Stollreiter
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