Don
Ls war im Mai, als alle Pfropfen sprangen,
Und alle Böcke sprangen lustig mit,
Da ist ein Mann spät abends ausgegangen,
ReinZüngling mehr, doch Mark in jedem Schritt.
Lin bied'rer Tiefsinn spielt um seine Wangen,
Die Blinden Münchens kennen seinen Tritt.
Der Säugling noch am Mutterbusen lallt:
Vas ist Lrnst Försters männliche Gestalt.
Und als er wandelt schattendunkle Pfade
Des Gartens, der der englische genannt,
Was ist's, das plötzlich am Dianenbade
Den Fuß des hochverdienten Mannes bannt?
Lr traut den Augen kaum. Doch am Gestade,
Wo kühl der Bach hinrieselt überm Sand,
Lrbllckt er bei des Mondes klarem Schimmer
vier splitternackte junge Frauenzimmer.
Ls war, als ob sie noch durchaus nicht wüßten,
Daß man sein Bestes oft verbergen muß.
Frei spielt der Mond auf ihren jungen Brüsten,
versilbernd ihren Reiz mit seinem Ruß.
Doch Förster, dessen sittliches Lntrüsten
Allmählich wich dem reinsten Runstgenuß,
Hielt wie geblendet spähend sich die Hand vor
Und rief: Beim Z eus, die kommen mir bekannt vor.
Da wandten sich die vier, doch kaum erschrocken,
Wie üblich ist bei wohlerzognen Damen,
Und eine rief und schüttelte die Locken:
Wer bist Du, Fremdling, nenn uns Deinen Namen!
Ich bin Lrnst Förster, sprach er ohne Stocken,
von dem Sie wohl schon mancherlei vernahmen.
Doch in der Tat — mit wem Hab' ich die Lhre?
Sie sprach: Dies sind die Grazien, ich Cpthere.
D meine Ahnung! ries er. Za, euch kenn ich
Schon längst aus meiner eignen Runstgeschichte.
Ihr habt euch trefflich conserviert, bekenn' ich,
Und nehmt euch plastisch aus im Nondenlichte.
Nun, Göttin, sage mir noch eins: Wie nenn' ich
Dich sonst? Der Nelischen gleicht Dein Gesichte,
Das Übrige der zärtlichergesinnten
Rallippgos — o zeige Dich von hinten!
Ls war im Nai
Paul Hepse (aus seinem Nachla
Zur Antwort kicherten die vier ironisch,
Doch sah'n sie bald, daß sie ihn nicht verblüfften.
Nein Wunsch, rief er, war ehrbar und platonisch.
Studieren wollt' ich euch für meine Schriften,
poch stellt ihr plötzlich euch so sehr catonisch.
Nun denn, so schürzt das Rleid um eure Hüften,
Und laßt zu Münchens Sehenswürdigkeiten
von mir, der sie beschrieben, euch begleiten.
Dank! sprach die Göttin. Dubist fromm und bieder.
Doch fürcht' ich. Deinem Renommee zu schaden.
Blick her! Nein Reifrock schwankt um unsre Glieder,
Neinzücht'gerStrumpfumhülltdiezartenWaden.
Würd'st Du mit uns gesehn — nie könnte wieder
Lin sittsam deutsches Weib zum Tee Dich laden.
LinMordslärm bräch um diesennächt'gen Gang los
Und freilich, unsre Tracht ist etwas zwanglos.
Zwanglos! (v Göttin, rief er voller Feuer,
Du sprachst ein großes wort gelassen aus.
Zwar in der Stadt fordr' ich das Ungeheuer
Der Chronique scandaleuse nie heraus.
Doch auf der Menterfchwaige gibt's auch Heuer
Lin zwanglos Frühlingsfest in Saus und Braus.
Da sind wir völlig unter uns und mancher
Sehnt sich nach euch, begeistert vom Champagner.
Da ist der Naulbach, dem Du oft gesessen,
Larriere, der logisch Deinen Reiz bewies.
Dann, der Dich nach dem goldnen Schnitt gemessen
Zeising, und Lützow, der Dich stechen ließ.
Wer überhaupt ist so von Gott vergessen,
Daß nicht ein Heimweh nach dem Paradies
Ihn triebe zu den Reigen schöner Zugend,
versteht sich, nie auf Rosten seiner Tugend.
Da lachten alle vier fast ungeschliffen.
Und Venus sprach mit einem muntern Rnix:
verzeih, für morgen sind wir schon vergriffen.
Doch müßten wir auch nicht den schwarzen Styx,
Aus dem wir aufgetaucht, hinunterschiffen,
Lh' eure Polizei uns hinterrücks
Abwandelt wie Gesindel unerbittlich —
Wir dankten doch; ihr seid uns viel zu sittlich.
Gefangene
Sie stehen da mit traumgeleerten Hirnen
Und starren in des Himmels düstren Schoß,
Die Faust im Rock geballt, die weder schirmen
Noch rückwärts ändern kann das eigne Los.
In ihren Herzen wächst ein Baum, ein grüner,
In jeder Nacht im Stillen auf und blüht,
Doch jeder Tag schlägt ihn von neuem nieder
Und streut den Winden hin, was blutend
aufgeglüht.
Da kriecht in ihre Seele scheu ein Schleicher,
Durch alle Glieder hin ein fahler Geist
Und bricht aus ihren Augen als ein bleicher
Tränstrom, der einst wie Stahl gegleißt.
fjermann v. Boettlcher
verlorene Heimat
Liegt ein Bauernhaus am Wegesrand,
weit streckt sich das sommerliche Land.
Mittag ist's. Ls ruht das Halmenmeer,
Bienensummen zittert drüber her.
Und es fließt vom Dorf ein Glockenlaut
über Rorn und wiese, Wald und Rraut.
Manchmal weht ein warmer Roggendust
segnend durch die flimmerhelle Luft.
Und ich hör' im leisen Glockenläuten
meine Väter durch die Felder schreiten.
Stille nun. Ls rauscht das Llndenlaub,
und ich wandere durch den Straßenstaub.
Ludwig Bäte
X
1861)
Zu sehr durchglüht von geist'gen Bildungstrieben,
Um mit dem Fleisch euch zwanglos zu befassen.
Das Schöne pslegt ihr pflichtgemäß zu lieben.
Doch sei es niemals nackt und ausgelassen.
Ihr habt's gemalt, besungen und beschrieben.
Doch wollte manchmal mich ein Grau'n erfassen,
Hört' ich den Vortrag eures Zwangsmonarchen
Und euch im Chor verstohlen dazu schnarchen.
Nun soll es plötzlich mir und meinem rosigen
Gefolge dort an eurem Tisch behagen?
Wir kannten einst ganz andere Symposien
In unvergeßlich schönen Griechentagen,
Da pflegte Plato nicht vor winterhosigen
Zuhörern dicke Hefte vorzutragen.
Frei brach des Lebens Liebesüberschwang los,
UndWeisheit blüht' aus allem Schönen zwanglos.
Za damals, wenn in lauen Winternächten
Die Notabilitäten von Athen
Den lhierwein aus goldenen Schalen zechten,
Va ließ ich willig meine Wunder sehn.
Ich lag dem Alkiblades zur Rechten,
Und phidias fühlte meines Atems Wehn,
Indes die Grazien, meine schönen Zofen,
Das Herz entzückten grauen Philosophen.
Vas alles ward des finstern Drkus Beute,
Und äußerst lahm und zahm sieht's aus aufLrden.
® warum zwingt sich diese Welt von heute.
Wenn sie's nicht ist, sich zwanglos zu gebärden?
Im einzelnen seid ihr charmante Leute,
Im ganzen könnt' ihr mir gestohlen werden,
verzeih, wenn ich zu dreist euch ausgescholten.
Stets Hab' ich ja für ungeniert gegolten.
Doch wollt ihr in euch gehn, wollt die verlorne
Freiheit zurückerobern eurem Leben,
Wollt wahrhaft zwanglos eure elngefrorne
Natur dem Rausch des Göttlichen ergeben.
So soll mein hehres Bild, das schaumgeborne,
Im Perlenschaum auf euren Gläsern schweben
Und meine Glorie eure Scheitel krönen.
Wenn ihr in Andacht ruft: Lin Hoch dem Schönen!
Lied in der Nacht
Breit liegt die Dunkelheit mit hohlem Schlunde
ÜZuer überm Weg in mitternächt'ger Stunde.
Uralter Pappeln einsam starre Wacht
Lrfüllt mit Lwigkeit die stumme Nacht.
Und ringsum liegt's gespenstig auf der Lauer,
Webt mich ins Netz der kalten Nebelschauer.
Ich geh, vermummt im hochgeschlagnen Rock,
Die Faust gekrallt um meinen guten Stock. —
Da plötzlich springt von irgendwo ins Dunkel
Und weckt die tote Welt wie hell Gefunkel
Lin Lied, das unbedacht und leicht beschwingt
Lin luft'ger Tor dem Tag entgegensingt.
Renö prLvot
522
Ls war im Mai, als alle Pfropfen sprangen,
Und alle Böcke sprangen lustig mit,
Da ist ein Mann spät abends ausgegangen,
ReinZüngling mehr, doch Mark in jedem Schritt.
Lin bied'rer Tiefsinn spielt um seine Wangen,
Die Blinden Münchens kennen seinen Tritt.
Der Säugling noch am Mutterbusen lallt:
Vas ist Lrnst Försters männliche Gestalt.
Und als er wandelt schattendunkle Pfade
Des Gartens, der der englische genannt,
Was ist's, das plötzlich am Dianenbade
Den Fuß des hochverdienten Mannes bannt?
Lr traut den Augen kaum. Doch am Gestade,
Wo kühl der Bach hinrieselt überm Sand,
Lrbllckt er bei des Mondes klarem Schimmer
vier splitternackte junge Frauenzimmer.
Ls war, als ob sie noch durchaus nicht wüßten,
Daß man sein Bestes oft verbergen muß.
Frei spielt der Mond auf ihren jungen Brüsten,
versilbernd ihren Reiz mit seinem Ruß.
Doch Förster, dessen sittliches Lntrüsten
Allmählich wich dem reinsten Runstgenuß,
Hielt wie geblendet spähend sich die Hand vor
Und rief: Beim Z eus, die kommen mir bekannt vor.
Da wandten sich die vier, doch kaum erschrocken,
Wie üblich ist bei wohlerzognen Damen,
Und eine rief und schüttelte die Locken:
Wer bist Du, Fremdling, nenn uns Deinen Namen!
Ich bin Lrnst Förster, sprach er ohne Stocken,
von dem Sie wohl schon mancherlei vernahmen.
Doch in der Tat — mit wem Hab' ich die Lhre?
Sie sprach: Dies sind die Grazien, ich Cpthere.
D meine Ahnung! ries er. Za, euch kenn ich
Schon längst aus meiner eignen Runstgeschichte.
Ihr habt euch trefflich conserviert, bekenn' ich,
Und nehmt euch plastisch aus im Nondenlichte.
Nun, Göttin, sage mir noch eins: Wie nenn' ich
Dich sonst? Der Nelischen gleicht Dein Gesichte,
Das Übrige der zärtlichergesinnten
Rallippgos — o zeige Dich von hinten!
Ls war im Nai
Paul Hepse (aus seinem Nachla
Zur Antwort kicherten die vier ironisch,
Doch sah'n sie bald, daß sie ihn nicht verblüfften.
Nein Wunsch, rief er, war ehrbar und platonisch.
Studieren wollt' ich euch für meine Schriften,
poch stellt ihr plötzlich euch so sehr catonisch.
Nun denn, so schürzt das Rleid um eure Hüften,
Und laßt zu Münchens Sehenswürdigkeiten
von mir, der sie beschrieben, euch begleiten.
Dank! sprach die Göttin. Dubist fromm und bieder.
Doch fürcht' ich. Deinem Renommee zu schaden.
Blick her! Nein Reifrock schwankt um unsre Glieder,
Neinzücht'gerStrumpfumhülltdiezartenWaden.
Würd'st Du mit uns gesehn — nie könnte wieder
Lin sittsam deutsches Weib zum Tee Dich laden.
LinMordslärm bräch um diesennächt'gen Gang los
Und freilich, unsre Tracht ist etwas zwanglos.
Zwanglos! (v Göttin, rief er voller Feuer,
Du sprachst ein großes wort gelassen aus.
Zwar in der Stadt fordr' ich das Ungeheuer
Der Chronique scandaleuse nie heraus.
Doch auf der Menterfchwaige gibt's auch Heuer
Lin zwanglos Frühlingsfest in Saus und Braus.
Da sind wir völlig unter uns und mancher
Sehnt sich nach euch, begeistert vom Champagner.
Da ist der Naulbach, dem Du oft gesessen,
Larriere, der logisch Deinen Reiz bewies.
Dann, der Dich nach dem goldnen Schnitt gemessen
Zeising, und Lützow, der Dich stechen ließ.
Wer überhaupt ist so von Gott vergessen,
Daß nicht ein Heimweh nach dem Paradies
Ihn triebe zu den Reigen schöner Zugend,
versteht sich, nie auf Rosten seiner Tugend.
Da lachten alle vier fast ungeschliffen.
Und Venus sprach mit einem muntern Rnix:
verzeih, für morgen sind wir schon vergriffen.
Doch müßten wir auch nicht den schwarzen Styx,
Aus dem wir aufgetaucht, hinunterschiffen,
Lh' eure Polizei uns hinterrücks
Abwandelt wie Gesindel unerbittlich —
Wir dankten doch; ihr seid uns viel zu sittlich.
Gefangene
Sie stehen da mit traumgeleerten Hirnen
Und starren in des Himmels düstren Schoß,
Die Faust im Rock geballt, die weder schirmen
Noch rückwärts ändern kann das eigne Los.
In ihren Herzen wächst ein Baum, ein grüner,
In jeder Nacht im Stillen auf und blüht,
Doch jeder Tag schlägt ihn von neuem nieder
Und streut den Winden hin, was blutend
aufgeglüht.
Da kriecht in ihre Seele scheu ein Schleicher,
Durch alle Glieder hin ein fahler Geist
Und bricht aus ihren Augen als ein bleicher
Tränstrom, der einst wie Stahl gegleißt.
fjermann v. Boettlcher
verlorene Heimat
Liegt ein Bauernhaus am Wegesrand,
weit streckt sich das sommerliche Land.
Mittag ist's. Ls ruht das Halmenmeer,
Bienensummen zittert drüber her.
Und es fließt vom Dorf ein Glockenlaut
über Rorn und wiese, Wald und Rraut.
Manchmal weht ein warmer Roggendust
segnend durch die flimmerhelle Luft.
Und ich hör' im leisen Glockenläuten
meine Väter durch die Felder schreiten.
Stille nun. Ls rauscht das Llndenlaub,
und ich wandere durch den Straßenstaub.
Ludwig Bäte
X
1861)
Zu sehr durchglüht von geist'gen Bildungstrieben,
Um mit dem Fleisch euch zwanglos zu befassen.
Das Schöne pslegt ihr pflichtgemäß zu lieben.
Doch sei es niemals nackt und ausgelassen.
Ihr habt's gemalt, besungen und beschrieben.
Doch wollte manchmal mich ein Grau'n erfassen,
Hört' ich den Vortrag eures Zwangsmonarchen
Und euch im Chor verstohlen dazu schnarchen.
Nun soll es plötzlich mir und meinem rosigen
Gefolge dort an eurem Tisch behagen?
Wir kannten einst ganz andere Symposien
In unvergeßlich schönen Griechentagen,
Da pflegte Plato nicht vor winterhosigen
Zuhörern dicke Hefte vorzutragen.
Frei brach des Lebens Liebesüberschwang los,
UndWeisheit blüht' aus allem Schönen zwanglos.
Za damals, wenn in lauen Winternächten
Die Notabilitäten von Athen
Den lhierwein aus goldenen Schalen zechten,
Va ließ ich willig meine Wunder sehn.
Ich lag dem Alkiblades zur Rechten,
Und phidias fühlte meines Atems Wehn,
Indes die Grazien, meine schönen Zofen,
Das Herz entzückten grauen Philosophen.
Vas alles ward des finstern Drkus Beute,
Und äußerst lahm und zahm sieht's aus aufLrden.
® warum zwingt sich diese Welt von heute.
Wenn sie's nicht ist, sich zwanglos zu gebärden?
Im einzelnen seid ihr charmante Leute,
Im ganzen könnt' ihr mir gestohlen werden,
verzeih, wenn ich zu dreist euch ausgescholten.
Stets Hab' ich ja für ungeniert gegolten.
Doch wollt ihr in euch gehn, wollt die verlorne
Freiheit zurückerobern eurem Leben,
Wollt wahrhaft zwanglos eure elngefrorne
Natur dem Rausch des Göttlichen ergeben.
So soll mein hehres Bild, das schaumgeborne,
Im Perlenschaum auf euren Gläsern schweben
Und meine Glorie eure Scheitel krönen.
Wenn ihr in Andacht ruft: Lin Hoch dem Schönen!
Lied in der Nacht
Breit liegt die Dunkelheit mit hohlem Schlunde
ÜZuer überm Weg in mitternächt'ger Stunde.
Uralter Pappeln einsam starre Wacht
Lrfüllt mit Lwigkeit die stumme Nacht.
Und ringsum liegt's gespenstig auf der Lauer,
Webt mich ins Netz der kalten Nebelschauer.
Ich geh, vermummt im hochgeschlagnen Rock,
Die Faust gekrallt um meinen guten Stock. —
Da plötzlich springt von irgendwo ins Dunkel
Und weckt die tote Welt wie hell Gefunkel
Lin Lied, das unbedacht und leicht beschwingt
Lin luft'ger Tor dem Tag entgegensingt.
Renö prLvot
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