MARKIERTE ARMUT
«j ln der franzö(i(chen Deputiertenkammer er-
klärte der „gemäßigte“ Sozialift Paul Aubriot,
der Vertrag von Versailles fei für viele De-
putierte das Minimum der Redite Frankreichs
gewesen Er ersuchte die Regierung, der Ar-
mutsmaskerade Deutschlands aufs schärfste
zu misttrauen.
«j Demnach ist nun also doch das eingetreten,
was einsichtige heute in Deutschland schon lange
befürchtet haben. Endlich ist ein besonders
erleuchteter Kopf unter den vielen erleuchte-
ten Köpfen Frankreichs dahinter gekommen,
dast unser ganzes wirtschaftliches und finan-
zielles Elend nur eine geschickte Mache ist,
und dast wir uns in Wirklichkeit eines Wohl-
standes erfreuen, um den uns von rechtswegen
die ganze übrige Welt beneiden könnte. Den
Wahrheitsbeweis für feine Behauptung an-
zutreten, dürfte Herrn Aubriot als genauem
Kenner der Verhältnisse Deutschlands nicht
schwer fallen. Wie wir ei fahren, bereitet er
eine Denkschrift vor, in der nachgewiesen wird,
dast sich das deutsche Nationalvermögen durch
die erst kürzlich erfolgte Ausgabe einer neuen
Reihe 50 Mark-Scheine und durch den gut
gehenden Export deut(cher Lokomotiven,Schiffe,
Pferde und Rinder nach dem bisher feind-
lichen Auslande erheblich vermehrt hat. Ferner
wird er nachweijen, dast in Berlin der Preis
für ein Pfund Sch'.eichhandelsbutter von 35
Mark auf 40 Mark gefallen ist. was angesichts
des wenn auch vorübergehenden Steigens der
Mark eine wenn auch geringfügige Besserung
bedeutet. Das Reichswirtsthastsminisierium hat
austerdem zum 1. Juli eine zweite Reinmache-
frau engagiert, — ebenfalls ein Beweis für
die fortschreitende Gefundung der deutschen
Willy Hallftein (München)
„Wos tean ma nacha jetzt - Mararl?”
Genga ma da eini - i moan, dös war der Fülm,
wo s' d' Grobmuatta himacha!”
Wirtschaft. Alles Gerede über Armut, Entbeh-
rung, Not und Elend ift also nur widerwärtige
Heuchelei und Lüge Eine besondere Infamie
liegt in der deutschen Behauptung, dast taufende
von Deutschen noch im letzten Jahre an Unter-
ernährung gestorben seien Herr Aubriot wird
sich anheischig machen nachzuweisen, dast diese
angeblichen Todesopfer in Wirklichkeit nur
scheintot gewesen find und er wird mit kühnem
Griff dem verlogenen Deutschland die Maske
der Armut von der gelundheits[trotzenden,
feiften Visage reisten. Franze aus Berlin
PHILANTROPISCHES: Ein richtig ge-
hender Kommerzienrat ist im Parke (eines
Landhauses beschäftigt, als er von einem seiner
Bekannten besucht wird. Er ist schon über
die Parkmauer hinweg bemerkt worden, und
fo kommt der Besucher gleich an die Arbeits-
stätte. Der Herr ruft voll Erstaunen:
«I „Ist es möglich, Herr Kommerzienrat? Sie
sind selbst dabei, Bäume zu fäl'.en!"
€j „Mir schadet etwas Ausarbeitung nichts, und
dann widerstrebt es mir, armen Arbeitslosen
den Verdienst wegzunehmen?' C. F.G.
DIE FAMLLIENWAGE: Vorm Kurhotel
steht eine Personenwage. Vetter Karl nimmt
daselbst eineWägung seiner Familie vor.Töchter-
chenErna wiegt achtzig, der kleine Hans sechzig
Pfund Zuletzt besteigt mein Vetter selbst die
Plattform und stellt fest, dast er infolge der
Kriegskost fechzig Pfund am Leibesgewicht ein-
gebüstt hat. Der kleine Hans, ist aufs Höchste
bestürzt. „Vater,"stammelt er vernichtet, „wenn
mir nun das passiert wäre." o. W.
E U
S C H E
$16(1
SCHONEERCER-CAIINEI
13
/ ff
P F
658
Jugend" Bezug zu nehmen
«j ln der franzö(i(chen Deputiertenkammer er-
klärte der „gemäßigte“ Sozialift Paul Aubriot,
der Vertrag von Versailles fei für viele De-
putierte das Minimum der Redite Frankreichs
gewesen Er ersuchte die Regierung, der Ar-
mutsmaskerade Deutschlands aufs schärfste
zu misttrauen.
«j Demnach ist nun also doch das eingetreten,
was einsichtige heute in Deutschland schon lange
befürchtet haben. Endlich ist ein besonders
erleuchteter Kopf unter den vielen erleuchte-
ten Köpfen Frankreichs dahinter gekommen,
dast unser ganzes wirtschaftliches und finan-
zielles Elend nur eine geschickte Mache ist,
und dast wir uns in Wirklichkeit eines Wohl-
standes erfreuen, um den uns von rechtswegen
die ganze übrige Welt beneiden könnte. Den
Wahrheitsbeweis für feine Behauptung an-
zutreten, dürfte Herrn Aubriot als genauem
Kenner der Verhältnisse Deutschlands nicht
schwer fallen. Wie wir ei fahren, bereitet er
eine Denkschrift vor, in der nachgewiesen wird,
dast sich das deutsche Nationalvermögen durch
die erst kürzlich erfolgte Ausgabe einer neuen
Reihe 50 Mark-Scheine und durch den gut
gehenden Export deut(cher Lokomotiven,Schiffe,
Pferde und Rinder nach dem bisher feind-
lichen Auslande erheblich vermehrt hat. Ferner
wird er nachweijen, dast in Berlin der Preis
für ein Pfund Sch'.eichhandelsbutter von 35
Mark auf 40 Mark gefallen ist. was angesichts
des wenn auch vorübergehenden Steigens der
Mark eine wenn auch geringfügige Besserung
bedeutet. Das Reichswirtsthastsminisierium hat
austerdem zum 1. Juli eine zweite Reinmache-
frau engagiert, — ebenfalls ein Beweis für
die fortschreitende Gefundung der deutschen
Willy Hallftein (München)
„Wos tean ma nacha jetzt - Mararl?”
Genga ma da eini - i moan, dös war der Fülm,
wo s' d' Grobmuatta himacha!”
Wirtschaft. Alles Gerede über Armut, Entbeh-
rung, Not und Elend ift also nur widerwärtige
Heuchelei und Lüge Eine besondere Infamie
liegt in der deutschen Behauptung, dast taufende
von Deutschen noch im letzten Jahre an Unter-
ernährung gestorben seien Herr Aubriot wird
sich anheischig machen nachzuweisen, dast diese
angeblichen Todesopfer in Wirklichkeit nur
scheintot gewesen find und er wird mit kühnem
Griff dem verlogenen Deutschland die Maske
der Armut von der gelundheits[trotzenden,
feiften Visage reisten. Franze aus Berlin
PHILANTROPISCHES: Ein richtig ge-
hender Kommerzienrat ist im Parke (eines
Landhauses beschäftigt, als er von einem seiner
Bekannten besucht wird. Er ist schon über
die Parkmauer hinweg bemerkt worden, und
fo kommt der Besucher gleich an die Arbeits-
stätte. Der Herr ruft voll Erstaunen:
«I „Ist es möglich, Herr Kommerzienrat? Sie
sind selbst dabei, Bäume zu fäl'.en!"
€j „Mir schadet etwas Ausarbeitung nichts, und
dann widerstrebt es mir, armen Arbeitslosen
den Verdienst wegzunehmen?' C. F.G.
DIE FAMLLIENWAGE: Vorm Kurhotel
steht eine Personenwage. Vetter Karl nimmt
daselbst eineWägung seiner Familie vor.Töchter-
chenErna wiegt achtzig, der kleine Hans sechzig
Pfund Zuletzt besteigt mein Vetter selbst die
Plattform und stellt fest, dast er infolge der
Kriegskost fechzig Pfund am Leibesgewicht ein-
gebüstt hat. Der kleine Hans, ist aufs Höchste
bestürzt. „Vater,"stammelt er vernichtet, „wenn
mir nun das passiert wäre." o. W.
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S C H E
$16(1
SCHONEERCER-CAIINEI
13
/ ff
P F
658
Jugend" Bezug zu nehmen