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WALDMÜHLE

HERRMANN PAMPEL

hörte die Stimme des kleinen Zungen plappern. Warum traf sie sich mit dem
Zugendgeliebten? Zugendgeliebten... wie das Wort glühtet Ach, es war
nutzlos, es war sinnlos. Sie wellte das Haar mit dem Kamm. Einmal eine
Stunde von etwas anderem hören, als von diesen gleichen Sorgen, die wie
ein still fließender Dach ihre Lebensmühle trieben.

Ihre Arme waren voll und schön, aber unter dem Kinn lagen Falten, so
tiefe Falten an der Seite des Halses. Ihr Gefühl für den, mit dem sie sich
treffen wollte, war tot, es war vergeblich, es unter der Last der fünfzehn Jahre
hervorzuzerren, aber die Erinnerung an dies Gefühl ging durch ihren Kopf.
„Ich will nur, daß er nicht so maßlos enttäuscht ist," dachte sie, als sie das
Haar von den Schläfen hochbürstete, wie sie es damals getan hatte, als sie
noch täglich eine Stunde Zeit für ihre Frisur hatte.

Sie suchte die Strümps heraus. Es waren noch ein paar gute weiße irgend-
wo, es waren i-.n paar sch! rre seidene weiße, die sie nicht mehr getragen hatte.

weil sie zu einem weißen Kleid gehört hatten und einem grünen Kranz. Sie
kramte fieberhast, sie fand die Strümpfe. Sie hatten ein Loch. Ach ja, richtig!
Sie hatte sie ja zu einem Lall angezogen, als sie zwei Zähre verheiratet waren.
Das war neun Zähre her. Nichtig, neun Zähre. Za, die letzten fünf Zahre,
die hatte man nicht gezählt, und sie waren nun da, diese fünf Zahre, die man
nicht gelebt hatte, die man durchwartet hatte. „Morgen sind sie zu Ende, über-
morgen bestimmt," und inzwischen war irgendwann die Zugend gegangen Die
wartete nicht. Der Zunge wurde elf Zahre...

Sie zog den Niß zusammen. „Zch sollte gehen, wie ich bin, er soll wissen,
daß wir so arm sind. Herrgott, sind wir arm? Hans hat doch eine geachtete
Stellung." Sie klammerte sich daran. „Eine so geachtete Stellung! Es sind
eben Übergangszeiten."

Sie ließ das Bügeleisen über den weißen Nock gleiten. Als sie das Eisen
zum zweiten Mal vom Herd nahm, fiel ihr ein, „die Gasrechnung! Gott, in
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Hermann Pampel: Waldmühle
 
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