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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 26.1921, Band 1-2 (Nr. 1-31)

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https://doi.org/10.11588/diglit.3911#0030
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Ein Rückblick

Oie Deutschamerikaner haben trotz eigener wirtschaftlicher und
politischer Schwierigkeiten Im Jahre 1Y2O eine gewaltige Anzahl
erfolgreicher Organisationen der .Heimathilfe" geschaffen.

Ich singe nicht vom Bruderzwist der Klassen,
Der dieses Jahr so dick zum Himmel stank.
Ich singe nicht von all dem wilden Hassen,

— Ich sing der Bruderliebe Lob und Dank.

Den Brüdern gilt es überm großen Teiche
Benebst der lieben Schwestern wackrer Schar,
Dem deutschen Herzen, das im 7)ankeereiche
Der armen Heimat treu geblieben war.

Ob in der Wolkenkratzer Riesenschatten,

Ob in des Urwalds fernster Blockhausfarm,
Wo Deutsche sich gesellt zu Deutschen hatten.
Da schlug es hilfsbereit und liebewarm.

Ob Werkgenossen oder Bibelfreunde,

Ein heißer Sammeleifer tat sich kund.

In edlem Wettstreit mit der pfarrgemeindc
Warb Schützcngilde, Turn- und Sängerbund.

Ja selbst der Skattisch und der Klub der Kegler
Verzichtete auf klingenden Gewinn, —

Und so fuhr mancher Dampfer, mancher Segler
Mit reicher Gabenlast zur Heimat hin.

Und mit der Last an Kleidern und an Nahrung
Da flogs heran auf stolzbcschwingtcm Kiel
Wie eine hoffnungsvolle Offenbarung
Bon einigdcuischem Nationalgefühl!

O seid bedankt für Eure Doppelspende,

(Die Euch Herr Wilson nicht zu leicht gemacht!)
Bon Herzen seien Euch zur Jahreswende
Die besten Segenswünsche dargcbracht!

Und was die Einigkeit betrifft, die volle,
Versprechen wir uns redlich zu bemühn,-
Vielleicht gelingts, auch auf der Heimatfcholle
Nach Eurem Muster sowas großzuzichn!

3. A. SowaS

*

Der Erfinder der Erbswurst f

von emc alve Frankforder

Ich bin kaa Iuwiläumsdichler,
der wie verrickt sei Leier roppt.

Wann erjendwelche Bleichgesichter
E halb Jahrhundert vollgcschdoppt.

Mei Pegasus dhut sich geniere.

Setz ich em so ebbes in Kopp —

Doch kimmt die Rcdd uff's Schnawwuliere,
dann hippt er Schottisch unn Galopp.

So dhu ich heut an em bemerke:

die Erbsworscht is em garnet worscht,

An dir, 0 Alexander Schörke,

Siill ich heut mein poet'sche Dorscht.
denn dei Erfinnung war e Sege

Im Siebzger Krieg, des sag' ich glatt,
For Fillung der Soldatenmäge

Verdienst auch Du dei Lorbeerblatt!

Zu Dank is Deutschland derr verpflichtet,
Drum sek derr das Gedicht beschert!

(Es wcrd so mancher Mann bedichtet,

Der net emal e Worschlhaut wert.)

Ruh sanft! Ich winsch's aus voller Seele,
Unn wann emal — des könnt ja sei' —
Dhut im Olymp der Nektar fehle,

dann flehr die Erbsworscht drowwe eil

Die Maulkorbnote der Entente

Sie paßten Euch nicht, die Reden
Aus unsrer Minister Mund?

Ihr schickt einen Maulkorb für jeden,

Als fei er ein kläffender Hund?

Ihr pocht auf künftige Schranken?

Was war's denn, was man verbrach?

Ach ja: man vergaß. Euch zu danken

— Fi donc! — für die,Schwarze Schmach'!

Es haben die schmählichen Sünder
Euch nicht die Knice umfaßt

Voll Lobs, daß Ihr unsre Kinder
Hohnlachcnd verhungern laßt!

Sic sangen mit keiner Zeile
Euch jauchzend ein Huldigungslicd
Für all' Eure Schandurteile,

Gefällt im besetzten Gebiet!

Ja, ja, das müßt Ihr befehden,

Begreiflich scheint Euer Gram —

Mir freilich waren die Reden
Noch viel zu leise und zahm.

Wir haben Grund, Euch zu hassen!

Frei ist die Rede, nicht feil!

Und wenn Euch die Münder nicht passen.
Beguckt Euch das Gegenteil!

B i in

*

Schutz-Zoll-Erlas;

Einem bekannten Münchner Verlag wurden am Zollamt elne
ganze Relhe von ordnungsgemäß ve zo lten und ausfubrfertigen
Büchern durch den Zollbeamten aus der K'ste genommen und
zum S'aatSanwalt geschickt. Grund: Es würde dadurch das A n -
sehn der deutschen Kultur lm Auslande beelnträchtsgl.

„Dem Zollbeamten Michel Kuhfuß eignet
infolge Grünhcit seiner Uniform
und Schwärze seiner Bartwichs ganz enorm
Die Kenntnis dessen, was „Kultur" bezeichnet.

Er hat daher beim Stcmpelmarkcn-Leckcn
und während sein geübtes Auge rollt
über alle Kisten, ob sie recht verzollt,

— auch auf Kultur dies Rollen zu erstrecken.

Und nimmt, vermöge seiner Eigenschaften,
derselbe wahr, daß sie geschädigt ist
durch sogenannten „dichterischen" Mist,
so hat er diesen sofort zu verhaften,

und ihn dem Staatanwalte kurzerhand
gebunden einzuliefern, nebst Berichte.

Das weitere verfügen die Gerichte.

Kuh fuß ist zum K u l t u r sch u tz in a n n ernannt."

A. D. 31.

*

Neujahrsspruch

Ein Jahr ist kurz, ein Jahr ist lang,
Ist voller Lu st und Überschwang,
Voll Langeweil und Weh.

Wir kleben seufzend an der Zeit
Und sausen doch mit Sphären klang
Von E 'eit zu Ewigkeit
W' ; r . d Sand und See . . .

^ ethge

Noten

Zcttungsnachrlcht: Dle drei Großmächte haben an Griechenland
eine Note gesandt, weil es trotz einer Note 3 Millionen Noten
ausgegeben hatte.

An dem Kopf die beiden Pfoten

Stierst du in den Tagesbotcn:

Noten, Noten, nichts als Noten!

Wer entwirrt mir diesen Knoten?

Sind es solche, die den Banken

Wir von Zeit zu Zeit verdanken.
Wenn wir an dem harten, blanken

Gold- und Silbermangel kranken?

Oder aber sind gewest es

Solche flammenden Protestes
Gegen irgend was Erpreßtes?

Weiß da jemand etwas Festes?

— Werd' nicht ganz zum Idioten!

Leg ihn weg, den Tagesboten
Mit den Nolenanekdoten,

Geh und laß davon die Pfoten!

Laß von diesen Steckenpferden!

Merk' dir ohne Kopfbcschwerden:
Noten sind dazu auf Erden,

Daß sic wo — gewechselt werden!

Gelja

*

Sin 0 wjcvcxpressi 0 nismus

Apfelbaum hat eine russische Broschüre
„ZwölfTage in Deutschland" erscheinen lassen,
worin er sich bei der Charakterisierung sämtlicher
rechtsunabhängiger partcibonzen als hochtalen-
tierten Porträtexpressionlsten von staunenswert
primitivem Schmiß entpuppte. So heißt esz. B.:
„Crispien: In Halle haben wir nicht den
scheinheiligen Crispien gesehen, sondern den Cri-
spien, der sich mit Händen, Füßen und Zähnen
an die Macht klammert und der keine Nieder-
trächtigkeit scheut, um diese Macht zu behalten.
Von Scheidemann unterscheidet sich Crispien
nur dadurch, daß jener blond und dieser dunkel-
blond ist."

Apfelbaums Stil, einiger kleinen, anfänger-
haften Weitschweifigkeiten entkleidet, würde sich
zweifelsohne zur Anlage einer internationalen
Galerie berühmter Zeitgenossen vorzüglich
eignen.

So vielleicht: Wilson: Unterscheidet sich
von Judas nur dadurch, daß dieser rothaarig,
jener farblos ist.

Lloyd George: Unterscheidet sich von Na-
poleon I. nur dadurch, daß dieser einen weiten
Magen, jener lange Finger hat.

Erzbergcr: Unterscheidet sich von Raver
Gschaftlhuber nur dadurch, daß dieser eine gut-
mütige Nase, jener eine freche Stirn hat.

Hölz: Unterscheidet sich von Göh von Ver-
lichingcn nur dadurch, daß dieser das Reichs-
kammcr-Gericht meint, jener den sächsischen
Staatsanwalt.

Sinowjew: Unterscheidet sich von einem
andern Apfelbaum nur dadurch, daß dieser mit
Rosmarinäpfeln um sich wirft, jener nur mit
gemeinen Roßäpfeln, u. s. w. z. A. ©»»«<
Register
J. A. Sowas: Sinowjevexpressionismus
A. D. N.: Schutz-Zoll-Erlaß
J. A. Sowas: Ein Rückblick
Hans Bethge: Neujahrsspruch
Bim: Die Maulkorbnote der Entente
Der alde Frankforder: Der Erfinder der Erbswurst †
Gelja: Noten
 
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