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was soll denn schließlich heutzutage siegen, wenn nicht Machenschaft und
Spürsinn? Das ist doch selbstverständlich, deshalb braucht man doch
kein Papier zu verschwenden, wo das Zigarettenpapicr täglich ohnehin
unerschwinglicher wird.

„Schwerenöter folgte in respektvollem Abstande", — ei, seht mir doch
diesen Schwerenöter!

„Rund um Belzig." Und wenn es rund um Dalldorf ginge oder rund
um den Großglockner oder rund um Werlheim oder rund um die Be-
dürfnisanstalt am Potsdamer Platz! Wieso Belzig? Warum ausge-
rechnet Belzig?

„Die Karlsbader Sechstagesieger in Amerika." Und wenn es statt
der Karlsbader Sechstagesieger die Sechstagekarlsbadersalzeinnehmer
wären, die sich in Amerika produzierten! Was liegt denn daran? Und
wen geht das etwas an?

„Handballmcisterschaft der deutschen Turnerschaft" oder Handturner,
schast der deutschen Ballmeifterschast oder Turnmeisterschaft der deutschen
Handballschaft — wer soll sich da auskennen! Es ist zum Verzweifeln.

Da — endlich, ein Lichtblick: „Iungfernrennen!" Aha, man horcht
auf! Wie hübsch das aussehen muß, ein Iungfernrennen! (WaS für
ein Kollegium wohl über die Zulaffung entscheiden mag?) Ein ent-
zückender Gedanke, ganz geeignet, alle verschüttete gute Laune wieder

hervorzuzaubern. Ein Iungfernrennen! Und die Marmorstatue der
spartanischen Weltläuferin im Vatikan fällt einem ein, in dem kurzen
Hemdche», das die rechte Schulter und Brust frei läßt, und der Bericht
deS Pausanias von dem Mädchenwettlauf in Olympia. Aber dann merkt
man's, ein Leim ist es, keine Spur von Jungfern, Pferde sind es, lauter
ganz kommune Pferde, und wahrscheinlich Wallache noch obendrein!
Freilich, da ist eS denn keine Kunst, ein Iungfernrennen zu veranstalten.

„Kammersänger brachte seinen Anhängern mehr als dreißigfaches
Geld." Nun, wenn schon, ich bin nicht sein Anhänger, ich bin überhaupt
kein Anhänger, da müßte ich doch sehr bitten, und am wenigsten ein
Anhänger von Kammersängern! Wenn ich überhaupt ein Anhänger bin,
so höchstens ein Anhänger des Kong-fu-tse oder der Prohibitions-
bekämpfung. Übrigens weiß ich bestimmt, daß dieser lächerliche Kammer-
sänger seinen Anhängern nicht das geringste gebracht hätte, wenn ich
zu ihnen gehörte.

Weiter lese ich, daß sich SauluS im Platanen-Iagdrennen unter all-
gemeinem Hallo ein walk over geleistet hat. Schön, soll er doch. Warum
erzählt man mir das? Stiehlt mir den Platz in der Zeitung, auf den
ich schließlich auch Anspruch habe, und auf dem das stehen könnte, was
mich interessiert. Zum Beispiel die Verlobung zweier Ruhrkinder in
Österreich (warum wird davon nicht ausführlicher berichtet?). Oder daß

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Hans Lasser: In der Wanne
 
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