A. Fiebiger
Dementi
Es ist nicht richtig, daß, während der
vom englischen LuftschifsahrtSministerium,
obwohl ein französisches Syndikat den Er-
finder trotz seiner gegenteiligen Behauptung
bereits zur Herausgabe verpflichtet haben
will, zwar durch amtlichen Augenschein ge-
prüfte aber nur unter Vorbehalt einer gegen
Bezahlung von 1000 Pfund Sterling zu
gewährenden I4tägigen Bedenkzeit zum An-
kauf in Aussicht genommene Todesstrahl, in
beliebiger Richtung losgelaffen, innerhalb
eines Umkreises von beliebig vielen engli-
schen oder französischen Meilen alles über
und unter dem Waffer Befindliche als vom
Erdboden verschwunden erscheinen laffen
wird, ein anderer Engländer schon vor hun-
dert Jahren einen bedeutend verbefferten
Todesstrahl ohne Erfolg angeboren hat, der,
in doppelt so viel beliebigen Richtungen
losgelaffen, in einem zehnmal so beliebigen
Umkreis alles bisher Dagewesene so weit
verschwinden läßt, daß aus den unabsehbar-
sten Ebenen nicht die geringste Bergspitze
mehr herausschauen wird.
Richtig ist, daß niemand weiß, ob bei
der Geschichte überhaupt noch das Geringste
herauöschauen wird.
Wege zur Würde
Bei Eröffnung des Deutschen Reichstags
haben die Kommunisten zur Begrüßung von
Kollegen anderer Parteien sinnige Gaben
auf den Tisch des Hauses niedergelegt, so
einen blutigen Blumenstrauß für Auer, eine
blaue Brille für Ludendorfs, einen verdorr-
ten Handschuh für Scheidemann. Mit dieser
vornehmen Art von Blumensprache hat die
K. P. D. gezeigt, daß sie den Parlamen-
tarismus nicht bekämpfen, sondern im Ge-
genteil veredeln will. Im Vergleich zum bis-
herigen Modus könnte es sowohl die Schön-
heit als auch die Würde des Hauses nur
heben, wenn jeder Abgeordnete z. B. die
notwendigen Verbalinjurien durch täglich zu
verlosende Liebesgaben andeuten wollte, die
er — unter Einschaltung einer Atempause
— auf den Präsidententisch legt oder, bei
größerer Entfernung auch schmeißt. Will er
jemand einen Lumpen nennen, so genügt
jeder alte abgenützte Stoff; feiges Luder
läßt sich durch eine Hand voll Eschenlaub,
„infamer Betrüger" durch einen gefälschten
Fünfzigmilliardenschein diskret symbolisieren.
Die sonst schwer zu gebenden Tiernamen,
wie Kamel, Hornochse, Schweinehund,
Mondkalb, könnten durch kleine Wachsnach-
bildungen ersetzt werden, die in einerVerkaufS-
bude vor dem Reichstag billig feilzubieten
wären. Ausnahmen gäbe eS nur bei Zurufen,
die den gesamten Reichstag intereffieren. So
soll es z. B. der Ruth Fischer gestattet blei-
ben, täglich ein wirkliches Affentheater zu
bietem Getja
Walzbrüder
„Der Seume würde heute Oogen machen:
500 bare Märker for die Erlaubnis zu '»
lumpigen Spazierjang nach Syrakus!"
*
Randbemerkung
Ein amerikanischer Ingenieur hat eine Ma-
schine entworfen, die dem menschlichen Körper
nachgebildet ist und deren Bewegungen aus
der Ferne durch Radio-Übertragung gelenkt
werden. Sie soll zunächst zu Polizeizwecken ver-
wendbar sein und z. B. durch Borwärtsmar-
schieren und Dreinschlagen mit Knütteln Men-
schenansammlungen zerstreuen können.
Ein Kerl also aus maffivem Guß,
Kein glaszerbrechlicher Homunkulus,
Kein kleiner dösiger Retortenzwitter,
- Ein Eisenmann, der dreinfährt wie's
Gewitter!
Unendlich gern, wird jeder sagen können,
Ist unsrer Schupo solch Ersatz zu gönnen:
Der Wachtmann tippt in einer Nebengassen
Und braucht sich nicht mehr selbst derblecken
laffen!
Allein — gebührt dem ersten Musterstück
Kein höh'rer Posten in der Republik?
Wie oft ist doch der bange Schrei erbraust:
Wo bleibt der Mann mit starker Eisenfaust?
Warum bestellt man nicht das Fabrikat
Fürs nächste Mal als Kanzlerkandidat?
— Politisch ist da weiter nichts dabei:
Der Druckknopf bleibt am Sitze der Partei!
Kärtchen
Belauschtes
„Also, daß wir zu einem Geschäft kom-
men: geben Se mir den K, dann geb ich
Ihnen den A!"
„Was fällt Ihnen ein? Wie komm ich
dazu, Ihnen den K zu geben? Den I sollen
Se meinetwegen haben, aber den K?? Nicht
zu machen!"
„Also schön, werd ich auf den K verzich-
ten! Aber Se müssen mir wenigstens den I
überlassen!"
„Meinen Se, ich bin verrückt? Den I?
Wollen Sc meinen Ruin? Jetzt sag ich
Ihnen mein letztes Wort: Ich nehm den A,
und Sie begnügen sich mit dem V!"
„Gewalt!! Was tu ich mit dem V? Nein,
das ist kein reeller Handel mehr! Also pas-
sen Se aus: Sie kriegen den A, und ich
nehm mir dafür den — — —
... Spielt diese Szene auf dem Pferde-
markt, und sind die Buchstaben teure Rösser?
— Keine Spur! A bedeutet Ministerium
des Auswärtigen, I Ministerium des In-
neren, K Kultusministerium, V Verkehrs-
ministerium, und die ganze Szene bedeutet:
Die Parteien bilden eine neue Regierung.
Neuer Zwischenfall
Berliner Kriminalbeamte verhafteten im
Lunapark einen Taschendieb, welcher sich bei
der Vernehmung als der wegen Hochverrats
gesuchte Kommunistenführer Maslow, ge-
borener Tschemerinsky aus Rußland erwies.
Sinowjew soll bereits eine Protestnote
betreiben, worin die Sowjctregierung für
alle Taschendiebe in Deutschland grundsätz-
lich den Schutz der Exterritorialität fordert.
Gleichzeitig dringt die K. P. D. auf schleu-
nigste Beseitigung jeder „Warnung vor
Taschendieben", da sie darin nichts anderes
erblicken zu können glaubt als die öffentliche
Beleidigung einer befreundeten Macht.
„ I. A. S,
Der Mitarbeiter
Arno Vögtlin schrieb kleine Geschichten
für große Blätter.
Seinem Freunde Guido Bachmayr im-
ponierte er sehr mit dem Geschichtenschreibe»;
doch dieser wagte nicht, den jungen Dichter
nach seinen Erfolgen zu fragen. Bis eines
Tages das Gespräch auf ein führendes Blatt
kam.
„Kennst du das Blatt näher?" fragte
hintenherum Guido Bachmayr.
„Ja, gewiß - sehr gut..."
„Bist du etwa Mitarbeiter?!"
„Hin und wieder!"
„Was du nicht sagst?! Bei diesem gro-
ßen Blatt?"
Arno Vögtlin machte sein bekümmertes
Gesicht und druckste eine Weile, dann rückte
er heraus:
„Ja... hin und wieder! - Ich schicke
meine Geschichten hin, und die Leute schicken
sie mir wieder!" Karl Lütge
Dementi
Es ist nicht richtig, daß, während der
vom englischen LuftschifsahrtSministerium,
obwohl ein französisches Syndikat den Er-
finder trotz seiner gegenteiligen Behauptung
bereits zur Herausgabe verpflichtet haben
will, zwar durch amtlichen Augenschein ge-
prüfte aber nur unter Vorbehalt einer gegen
Bezahlung von 1000 Pfund Sterling zu
gewährenden I4tägigen Bedenkzeit zum An-
kauf in Aussicht genommene Todesstrahl, in
beliebiger Richtung losgelaffen, innerhalb
eines Umkreises von beliebig vielen engli-
schen oder französischen Meilen alles über
und unter dem Waffer Befindliche als vom
Erdboden verschwunden erscheinen laffen
wird, ein anderer Engländer schon vor hun-
dert Jahren einen bedeutend verbefferten
Todesstrahl ohne Erfolg angeboren hat, der,
in doppelt so viel beliebigen Richtungen
losgelaffen, in einem zehnmal so beliebigen
Umkreis alles bisher Dagewesene so weit
verschwinden läßt, daß aus den unabsehbar-
sten Ebenen nicht die geringste Bergspitze
mehr herausschauen wird.
Richtig ist, daß niemand weiß, ob bei
der Geschichte überhaupt noch das Geringste
herauöschauen wird.
Wege zur Würde
Bei Eröffnung des Deutschen Reichstags
haben die Kommunisten zur Begrüßung von
Kollegen anderer Parteien sinnige Gaben
auf den Tisch des Hauses niedergelegt, so
einen blutigen Blumenstrauß für Auer, eine
blaue Brille für Ludendorfs, einen verdorr-
ten Handschuh für Scheidemann. Mit dieser
vornehmen Art von Blumensprache hat die
K. P. D. gezeigt, daß sie den Parlamen-
tarismus nicht bekämpfen, sondern im Ge-
genteil veredeln will. Im Vergleich zum bis-
herigen Modus könnte es sowohl die Schön-
heit als auch die Würde des Hauses nur
heben, wenn jeder Abgeordnete z. B. die
notwendigen Verbalinjurien durch täglich zu
verlosende Liebesgaben andeuten wollte, die
er — unter Einschaltung einer Atempause
— auf den Präsidententisch legt oder, bei
größerer Entfernung auch schmeißt. Will er
jemand einen Lumpen nennen, so genügt
jeder alte abgenützte Stoff; feiges Luder
läßt sich durch eine Hand voll Eschenlaub,
„infamer Betrüger" durch einen gefälschten
Fünfzigmilliardenschein diskret symbolisieren.
Die sonst schwer zu gebenden Tiernamen,
wie Kamel, Hornochse, Schweinehund,
Mondkalb, könnten durch kleine Wachsnach-
bildungen ersetzt werden, die in einerVerkaufS-
bude vor dem Reichstag billig feilzubieten
wären. Ausnahmen gäbe eS nur bei Zurufen,
die den gesamten Reichstag intereffieren. So
soll es z. B. der Ruth Fischer gestattet blei-
ben, täglich ein wirkliches Affentheater zu
bietem Getja
Walzbrüder
„Der Seume würde heute Oogen machen:
500 bare Märker for die Erlaubnis zu '»
lumpigen Spazierjang nach Syrakus!"
*
Randbemerkung
Ein amerikanischer Ingenieur hat eine Ma-
schine entworfen, die dem menschlichen Körper
nachgebildet ist und deren Bewegungen aus
der Ferne durch Radio-Übertragung gelenkt
werden. Sie soll zunächst zu Polizeizwecken ver-
wendbar sein und z. B. durch Borwärtsmar-
schieren und Dreinschlagen mit Knütteln Men-
schenansammlungen zerstreuen können.
Ein Kerl also aus maffivem Guß,
Kein glaszerbrechlicher Homunkulus,
Kein kleiner dösiger Retortenzwitter,
- Ein Eisenmann, der dreinfährt wie's
Gewitter!
Unendlich gern, wird jeder sagen können,
Ist unsrer Schupo solch Ersatz zu gönnen:
Der Wachtmann tippt in einer Nebengassen
Und braucht sich nicht mehr selbst derblecken
laffen!
Allein — gebührt dem ersten Musterstück
Kein höh'rer Posten in der Republik?
Wie oft ist doch der bange Schrei erbraust:
Wo bleibt der Mann mit starker Eisenfaust?
Warum bestellt man nicht das Fabrikat
Fürs nächste Mal als Kanzlerkandidat?
— Politisch ist da weiter nichts dabei:
Der Druckknopf bleibt am Sitze der Partei!
Kärtchen
Belauschtes
„Also, daß wir zu einem Geschäft kom-
men: geben Se mir den K, dann geb ich
Ihnen den A!"
„Was fällt Ihnen ein? Wie komm ich
dazu, Ihnen den K zu geben? Den I sollen
Se meinetwegen haben, aber den K?? Nicht
zu machen!"
„Also schön, werd ich auf den K verzich-
ten! Aber Se müssen mir wenigstens den I
überlassen!"
„Meinen Se, ich bin verrückt? Den I?
Wollen Sc meinen Ruin? Jetzt sag ich
Ihnen mein letztes Wort: Ich nehm den A,
und Sie begnügen sich mit dem V!"
„Gewalt!! Was tu ich mit dem V? Nein,
das ist kein reeller Handel mehr! Also pas-
sen Se aus: Sie kriegen den A, und ich
nehm mir dafür den — — —
... Spielt diese Szene auf dem Pferde-
markt, und sind die Buchstaben teure Rösser?
— Keine Spur! A bedeutet Ministerium
des Auswärtigen, I Ministerium des In-
neren, K Kultusministerium, V Verkehrs-
ministerium, und die ganze Szene bedeutet:
Die Parteien bilden eine neue Regierung.
Neuer Zwischenfall
Berliner Kriminalbeamte verhafteten im
Lunapark einen Taschendieb, welcher sich bei
der Vernehmung als der wegen Hochverrats
gesuchte Kommunistenführer Maslow, ge-
borener Tschemerinsky aus Rußland erwies.
Sinowjew soll bereits eine Protestnote
betreiben, worin die Sowjctregierung für
alle Taschendiebe in Deutschland grundsätz-
lich den Schutz der Exterritorialität fordert.
Gleichzeitig dringt die K. P. D. auf schleu-
nigste Beseitigung jeder „Warnung vor
Taschendieben", da sie darin nichts anderes
erblicken zu können glaubt als die öffentliche
Beleidigung einer befreundeten Macht.
„ I. A. S,
Der Mitarbeiter
Arno Vögtlin schrieb kleine Geschichten
für große Blätter.
Seinem Freunde Guido Bachmayr im-
ponierte er sehr mit dem Geschichtenschreibe»;
doch dieser wagte nicht, den jungen Dichter
nach seinen Erfolgen zu fragen. Bis eines
Tages das Gespräch auf ein führendes Blatt
kam.
„Kennst du das Blatt näher?" fragte
hintenherum Guido Bachmayr.
„Ja, gewiß - sehr gut..."
„Bist du etwa Mitarbeiter?!"
„Hin und wieder!"
„Was du nicht sagst?! Bei diesem gro-
ßen Blatt?"
Arno Vögtlin machte sein bekümmertes
Gesicht und druckste eine Weile, dann rückte
er heraus:
„Ja... hin und wieder! - Ich schicke
meine Geschichten hin, und die Leute schicken
sie mir wieder!" Karl Lütge