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Aus dem A. A.

Nicht lange nach der Revolution, die den
Aufstieg der Tüchtigen ermöglichen sollte,
meldete sich im Auswärtigen Amt ein Mann
von gutem Äußern, mit dem Anliegen, ihn
in den auswärtigen Dienst des Deutschen
Reiches aufzunehmen. Er stand dem Perso-
nal-Referenten Rede und Antwort. Als er
darauf hingewiesen wurde, daß nur solche
Personen Aussicht auf Annahme hätten, die
es verständen, sich schnell in jede Lebenslage
zu finden und in unvorhergesehenen Situa-
tionen sofortige Entschlüsse zu fassen, gab er
zu verstehen, daß ihm diese Gabe ganz be-
sonders liege. Er könne das auch mit einem
treffenden Beispiel belegen. Und er erzählte
also: „Ich bin hier in Berlin im Hotel ab-
geftiegen. Als ich gestern abend, etwa um
12 Uhr, in mein Zimmer zurückkehrte und das
elektrische Licht anknipse, erhebt sich aus
meinem Bette eine entzückende, junge, völlig
unbekleidete Frau mit aufgelöstem Haar und
streckt mit bedeutungsvollem Blick mir die
Arme entgegen. Ich habe höchstens zwei
Sekunden betroffen dagestanden, habe sodann
sofort Kehrt gemacht, das Licht ausgedreht,
das Zimmer verlassen und mir ein anderes
geben lassen..." Kurzes Schweigen des
Vortragenden Rats. Darauf die bedeutungs-
volle Antwort: „Ja, ich werde mich für
Ihre Aufnahme verwenden. Sie können in
der Abteilung U Unterkommen; dort werden
die .Referate für verpaßte Gelegenheiten
bearbeitet!"

San ma lustig!

Zu Prinz Fasching spricht mit Schnauben
Die gestrenge Polizei:

„Düsmal wüll ich dich erlauben,

Aber seu mür nücht zu frei!

Erstens, zweitens ist verboten ...

Drittens ist dir nicht erlaubt...

Sonst verhau ich dir die Pfoten!

Viertens, fünftens überhaupt...

Sechstens muß ich untersagen...

Siebtens duld' ich keinesfalls...

Achtens darfst du ja nicht wagen ...
Sowohl neuntens, zehntens als ..."

Hei, wie jauchz aus voller Brust ich!

Hei, wie strahlt mein Augenlicht:

Kinder, Kinder, san ma lustig
Unter Polizeiaufsicht!

Karlchen

Amtliches

Meinem jungverheirateten Freunde Reu-
nagel war an einem Sonntag, während er
mit seiner Frau auf der Rax herumkraxelte,
die Wohnung ausgeraubt worden. Auf seine
Anzeige erhielt er jetzt von der Polizei fol-
gende Antwort:

„Die Erhebungen sind bisher resultatlos
verlaufen und werden indiesemSinne
fortgesetzt." Murmeltier

Melancholischer Gang

Und wenn ich abends durch die Straßen geh',
Indes der Wind mich in den Nacken stößt,
Was ist's, das ich an allen Planken feh'?
Die Wahlplakate, die noch nicht verwest.

Sie schrie'n so laut, und sind jetzt kläglich
stumm!

Was lodernd sprang, wie traurig eö jetzt
hinkt!

Was patentierte Weisheit schien, wie dumm!
Sie sind wie Dirnen, die sich abgeschminkt!

O Lügenkram! O eitler Hetzerwahn!

Ich halt' die Nase zu im Weitergeh'n:

Der Stunk hat seine Schuldigkeit getan,
Er mag verweh'n ... !

Karlchen

Willi. Heizer

Star-Gagen

„Mich kann sich kein irdischer Direktor
mehr leisten. Hoffentlich geht im Frühjahr
der erste Zug nach dem Mars."

Nie wieder Frieden!

Das Nobel-Komitee hat beschlossen, den
Friedenspreis für 1924 nicht zu verteilen und
den Betrag vorläufig für nächstesJahr
zurückzulegen.

Das Nobel-Komitee scheint noch nicht zu
wissen, daß künftig überhaupt kein Mensch
mehr den Frieden weiterfördern kann,
da er ja durch die Garantie des Völkerbun-
des bereits st a b i l i s i e r t ist — daß also
die zurückgelegten Summen mit Zins und
Zinseszins zu einem Mammutkapital an-
wachsen werden, gegen daö die deutsche Re-
parationsschuld zum Taschengeld eines Wai-
senknaben zusammenschrumpfen wird.

Da nun aber der amtlich stabilisierte
Frieden verabredetermaßen Kriege nicht auS-
schließt, sollen radikal-pazifistische Kreise schon
auf den Gedanken gekommen sein, die sofor-
tige Umwandlung des Friedensprei-
se S in einen Kriegspreis anzuregen,
der unter der Parole „Nie wieder Frieden!"
erworben werden können soll. In der stillen
Voraussetzung, daß dieser Kriegspreis eine
ähnliche praktische Wirkung Hervorbringen
wird wie in den letzten Jahrzehnten der
Friedenspreis, sieht man in ihm daS äußerste
Mittel, trotz des Völkerbundes,
den Krieg zu vermeiden.

I. A. Sowas

Ein neuer Völkerbundskompromiß

Wenn sich neidisch um die Beute
Diebe oder Räuber reißen
Und sich, kläffend wie die Meute,

Um die besten Brocken beißen,

Nennt man das nach heut'gem Jus
Einen Völkerbundsbeschluß.

Wenn sie um die fettsten Bissen
Gierig feilschend, schrei'n und fluchen
Und einander sich gerissen
über's Ohr zu hauen suchen,

Spricht man heute ganz gewiß
Gleich von einem Kompromiß.

Wird nach langen Wehen endlich
Solch' ein Kompromiß geboren
Und dabei wie selbstverständlich
Nur das deutsche Schaf geschoren,
Bucht man das in der Rubrik
„Weltversöhnungspolitik".

Und wird die Bilanz gezogen,

Bist du wieder der Blamierte,

Deutscher Michel, neu betrogen
Als der einzig Angeschmierte,

Denn am Schluß von jedem Kuh-
handel steht ein — Ochse: Du!

Kiki

Der Mops

Die dreijährige Jngeborg hat auf der
Straße einen Hund gesehen. Sie gab sich
redlich Mühe uns die Größe und Rasse des
vierbeinigen Tieres zu erklären. „Wie sah er
denn aus, Kind?" fragte ich ... „O, Vatti,
soone dicke Schnauze mit Hund dran!"^Iobn

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Index
KiKi.: Ein neuer Völkerbundskompromiß
[nicht signierter Beitrag]: Der Mops
J. A. Sowas: Nie wieder Frieden!
Karlchen: Melancholischer Gang
[nicht signierter Beitrag]: Aus dem A. A.
Wilhelm Heizer: Star-Gagen
Murmeltier: Amtliches
 
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