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30. JAHRGANG

1925 ✓ NR. 3

DER KATEGORISCHE IMPERATIV

VON THEODOR LESSING

Wenn ich NUN bald gestorben sein werde, dann werden viele
Leute sagen: „Er war ein großer Hochstapler, ein Gauner, eine un-
verbesserliche Betrügernatur." Aber Ihr, die Ihr mein Herz gekannt
habt, werdet wissen, eS brannte in diesem Herzen der kategorische
Imperativ, jener berühmte Imperativ der deutschen Sittlichkeit:
„Handle nach der Maxime, von welcher du wollen kannst, daß sie zu
einer Gesetzgebung für alle taugen möge." Die Tränen quellen mir
in die Augen, wenn ich an jene Stunde der Erweckung denke — es
war in Jena, im philosophischen Seminar des edlen alten Eucken
— wo mir zum ersten Male die ganze Tiefe unseres germanischen
Sittlichkeitsbewußtsein sonnenhaft aufging. „Nicht Dein Tun ent-

scheidet", rief der edle alte Eucken und sein schöner Bart wallte wie
das weiße Morgenwölkchen vor der Sonne, nein! es gibt nichts was
wahrhaft sittlich wäre als einzig der wahrhaft reine Wille. Darum
sagte unser lieber Doktor Martinus: „Nicht mein Werk, mein
Glaube macht mich selig!" und dann sprach der edle Alte vom
heiligen KrispinuS, welcher den Reichen das Leder stahl, um Schuhe
daraus zu machen für die Armen.

Da gefchahs! Da trat in mich die himmlische Erweckung. Ich
beschloß von Stund an: „So sollst Du leben". Fichte und Kant wur-
den meine Götter. Aber noch eine andere Wahrheit begriff ich, die
der edle alte Eucken folgendermaßen formulierte: „Man kann jede

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Hugo Kunz

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Index
Hugo Kunz: Arkadische Phantasie
Theodor Lessing: Der kategorische Impreativ
 
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