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Tauwind

Aus Kampf und Sehnsucht ward der Wind geboren,
Wo hinter Bergen, weit, die Ferne blaut,

Den Bächen, die noch unterm Eise wohnen,

Hat er so warm bis in das Herz geschaut.

Es taut, es taut,

Und hilflos ist ihm aller Schnee verloren.

Den starren Bäumen fährt er in die Kronen,

Nach seinen Blutenknospen weint er laut,

Nach seinen Veilchen, seinen Anemonen,

Und weiche Weidenkätzchen will er auch.

Am Ende wird sogar der Schlehenstrauch,

Der dornige, den Trotzigen verstehen;

Ergeben wird er sich dem heißen Flehen
Und weiß in Blüten stehen, wie eine Braut —

Es taut!

Martha v. Sperling-Manftein

M arzabend

Der Abend streicht herauf, um alles auszuwischen,
Was erst der Märztag glühen ließ in dieser
bangen Welt.

Ich stehe schon so lange in den Schlehdornbüschen.

Die Saat riecht kühl, und dünnes Mondlicht
ist dazwischen.

Ein Hase hoppelt leise übers Feld.

Und oben durch den großen Äther wehen
Vom Monde her und blaß die Wolkenflocken.

Ich gehe langsam meinen Weg und fühle so im Gehen,
Wie nun die Säfte und die Pulse müde sind
und stocken,

Und wie die Weiden schwer am Hügel stehen —

Und atme kaum und gehe auf den Zehen,

Und manchmal weint es innen in den Schlehen,

Als hätte sich ein Vögelchen im Schlaf erschrocken.

Manfred Hausmann

Winter auf dem Haöliberg
Register
E. Hodel: Winter auf dem Hasliberg
Martha v. Sperling-Manstein: Tauwind
Manfred Hausmann: Märzabend
 
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