Die Langen vor die Front!
(In Marshfield in Orrigon ist der erste Longsellow-
Club'gegründet worden, dem nur Männer über 1,90Me-
tcr angehören dürfen und der es sich znm Zweck gemacht
hat, in Hotels usw. das Recht der Langen durchzusetzen.)
Die Welt ist ein Prokrustesbett
Unüberlegter Normen!
Wer denkt an allzu kurz' und fett',
An allzulange Formen?
Die Langen, sie marschieren vor,
Der Stühle Bein' und Lehnen,
Kabinen, Wannen, Tür und Tor
Zu dehnen, ja, zu dehnen!
Ich bin dabei! Ich mache mit!
Nach Längerm sollst du streben!
Vor allem spreng' ein kräft'ger Tritt
Das allzukurze Leben!
Früchtenicht
Alles Vergängliche
ist nur ein Gleichnis
Vor dem Stephansturm in Wien stehen
zwei und schauen hinauf. Der eine, ein
Fremder, voll mißbilligender Verwunderung,
der andere, ein Wiener, mit alleSverzeihen-
dem Verstehen.
„Warum," begehrt der Fremde auf,
„warum ist jetzt da auf der Spitze ein Hahn
und kein Kreuz, wie sich's für jede bessere
Kirchturmspitze gehört?"
„Ja mei," sagt der Wiener ergebungs-
voll, „bitt schön, döö iS halt a so bei uns:
an der Spitz'n san de Viecher, und dös iS
unser Kreiz."
Randbemerkung
Römische Zeitungsberichte: Gelegentlich des Mus-
solinibesuches hat d'Annunzio u. a. erklärt, daß sein
Stiefelputzer Dante und sein Stallbursche Vergil
heiße, daß er sich von seinen Dienerinnen als Heili-
ger verehren laste und daß er demnächst vom Halbgenie
für das ihn die Italiener hielten, zum Vollgenie em-
porfteigen werde, dnrch eine mystische Abhandlung über
die S ch raub e.
Es brachte also auch die offizielle
Visite Mussolini-Gabriele,
Wie manche andre, trotz des Mordsgeschreies,
Im großen ganzen wirklich nicht viel Neues!
Der Dichter weckte lang schon daö Gefühl,
Daß auch der echte Dante und Vergil,
Erblickten sie ihn bei der Wiederkehr,
Sogleich erklärten: „Ein recht feiner Herr!"
Dann kannten ihn nicht nur die Dienerinnen,
Die ihm fanatische Verehrung spinnen,
Nein auch der Chor der Unparteilichen
Seit lang als sonderbaren Heiligen!
Und was Geheimnis Nummer drei betrifft,
So weiß doch jedermann aus Wort und
Schrift
Und Gabrieleö Gesten, wie ich glaube,
Daß ihm nichts fehlte, als die eine
„Schraube"!
I. A. S.
Neu-Bayerische,,Orden"
„Ich habe eigentlich auf den goldenen
Ehrenring gerechnet," sagte ein mit dem sil-
bernen Ausgezeichneter..
„San's mit dem froh, was haben. Da
kommt ja doch noch ein kupferner und ein
zinnerner und ein hölzerner nach."
Mahlzeit
Es war im Jahre des „Auswanderns"
der Deutschen nach Italien: 1924. Der In-
haber einer besseren Gaststätte Roms tat sich
viel zugute auf seinen „deutschsprechenden"
Ober Namens Angelo Santi. Angelo wollte
es seinen deutschen Gästen so angenehm wie
möglich machen, er sprach leidenschaftlich gern
das Deutsche, gottlob verstand er eö aber
besser. — Ein Hochzeitspaar am Nachbar-
tisch bestellt „Gebratenes Huhn". Angelo
kann wieder nicht umhin zu reden und stellt
den Braten mit dem gewinnendsten Lächeln
von der Welt den armen Deutschen hin:
„Hier habbe Sie gebratene Hund!" A. Leidl
Verlangen Sie eine Probenummer!
„ » JVlif)« ist die » JVlünchener Illustrierte
Presse«, die fesselndste illustrierte Zei-
tung, die ich kenne. Schade, daß Du
nicht lesen kannst!“
Bergheil!
(In der Georg Queri-Weis)
Also, meine Herrn, indem daß eö nicht
ausgmacht iS,
Ob oana, wann'r auf an Berg aufikraxelt,
Si bloß dö Pratzn dakratzt und effenduell
das Gefrieß,
Oder ob er ebber vielleicht gar das verehrte
Genick daschnakselt,
Worauf er hin iS — mit Valaub zum
sog'n ...
Also, folgedessen taat' ma bitt'n: Vorher
zahl'n!
Nacha kinna S' eahna, wia S' mögn,
dafalln! .
Hat ma wenigschtn'ö Geld fürs Ess'n in
Sack und fürs Bett
Und iS net völli um sei Vadeanscht bitrog'n.
Denn söttingenfalls geits eh' no gnua Gfrett:
Manksmal kimmt oana gar nimma füri, —
oder erscht im LankS,
Wann da Schnee wegageht, oder mittels
seines Gestanks,
Daß man'n aufgehl — Also, infolgedess'n
Kunnt ma' dengerscht glei no a kloana
Gebühr zuawimess'n
Für Leichenauffindung! VorsichtShalba! Es
braucht ja nix wer'«!
— I bidank mi halt schö! Und „Bergheil!
Bergheil! meine Herrn!" A. N.
Alles überfüllt!
Die Juristen mahnen mit ernsten Gebärden:
„Wir warnen die Jugend, Juristen zu
werden!
Der Hundertste kaum noch kommt in die
Höhe,
Es gibt schon bald mehr Juristen als Flöhe!"
Die Ärzte mahnen mit ernsten Gebärden:
„Wir warnen Euch dringend, Ärzte zu
werden!
Eine Praxis zu kriegen, das hat einen Haken,
Es gibt ja schon fast mehr Ärzte als
Schnaken!"
Die Lehrer mahnen mit ernsten Gebärden:
„O, laßt Euch beschwören, nicht Lehrer zu
werden!
Sonst könnt Ihr dereinst mit dem Bettelsack
tanzen,
- Es gibt schon fast mehr Pädagogen als
Wanzen!"
Die Techniker, Mimen, die Maler, die
Dichter,
Sie alle, sie schneiden die gleichen Gesichter:
„Werd' ja nicht, was i ch bin, mein Lieber,
sonst kannstde
Verhungern, verdursten bei lebendem
Wanste!"
„Ich warne!" spricht jeder mit schimmernder
Träne.
Mir sträubt sich der Haarwuchs, mir
klappern die Zähne.
Die richtigste Warnung erscheint mir auf
Erden:
„Ich warne vor dem Geborenwerden!"
Karlchen
628 b
(In Marshfield in Orrigon ist der erste Longsellow-
Club'gegründet worden, dem nur Männer über 1,90Me-
tcr angehören dürfen und der es sich znm Zweck gemacht
hat, in Hotels usw. das Recht der Langen durchzusetzen.)
Die Welt ist ein Prokrustesbett
Unüberlegter Normen!
Wer denkt an allzu kurz' und fett',
An allzulange Formen?
Die Langen, sie marschieren vor,
Der Stühle Bein' und Lehnen,
Kabinen, Wannen, Tür und Tor
Zu dehnen, ja, zu dehnen!
Ich bin dabei! Ich mache mit!
Nach Längerm sollst du streben!
Vor allem spreng' ein kräft'ger Tritt
Das allzukurze Leben!
Früchtenicht
Alles Vergängliche
ist nur ein Gleichnis
Vor dem Stephansturm in Wien stehen
zwei und schauen hinauf. Der eine, ein
Fremder, voll mißbilligender Verwunderung,
der andere, ein Wiener, mit alleSverzeihen-
dem Verstehen.
„Warum," begehrt der Fremde auf,
„warum ist jetzt da auf der Spitze ein Hahn
und kein Kreuz, wie sich's für jede bessere
Kirchturmspitze gehört?"
„Ja mei," sagt der Wiener ergebungs-
voll, „bitt schön, döö iS halt a so bei uns:
an der Spitz'n san de Viecher, und dös iS
unser Kreiz."
Randbemerkung
Römische Zeitungsberichte: Gelegentlich des Mus-
solinibesuches hat d'Annunzio u. a. erklärt, daß sein
Stiefelputzer Dante und sein Stallbursche Vergil
heiße, daß er sich von seinen Dienerinnen als Heili-
ger verehren laste und daß er demnächst vom Halbgenie
für das ihn die Italiener hielten, zum Vollgenie em-
porfteigen werde, dnrch eine mystische Abhandlung über
die S ch raub e.
Es brachte also auch die offizielle
Visite Mussolini-Gabriele,
Wie manche andre, trotz des Mordsgeschreies,
Im großen ganzen wirklich nicht viel Neues!
Der Dichter weckte lang schon daö Gefühl,
Daß auch der echte Dante und Vergil,
Erblickten sie ihn bei der Wiederkehr,
Sogleich erklärten: „Ein recht feiner Herr!"
Dann kannten ihn nicht nur die Dienerinnen,
Die ihm fanatische Verehrung spinnen,
Nein auch der Chor der Unparteilichen
Seit lang als sonderbaren Heiligen!
Und was Geheimnis Nummer drei betrifft,
So weiß doch jedermann aus Wort und
Schrift
Und Gabrieleö Gesten, wie ich glaube,
Daß ihm nichts fehlte, als die eine
„Schraube"!
I. A. S.
Neu-Bayerische,,Orden"
„Ich habe eigentlich auf den goldenen
Ehrenring gerechnet," sagte ein mit dem sil-
bernen Ausgezeichneter..
„San's mit dem froh, was haben. Da
kommt ja doch noch ein kupferner und ein
zinnerner und ein hölzerner nach."
Mahlzeit
Es war im Jahre des „Auswanderns"
der Deutschen nach Italien: 1924. Der In-
haber einer besseren Gaststätte Roms tat sich
viel zugute auf seinen „deutschsprechenden"
Ober Namens Angelo Santi. Angelo wollte
es seinen deutschen Gästen so angenehm wie
möglich machen, er sprach leidenschaftlich gern
das Deutsche, gottlob verstand er eö aber
besser. — Ein Hochzeitspaar am Nachbar-
tisch bestellt „Gebratenes Huhn". Angelo
kann wieder nicht umhin zu reden und stellt
den Braten mit dem gewinnendsten Lächeln
von der Welt den armen Deutschen hin:
„Hier habbe Sie gebratene Hund!" A. Leidl
Verlangen Sie eine Probenummer!
„ » JVlif)« ist die » JVlünchener Illustrierte
Presse«, die fesselndste illustrierte Zei-
tung, die ich kenne. Schade, daß Du
nicht lesen kannst!“
Bergheil!
(In der Georg Queri-Weis)
Also, meine Herrn, indem daß eö nicht
ausgmacht iS,
Ob oana, wann'r auf an Berg aufikraxelt,
Si bloß dö Pratzn dakratzt und effenduell
das Gefrieß,
Oder ob er ebber vielleicht gar das verehrte
Genick daschnakselt,
Worauf er hin iS — mit Valaub zum
sog'n ...
Also, folgedessen taat' ma bitt'n: Vorher
zahl'n!
Nacha kinna S' eahna, wia S' mögn,
dafalln! .
Hat ma wenigschtn'ö Geld fürs Ess'n in
Sack und fürs Bett
Und iS net völli um sei Vadeanscht bitrog'n.
Denn söttingenfalls geits eh' no gnua Gfrett:
Manksmal kimmt oana gar nimma füri, —
oder erscht im LankS,
Wann da Schnee wegageht, oder mittels
seines Gestanks,
Daß man'n aufgehl — Also, infolgedess'n
Kunnt ma' dengerscht glei no a kloana
Gebühr zuawimess'n
Für Leichenauffindung! VorsichtShalba! Es
braucht ja nix wer'«!
— I bidank mi halt schö! Und „Bergheil!
Bergheil! meine Herrn!" A. N.
Alles überfüllt!
Die Juristen mahnen mit ernsten Gebärden:
„Wir warnen die Jugend, Juristen zu
werden!
Der Hundertste kaum noch kommt in die
Höhe,
Es gibt schon bald mehr Juristen als Flöhe!"
Die Ärzte mahnen mit ernsten Gebärden:
„Wir warnen Euch dringend, Ärzte zu
werden!
Eine Praxis zu kriegen, das hat einen Haken,
Es gibt ja schon fast mehr Ärzte als
Schnaken!"
Die Lehrer mahnen mit ernsten Gebärden:
„O, laßt Euch beschwören, nicht Lehrer zu
werden!
Sonst könnt Ihr dereinst mit dem Bettelsack
tanzen,
- Es gibt schon fast mehr Pädagogen als
Wanzen!"
Die Techniker, Mimen, die Maler, die
Dichter,
Sie alle, sie schneiden die gleichen Gesichter:
„Werd' ja nicht, was i ch bin, mein Lieber,
sonst kannstde
Verhungern, verdursten bei lebendem
Wanste!"
„Ich warne!" spricht jeder mit schimmernder
Träne.
Mir sträubt sich der Haarwuchs, mir
klappern die Zähne.
Die richtigste Warnung erscheint mir auf
Erden:
„Ich warne vor dem Geborenwerden!"
Karlchen
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