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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 34.1929, (Nr. 1-52)

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Nr. 24 (Sondernummer: Österreich)
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Land- und Menschen-
schaft.

Auf den Waldwegen
liegen frische Zweige
und Blätter, herab-
geschlagen vom Regen,
Opfer mailicher April-
launen. Der Sturm ist
durch den Wald ge-
fahren, Bäume knickend.
Ein uralter Stamm,
von dem man denken
und sagen mochte, er
werde „ewig stehn",
liegt guerüberweg.
Ungeheure klumpige
Stücke Erdreichs har
sein Sturz dem Boden
entrauft. Die auSge-
spreiteten Wurzeln des
Stamms umklammern
sie wie Polypenarme.

Beim Konditor wer-
den Oblaten hergestellt,
die besser sind als jene
Karlsbads. Sie bilden
einen starken Export-
artikel Ischls. Impor-
tiert hingegen werden,
in der toten Saison,
pensionierte Generale,
abgebrochene Exzellen-
zen, zerknickte Aristo-
kratie. Es ist ein zartes
Aroma von Verwesung
um diese bridgeversun-
kenen ckeraoines, die
einander — Rhythmus
verwehter, sinnlos ge-
wordener Hochmuts-
melodie in der Stimme
— mit allen Titeln
und Würden anreden,
ein gespenstisches Zere-
moniell wahrend.

Ischl vor dem
Sommer ist ein schöner
Fleck Erde. Die Traun
rauscht keine Operetten-
melodien, sondern die
herrlich montoneMusik
strömenden Wassers.
Auf den Bänken ruht

S t e i r i s ch e T r a ch t v o u i 8 5 0 Viktor Hammer

kein sinnender Librettist,
sondern traulich-schmut-
zige Regenpfützchen, in
denen Laubreste schwim-
men. Viele sehe ich, die
nicht da sind, und mein
Herz erfreut sich solchen
Anblicks. Es ist eine
Stimmung, wie rm
leeren Theater am Vor-
mittag-zauberisch.

Die Einheimischen
bereiten alles vor zum
Sommerstück, sie hof-
fen auf vielen Besuch
und sagen, Ischl hätte
die schlimmen Jahre
gut überstanden. Aber
freilich, so schön wie
zur Zeit, als der alte
Herr noch herkam und
die vielen Minister,
Generale, Diplomaten,
berühmte Künstler aus
der Residenz, so schön
sei eS nicht mehr. Es
gab damals eine Tafel-
runde in Ischl,
bestand aus vierund-
zwanzig Leuten, lauter
große Namen. Nur
noch zwei sind von der
ganzen Runde übrig,
ein alter Schauspieler
und ein alter Schrift-
steller, alle andern
gestorben, verdorben.
Letzten Sommer, wie
die zwei so beieinander
saßen und vergangener
Zeiten gedachten, sagte
der Schauspieler: „Der
Tod hat richtig auf-
geräumt unter uns.
Vierundzwanzig waren
wir, und jetzt sind wir
nur mehr zwei." Weh-
mütig stimmte der
Schriftsteller zu: „Nur
mehr zwei. Und wie
lange wird S dauern,
werd' ich ganz allein
da sitzen!"

Ende

VON ANTON WILDGANS

<Diese Dichtung wird in der Vertonung von Richard Strauß demnächst als neues, österreichisches Nationallied
vom Wiener Mannergesangverein uraufgeftihrt werden.)

Wo sich der ewige Schnee
Spiegelt im Alpensee,
Sturzbach am Felz zerstäubt,
Eingedämmt Werke treibt,

Wo durch der Ebene Gold
Silbern der Strom hinrollt,
Ufer von Früchten schwillt,
Hügelan Rebe quillt,

Pstügerschweiß, Städtesteiß
Hat da die rechte Weis',
Was auch Geschick beschied,
Immer noch blüht ein Lied.

Wo in der Berge Herz
Dämmert das Eisenerz,

Hammer Gestein zerstampft.
Zischend die Schmelzglut dampft,

Wurzelheil, Kraft im Mark,
Pstichtgewillt, duldensstark,
Einfach und echt von Wort
Wohnen die Menschen dort.

Oesterreich heißt das Land!
Da er's mit gnädiger Hand
Schuf und so reich begabt,
Gott hat es liebgehabt!
Register
Victor Hammer: Steirische Tracht von 1850
Anton Wildgans: Österreichisches Lied
 
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