schein auf dem Bücherregal, draußen regnete
es nicht mehr. Ich fror plötzlich, es schüttelte
mich scheußlich. „DaS ist Bruno", ahmte ich
ihre Stimme nach. Jetzt hörte ich sein Lachen,
Marianne machte die Türe zu, hinter der ich
stand, hoffentlich ging Bruno bald wieder fort.
Es wurde drüben still, das schnürte mir
die Kehle zu. Ich trat ans Fenster und sah
vor dem Hause einen Wagen stehen, Herr-
Bruno war mit dem Auto gekommen. Die
Stille sauste mir in den Ohren, die Zähne
schlugen mir aufeinander, ich kaute an einer-
kalten Zigarette und preßte die Hand aus
mein rasendes Herz. Da 'wurde es drüben
unruhig, ein Stuhl stel um und sprengte die
schauerliche Stille, dann schrie Marianne aus,
mich riß es auf die Türe za, aber dann hörte
ich ihr tiefes Lachen, das plötzlich wie erstickt
aufhörte; und dann war es drüben wieder-
still ... Nach einer Weile schlich ich gelähmt
auf den Flur, hängte den tanzenden Schlüssel-
bund an die Garderobe, packte mein nasses
Zeug und verließ die Wohnung. — Ich kam
erst wieder ordentlich zu mir in einer Anlage,
da faß ich auf einer nassen Bank und heulte
jämmevlich wie ein Hund. —
DaS sind manche Jahre her. Ich habe
Marianne nicht mehr gesehen, und der Onkel
mit den Goldfischen ist tot, es würde mich
heute nichts mehr in diese Stadt ziehen.
er die oLiebe
Von Paul Geraldy
<Deutsdi von Käte Mintz)
Du hast ein ruhiges Leben. Du langweilst
dich. Du fängst an, andere Frauen anzusehen.
Sie sind sehr schön, ich weiß es recht gut.
bind jünger als zu deiner Zeit.
Ah! Die Jugend deiner Frau!
DaS Fältchennetz in deinem Gesicht und der
graue Pelz über deiner Stirn stoßen sie nicht
ab. Im Gegenteil. Niemals hast du sie dir
so nahe gefühlt.
Mit vierzig Jahren wundert sich der Mann
über die plötzliche Leichtigkeit seiner Siege.
Aber sie schmeicheln seiner Eitelkeit nicht mehr
so sehr. Sein Ansehen, sein Vermögen, eine
erworbene gewisse Stärke stören die Gleich-
heit des Spieles.
Sei vernünftig, geh! Verfolge deinen Weg.
Liebe ist das Bemühen des Mannes, sich
mit einer einzigen Frau zu begnügen.
&
Du kannst mcht ohne sie fein. Du brauchst
ihre klaren Augen, den geschmeidigen Rhyth-
mus ihres Körpers, ihre aufreizenden Ver-
heißungen. Sie nur vorübergehen zu sehen,
macht dich leicht und erhebt dir das Herz.
Dein Blut, dein Blut, die Frau ist es, die
vorübergeht. Alle Liebe ist in der Frau, die
vorübergeht. . . Schön, sieh sie vorübergehen!
Arbeite! Im Grunde hast du niemals etwas
anderes geliebt als deine Arbeit.
Zuerst arbeiten die Männer, um die Frauen
zu erobern. Aber ihre Tätigkeit zieht sie von
der Liebe ab. Schließlich geht sie ihnen vor.
Arbeiten heißt auf sich selbst zustreben.
Erreiche dich selbst.
Leben heißt fühlen, wie man unverkehrt das
Beste wird, was man werden konnte.
Sage mir nicht, daß du dich auSruhen
möchtest. Du hast schon so viel Ruhezeit
gehabt!
«-
Sie sind überall um dich herum, in den
Salons und auf der Straße, mitten zwischen
den Männern . . . Du bist besest en. Der Kops
dreht sich dir. Du zitterst . . .
Ach! das Trauerspiel ist nicht daß man alt
wird, sondern daß man nicht alt wird!
Man muß der weise Odysseus oder Direktor
einer Singspielhalle sein, um gegen Frauen-
schönheit unempfindlich zu bleiben.
Als der Mann auf das Gynäzeum und den
Harem verzichtete, fetzte er zweifellos feine
Frau aufs Spiel, machte sich aber die Frauen
der anderen zugänglich.
Ein Abenteuer? Aufgepaßt!
es nicht mehr. Ich fror plötzlich, es schüttelte
mich scheußlich. „DaS ist Bruno", ahmte ich
ihre Stimme nach. Jetzt hörte ich sein Lachen,
Marianne machte die Türe zu, hinter der ich
stand, hoffentlich ging Bruno bald wieder fort.
Es wurde drüben still, das schnürte mir
die Kehle zu. Ich trat ans Fenster und sah
vor dem Hause einen Wagen stehen, Herr-
Bruno war mit dem Auto gekommen. Die
Stille sauste mir in den Ohren, die Zähne
schlugen mir aufeinander, ich kaute an einer-
kalten Zigarette und preßte die Hand aus
mein rasendes Herz. Da 'wurde es drüben
unruhig, ein Stuhl stel um und sprengte die
schauerliche Stille, dann schrie Marianne aus,
mich riß es auf die Türe za, aber dann hörte
ich ihr tiefes Lachen, das plötzlich wie erstickt
aufhörte; und dann war es drüben wieder-
still ... Nach einer Weile schlich ich gelähmt
auf den Flur, hängte den tanzenden Schlüssel-
bund an die Garderobe, packte mein nasses
Zeug und verließ die Wohnung. — Ich kam
erst wieder ordentlich zu mir in einer Anlage,
da faß ich auf einer nassen Bank und heulte
jämmevlich wie ein Hund. —
DaS sind manche Jahre her. Ich habe
Marianne nicht mehr gesehen, und der Onkel
mit den Goldfischen ist tot, es würde mich
heute nichts mehr in diese Stadt ziehen.
er die oLiebe
Von Paul Geraldy
<Deutsdi von Käte Mintz)
Du hast ein ruhiges Leben. Du langweilst
dich. Du fängst an, andere Frauen anzusehen.
Sie sind sehr schön, ich weiß es recht gut.
bind jünger als zu deiner Zeit.
Ah! Die Jugend deiner Frau!
DaS Fältchennetz in deinem Gesicht und der
graue Pelz über deiner Stirn stoßen sie nicht
ab. Im Gegenteil. Niemals hast du sie dir
so nahe gefühlt.
Mit vierzig Jahren wundert sich der Mann
über die plötzliche Leichtigkeit seiner Siege.
Aber sie schmeicheln seiner Eitelkeit nicht mehr
so sehr. Sein Ansehen, sein Vermögen, eine
erworbene gewisse Stärke stören die Gleich-
heit des Spieles.
Sei vernünftig, geh! Verfolge deinen Weg.
Liebe ist das Bemühen des Mannes, sich
mit einer einzigen Frau zu begnügen.
&
Du kannst mcht ohne sie fein. Du brauchst
ihre klaren Augen, den geschmeidigen Rhyth-
mus ihres Körpers, ihre aufreizenden Ver-
heißungen. Sie nur vorübergehen zu sehen,
macht dich leicht und erhebt dir das Herz.
Dein Blut, dein Blut, die Frau ist es, die
vorübergeht. Alle Liebe ist in der Frau, die
vorübergeht. . . Schön, sieh sie vorübergehen!
Arbeite! Im Grunde hast du niemals etwas
anderes geliebt als deine Arbeit.
Zuerst arbeiten die Männer, um die Frauen
zu erobern. Aber ihre Tätigkeit zieht sie von
der Liebe ab. Schließlich geht sie ihnen vor.
Arbeiten heißt auf sich selbst zustreben.
Erreiche dich selbst.
Leben heißt fühlen, wie man unverkehrt das
Beste wird, was man werden konnte.
Sage mir nicht, daß du dich auSruhen
möchtest. Du hast schon so viel Ruhezeit
gehabt!
«-
Sie sind überall um dich herum, in den
Salons und auf der Straße, mitten zwischen
den Männern . . . Du bist besest en. Der Kops
dreht sich dir. Du zitterst . . .
Ach! das Trauerspiel ist nicht daß man alt
wird, sondern daß man nicht alt wird!
Man muß der weise Odysseus oder Direktor
einer Singspielhalle sein, um gegen Frauen-
schönheit unempfindlich zu bleiben.
Als der Mann auf das Gynäzeum und den
Harem verzichtete, fetzte er zweifellos feine
Frau aufs Spiel, machte sich aber die Frauen
der anderen zugänglich.
Ein Abenteuer? Aufgepaßt!