Aber dann kamen sie dach in das Dorf.
Das Kirchenportal war mit Reisig geschmückt,
davor standen Priester und MeSner und
grüßten. Langsam stiegen die Bauern von
ihren Schlitten, kaum erkennbar in der Ver-
mummung. Die Burschen versuchten einen
Dusch, aber es versagten die Horner.
Dann kamen die -beiden. Er sah sorglich
aus sie, die noch immer die Augen nicht er-
hoben hatte, und mahnte sie, aufzustehen,
aber sie gab keine Antwort. Roch einmal
bat er, aber sie erwiderte nicht. Da packte
ihn plötzlich der Zorn, er riß sie beim Arm,
doch da sie! sie steif hintüber.
„Herrgott", sagte er, aber noch vermochte
er nicht zu denken. Da sprang sein Freund,
der Harmonikaspieler, auf den Wagen, blickte
die Braut lange an; dann riß er ihr das
Kleid auf, um nach dem Atem zu horchen.
Da sah er die bloße Haut, sie hatte nichts
unter dem Brautkleid getragen. Der Freund
legte sein Ohr an ihre Brust, auf die Schnee
ß'el.
Da schob ihn der Bräutigam heftig fort,
legte sein Ohr an ihr Herz, aber kein Ton
schlug ihm entgegen, und er sank neben ihr
hin. Der Priester im HochzeitSornat trat
hinzu, gebot den Männern, die Braut herab-
zuheben und in die Kirche zu tragen, Und
anstatt der Hochzeitsglocken läutete das
Sterbeglöckchen, und die Braut lag in der
Kirche auf der Bahre, und der Priester hielt
das Kreuz über sie und segnete die Erfrorene
ein.
Um) über ihr schwebte die weiße Taube im
Widerschein der bunten Glassenster.
en
VON MARIA DAUT
Irgendeine Kleinigkeit, irgend etwas, eine
Krankheit vielleicht, vielleicht nur ein Föhn-
stoß, der dich umhüllt auf der trüben Straße,
irgend etwas läßt dich einmal aufhorchen,
in dich hineinhorchen, wird dir zu einem roten
Signal, das unerbittlich auf „Halt" steht.
Dir ist, als eilte die Zeit in dieser Minute,
sich überstürzend, zurück zur Kindheit und
voraus zum Ende, ein Film, der traumschnell
abrollt vor deinen Augen, während du doch
aus der Straße gehst und lächelnd mit irgend
jemand sprichst. Ouälend steht ein Fragen
aus in dir und will wissen, was du mit deinem
Leben tust. Angst packt dich, eS könnte zu
leer fein, es könnte dir entgleiten, ohne an-
gefüllt zu sein bis zum Rand mit allen Herr-
lichkeiten der Welt. Fetzen schönen Erlebens
hältst du als Schild vor dich, der Frage zu
begegnen.
Die Liebe, oh die Liebe! Wenn sie dich auch
verbrannt hat, daß dein Herz zu einem Krater
geworden ist, ausgebrannt, mit einem Kranz
von Schlacken: sie war so schön!
Eine Wanderung an einem Fluß fällt dir
ein, abwärts an sumpfigem User, mit
Schaumgebilden weißer Wolken im blauen
Himinel und kurzstengeligen Schlüsselblumen
im Gras. Bewegte, herbe Luft, bewegtes,
herrliches Schreiten! Wind stürmt durch dein
Gewand, ein Zweig streift dein Gericht. Oh
unbeholfenes Streicheln, oh Mahnen: schau
mich an-schau! Ja, du blühst, Bruder,
lieber Bruder!-Ach, eS zieht dich auf
die Knie zu einem Veilchen, feinen Duft zu
atmen. Der Abschied von diesem Tag war
schwer. Dir rvar, als hättest du dich über
vieles zu besinnen-. Doch die Schatten
stiegen aus hn Wald und schlossen dir lang-
sam und ernst die Tür. Du bist kein Reh,
kein Baum und keine Blume. Nicht einmal
der kleine Käser bist du, der waghalsig und
schnurgerad deinen Weg überquerte-du
bist nur ein Mensch. Ein Stiefkind, das
selten heim darf.
Aber die Stadt! Es gibt Tage, foa du
wieder ganz ihr gehörst, hingegeben ihrem
Rhythmus, durchpulst und getragen von
ihren ungeheuren Energien. Welche Möglich-
keiten! Die großen Straßen werden dir zu
Das Kirchenportal war mit Reisig geschmückt,
davor standen Priester und MeSner und
grüßten. Langsam stiegen die Bauern von
ihren Schlitten, kaum erkennbar in der Ver-
mummung. Die Burschen versuchten einen
Dusch, aber es versagten die Horner.
Dann kamen die -beiden. Er sah sorglich
aus sie, die noch immer die Augen nicht er-
hoben hatte, und mahnte sie, aufzustehen,
aber sie gab keine Antwort. Roch einmal
bat er, aber sie erwiderte nicht. Da packte
ihn plötzlich der Zorn, er riß sie beim Arm,
doch da sie! sie steif hintüber.
„Herrgott", sagte er, aber noch vermochte
er nicht zu denken. Da sprang sein Freund,
der Harmonikaspieler, auf den Wagen, blickte
die Braut lange an; dann riß er ihr das
Kleid auf, um nach dem Atem zu horchen.
Da sah er die bloße Haut, sie hatte nichts
unter dem Brautkleid getragen. Der Freund
legte sein Ohr an ihre Brust, auf die Schnee
ß'el.
Da schob ihn der Bräutigam heftig fort,
legte sein Ohr an ihr Herz, aber kein Ton
schlug ihm entgegen, und er sank neben ihr
hin. Der Priester im HochzeitSornat trat
hinzu, gebot den Männern, die Braut herab-
zuheben und in die Kirche zu tragen, Und
anstatt der Hochzeitsglocken läutete das
Sterbeglöckchen, und die Braut lag in der
Kirche auf der Bahre, und der Priester hielt
das Kreuz über sie und segnete die Erfrorene
ein.
Um) über ihr schwebte die weiße Taube im
Widerschein der bunten Glassenster.
en
VON MARIA DAUT
Irgendeine Kleinigkeit, irgend etwas, eine
Krankheit vielleicht, vielleicht nur ein Föhn-
stoß, der dich umhüllt auf der trüben Straße,
irgend etwas läßt dich einmal aufhorchen,
in dich hineinhorchen, wird dir zu einem roten
Signal, das unerbittlich auf „Halt" steht.
Dir ist, als eilte die Zeit in dieser Minute,
sich überstürzend, zurück zur Kindheit und
voraus zum Ende, ein Film, der traumschnell
abrollt vor deinen Augen, während du doch
aus der Straße gehst und lächelnd mit irgend
jemand sprichst. Ouälend steht ein Fragen
aus in dir und will wissen, was du mit deinem
Leben tust. Angst packt dich, eS könnte zu
leer fein, es könnte dir entgleiten, ohne an-
gefüllt zu sein bis zum Rand mit allen Herr-
lichkeiten der Welt. Fetzen schönen Erlebens
hältst du als Schild vor dich, der Frage zu
begegnen.
Die Liebe, oh die Liebe! Wenn sie dich auch
verbrannt hat, daß dein Herz zu einem Krater
geworden ist, ausgebrannt, mit einem Kranz
von Schlacken: sie war so schön!
Eine Wanderung an einem Fluß fällt dir
ein, abwärts an sumpfigem User, mit
Schaumgebilden weißer Wolken im blauen
Himinel und kurzstengeligen Schlüsselblumen
im Gras. Bewegte, herbe Luft, bewegtes,
herrliches Schreiten! Wind stürmt durch dein
Gewand, ein Zweig streift dein Gericht. Oh
unbeholfenes Streicheln, oh Mahnen: schau
mich an-schau! Ja, du blühst, Bruder,
lieber Bruder!-Ach, eS zieht dich auf
die Knie zu einem Veilchen, feinen Duft zu
atmen. Der Abschied von diesem Tag war
schwer. Dir rvar, als hättest du dich über
vieles zu besinnen-. Doch die Schatten
stiegen aus hn Wald und schlossen dir lang-
sam und ernst die Tür. Du bist kein Reh,
kein Baum und keine Blume. Nicht einmal
der kleine Käser bist du, der waghalsig und
schnurgerad deinen Weg überquerte-du
bist nur ein Mensch. Ein Stiefkind, das
selten heim darf.
Aber die Stadt! Es gibt Tage, foa du
wieder ganz ihr gehörst, hingegeben ihrem
Rhythmus, durchpulst und getragen von
ihren ungeheuren Energien. Welche Möglich-
keiten! Die großen Straßen werden dir zu