Weg vor. Ich näherte mich dem Bett, und nun
geschah das Merkwürdige, daß Edith die Augen
ausschlug — diese Augen, deren romantisch ent-
rückter Schimmer mir durch und durch ging! —
und mich ansah. Ja, sie sah mich an! Ich läge
es mir nicht nehmen, daß sie mich ansah. Llnb
dann rückte sie ein wenig beiseite, und ich legte
mich neben sie. bind dann sunktionierte wieder
das Muskelgedächtnis meines Körpers, der den
Arm erhob, um das Licht auszudrehen. Aber
mitten in dieser Bewegung hielt ich inne. Ich
konnte mich nicht entschließen, mich von dem
Bilde dieses Gesichts zu trennen. Es war nicht
möglich, es durch das Abstoppen des elektrischen
Stroms einsach auszutilgen. Was nun kam,
vollzog sich also nach meinem Willen in tag-
heller Beleuchtung, und es hatte das Licht
keineswegs zu scheuen. Ich flüsterte der unend-
lich Geliebten heiße Worte inS Ohr. Ich küßte
ihre Stirn, ihre Augen. Meine Hände tasteten
die Rundung ihrer Schultern, ihrer Brüste ab.
Ich saugte mich an ihren Lippen fest, ich preßte
meine Zähne gegen ihre Zähne.
Niemals ist ein Liebhaber in der Lage ge-
wesen, so unmittelbar um die von ihm Geliebte
zu werben. Ich bildete mir ein, daß Edith aus
ihrem Schlaf längst ausgewacht war und mir
zuhörte. Aber vielleicht war ich selbst unter die
Decke des klaren Bewußtseins hinuntergesunken
und fand mich mit ihr unterhalb der Schwelle
des bewußten Daseins. Ich warb um sie, mit
Worten, die ich über sie hinströmte und die mir
sonst nicht zur Verfügung standen. Ich warb
um sie mit jedem Glied meines Körpers, mit
sanften Liebkosungen, zärtlichen Berührungen,
blnd ich glaubte, erhört zu werden. Ich preßte
mein Gesicht gegen das ihre, ich verströmte mich
in sie hinein, und dann löschte ich doch daS Licht
und schmiegte mich in sie ein, um zu schlafen.
Aber ich schlief nicht. Ich ermaß den Wende-
punkt meines Lebens. Ich war jetzt der Geliebte
der berühmten Schauspielerin geworden. Ich
hatte den Rivalen aus dem Felde geschlagen.
Wir waren eins. Alles würde jetzt anders
werden. Ich spürte ihren warmen Atem in
meinem Gesicht, und dann schlief ich doch ein.
Ich erwachte, noch ehe eS Tag war. Meine
Hände suchten Ediths Lippen. Jeder Tag würde
mir jetzt so beginnen. Es konnte nicht mehr
anders sein. Mir siel ein, daß ich unrasiert war.
Ich raffte meine Sachen zusammen, um mich
im Badezimmer zu rasieren und anzuziehen,
denn nach kurzer Zeit würden sich alle die
Gestalten, die jetzt noch vorn in der Wohnung
lagen, ins Badezimmer drängen. In der Küche
hörte ich schon Anne, das Stubenmädchen,
wirken. Ich ließ das Wasser an und badete.
Als ich aus dem Badezimmer herauskam,
war die Wohnung in Bewegung. Der Gras
kam lachend den Gang entlang gelaufen, von
Verlobter, vorn in der Wohnung aus einem
Sofa liegen und schlafen. Aber während meine
Gedanken diese ausgetretenen Wege liefen, stieg
von unten, gewissermaßen aus dem Boden,
allerlei anderes und ganz anderes in mir hoch.
Ich bemerkte auf einmal, daß ich zitterte und
die Zahnbürste meinen Händen entsank.
Es wäre ja nun freilich einsach anständig
gewesen, daS Zimmer zu verlassen, mich in
irgendeinem andern Raum hinzulegen, und wenn
eS die bloße Erde war, und Edith unbehelligt zu
lassen. Aber wer hätte daS in meiner Lage
fertig gebracht! Wenigstens ihre Bekanntschaft
wollte ich bei dieser seltenen Gelegenheit machen.
Oder ich weiß nicht, waS ich wollte. Ich war
ratlos. Aber es kommt in solchen Situationen
vor, daß gewisse gewohnte Bewegungen das
Gesetz des Handelns ausnötigen. Hundertmal
hatte ich vor diesem Spiegel gestanden, um
meine Zähne und meine Haare in Ordnung zu
bringen. Mein Körper kannte eS nicht anders,
als daß er mit einigen feststehenden Bewegungen
die wenigen Schritte zum Bett hin tat. Meine
Muskeln waren es eben gewohnt, die Bettdecke
zurückzuschlagen und sich aus dem Laken auSzu-
strecken, und sie kannten schon die Bewegung,
mit der ich dann den Arm hob und daS Licht
ausknipste.
Wenn mein Gehirn nicht wußte, was ich zu
tim hatte, so schrieben meine Muskeln mir den
geschah das Merkwürdige, daß Edith die Augen
ausschlug — diese Augen, deren romantisch ent-
rückter Schimmer mir durch und durch ging! —
und mich ansah. Ja, sie sah mich an! Ich läge
es mir nicht nehmen, daß sie mich ansah. Llnb
dann rückte sie ein wenig beiseite, und ich legte
mich neben sie. bind dann sunktionierte wieder
das Muskelgedächtnis meines Körpers, der den
Arm erhob, um das Licht auszudrehen. Aber
mitten in dieser Bewegung hielt ich inne. Ich
konnte mich nicht entschließen, mich von dem
Bilde dieses Gesichts zu trennen. Es war nicht
möglich, es durch das Abstoppen des elektrischen
Stroms einsach auszutilgen. Was nun kam,
vollzog sich also nach meinem Willen in tag-
heller Beleuchtung, und es hatte das Licht
keineswegs zu scheuen. Ich flüsterte der unend-
lich Geliebten heiße Worte inS Ohr. Ich küßte
ihre Stirn, ihre Augen. Meine Hände tasteten
die Rundung ihrer Schultern, ihrer Brüste ab.
Ich saugte mich an ihren Lippen fest, ich preßte
meine Zähne gegen ihre Zähne.
Niemals ist ein Liebhaber in der Lage ge-
wesen, so unmittelbar um die von ihm Geliebte
zu werben. Ich bildete mir ein, daß Edith aus
ihrem Schlaf längst ausgewacht war und mir
zuhörte. Aber vielleicht war ich selbst unter die
Decke des klaren Bewußtseins hinuntergesunken
und fand mich mit ihr unterhalb der Schwelle
des bewußten Daseins. Ich warb um sie, mit
Worten, die ich über sie hinströmte und die mir
sonst nicht zur Verfügung standen. Ich warb
um sie mit jedem Glied meines Körpers, mit
sanften Liebkosungen, zärtlichen Berührungen,
blnd ich glaubte, erhört zu werden. Ich preßte
mein Gesicht gegen das ihre, ich verströmte mich
in sie hinein, und dann löschte ich doch daS Licht
und schmiegte mich in sie ein, um zu schlafen.
Aber ich schlief nicht. Ich ermaß den Wende-
punkt meines Lebens. Ich war jetzt der Geliebte
der berühmten Schauspielerin geworden. Ich
hatte den Rivalen aus dem Felde geschlagen.
Wir waren eins. Alles würde jetzt anders
werden. Ich spürte ihren warmen Atem in
meinem Gesicht, und dann schlief ich doch ein.
Ich erwachte, noch ehe eS Tag war. Meine
Hände suchten Ediths Lippen. Jeder Tag würde
mir jetzt so beginnen. Es konnte nicht mehr
anders sein. Mir siel ein, daß ich unrasiert war.
Ich raffte meine Sachen zusammen, um mich
im Badezimmer zu rasieren und anzuziehen,
denn nach kurzer Zeit würden sich alle die
Gestalten, die jetzt noch vorn in der Wohnung
lagen, ins Badezimmer drängen. In der Küche
hörte ich schon Anne, das Stubenmädchen,
wirken. Ich ließ das Wasser an und badete.
Als ich aus dem Badezimmer herauskam,
war die Wohnung in Bewegung. Der Gras
kam lachend den Gang entlang gelaufen, von
Verlobter, vorn in der Wohnung aus einem
Sofa liegen und schlafen. Aber während meine
Gedanken diese ausgetretenen Wege liefen, stieg
von unten, gewissermaßen aus dem Boden,
allerlei anderes und ganz anderes in mir hoch.
Ich bemerkte auf einmal, daß ich zitterte und
die Zahnbürste meinen Händen entsank.
Es wäre ja nun freilich einsach anständig
gewesen, daS Zimmer zu verlassen, mich in
irgendeinem andern Raum hinzulegen, und wenn
eS die bloße Erde war, und Edith unbehelligt zu
lassen. Aber wer hätte daS in meiner Lage
fertig gebracht! Wenigstens ihre Bekanntschaft
wollte ich bei dieser seltenen Gelegenheit machen.
Oder ich weiß nicht, waS ich wollte. Ich war
ratlos. Aber es kommt in solchen Situationen
vor, daß gewisse gewohnte Bewegungen das
Gesetz des Handelns ausnötigen. Hundertmal
hatte ich vor diesem Spiegel gestanden, um
meine Zähne und meine Haare in Ordnung zu
bringen. Mein Körper kannte eS nicht anders,
als daß er mit einigen feststehenden Bewegungen
die wenigen Schritte zum Bett hin tat. Meine
Muskeln waren es eben gewohnt, die Bettdecke
zurückzuschlagen und sich aus dem Laken auSzu-
strecken, und sie kannten schon die Bewegung,
mit der ich dann den Arm hob und daS Licht
ausknipste.
Wenn mein Gehirn nicht wußte, was ich zu
tim hatte, so schrieben meine Muskeln mir den