Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben (36.1931, (Nr. 1-52))

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Wie sagen Sie, bitte? Über Wien soll ich
mich aussprechen? bind zu Ihnen? .. . Also,
vor allem, bitte: Ich bin ja gar kein Wiener.
Freilich, da haben Eie recht, das sind die
anderen auch nicht. Komische Stadt, deren
Bewohner zu neun Zehntel alle anderswo zu
Haus find. Mit der Dynastie fängtS an, sängt
alles an in Wien, denn, das ist Ihnen ja
doch wohl klar, bitte: Wien ist eine Kaiserstadt.
Besonders in der Republik natürlich. Aber die
Kaiser, bitte — wer waren sie denn, diese
Kaiser, diese Habsburger? Zuerst waren sie

VON RAOUL AUERNHEIMER

Schweizer, die Habsburg, wo Rudolf von
Habsburg her war, steht in der Schweiz, be-
kanntlich, na also; und drei Jahrhunderte später
waren sie Spanier —- Karl V. und sein Bruder,
Ferdinand von Österreich, bitte! — und zuletzt
waren sie Italiener und Lothringer. Kaiser
Franz zum Beispiel, der gute Kaiser Franz,
den sie nach seinen Aussprächen für einen
blrwiener halten möchten, war ein Italiener,
in Florenz geboren, bitte. Er lvar so wenig ein
Wiener, wie er gut war. .. Legende, lieber
Freund, Legende! Boshaft lvar er, viermal

lvar er verheiratet, und Biolin hat er gespielt.
Kaiserlich? no ja, kaiserlich lvar er schon, ah
ja, das schon. Wie er vom Napoleon ge-
schlagen lvorden ist, im Neunerjahr, nach einein
schimpflichen Frieden, ist er in Wien lvieder
eingezogen und hat sich von der Bevölkerung
bejubeln lassen, so sicher war er seiner Sache.
Das soll ihm ein anderer Kaiser nachmachen,
nicht einmal der Napoleon selbst hätt' das
getroffen! Aber ein Wiener lvar er nicht; grad
darum war er keiner. Wienerisch geredet hat
er, das ist ja lvieder ganz lvas anderes. Das