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JUGEND

4 0. JAHRGANG 1 9 3 5 / N R. 5

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annger:

Gotthold Lphraim tessing

Zu Lessings Geburtstag am 27. Januar

In trüber Zeit der Freiheit Bannerhalter,

Lachender Kämpfer gegen Finsterlinge,

Der deutschen Sprache Meister und Erhalter,

Des Geistes Schwert, des Witzes scharfe Klinge,

Doch seht auch: Spiel und Scherz, der leichte Falter,
Umschwebt die Glut mit unversehrter Schwinge!
Vergeßt ihn nicht, den trefflichen Gestalter,

Den Finder von der Fabel der drei Ringe.

Georg Schwarz

Salzburg

„Die Gegenden von Salzburg, Neapel und Konstantinopel
sehe ich für die schönsten der Welt."

A. von Humboldt.

Das ist wie ein Bilderbuch für große Leute. Sie hat von hundert
schönen Städten nur deren schönste Seiten. Man muß da aber immer
das Gefühl haben, wieder recht bald abreisen zu müssen, das verschönt
alles mit einer leisen Trauer.

Zu allen Gassen schaun die fernen und nahen Hügel und weißen
Berge herein wie neugierige Mädchen und liebe, gütige Großmütter.
In unendlicher Liebe neigen sich die alten Häuser zueinander. Es
duftet nach Wachs, Äpfeln, Wäsche. Vom Mirabellschloß klingt Musik
herüber. In einer dunklen Gasse stehst du, da dich plötzlich immer
wieder ein goldner Streifen rosa Sonne, mildes Grün und Sehen
überrascht.

Zwar ist die ganze Luft wie ein zartes, mädchenhaftes Parfüm, aber
in der Arenbergstraße duftet es immer nach Frühling.

Diese Nacht, die so süß von Liebe, von der Treue, von Sehnsucht
geigt, man ist ihr verfallen wie einer Frau. Da beschleicht einem die
Wehmut verklungener Tage der Kindheit, der ersten Liebe, der letzten
Hoffnungen. Das Herz ist zu Tränen erschüttert.

Draußen in den Feldern hocken die Maler. Man spricht vom Herbst
schon, rote österliche Schiffe segeln am Himmel. Du verläßt mit
deinem geliebten Mädchen die Vorstadtgärten und wunderst durch die
nahen Dörfer. Schöne Wirtshauslauben locken euch. Du träumst
davon, es auch einmal so gut zu haben wie andere Menschen und
erzählst der Zukunft schönste Märchen. Ja, das Leben ist nimmer
schwer, wenn man darauf pfeift. Gefahren sind keine mehr, lächelst
du drüber ... ach nein, du bist ja einsam ...

Die ersten Sterne schillern. Die jungen Mägde weinen und seufzen:
D du himmelblauer See ... Des Mondes roter Türkensäbel glänzt
phantastisch. Nie, ach, war mein Herz so überschattet: bind ich trinke

ein GlaS für die Nacht und die Melancholie. Ein Lachen klingt. Eine
alte Heimattür fällt leis ins Schloß. Der Krämer hat schon zu. Man
muß durch den Hausflur gehen.

Dom Kapuzinerberg herab blasen zwei Hörner: D du himmlischer
Vada, schick uns a klanS Geld ... Kätzchen putzen sich, bind früher
einmal schrieb Mozart für all die kleinen Mädchen, die verträumt in
CafoS und Konditoreien vom Leben schwärmen, die „Zauberflöte".

bim den Mönchsberg, an der Gstättengasfe, sind Winkel, wie du sie
nur in deinen schönsten Kinderträumen geschaut. In den uralten
Kastanienalleen wandeln Verliebte, um die Stadtmauer blühn die
späten Herbstfalter, Brunnen plätschern.

Die Dinge sind nicht tot, sie leben mit uns. Diese uralten Gassen,
die steinernen Wappen, Portale, mystischen Durchhäuser, Schlösser, sie
leben mit uns Menschen, sie nahmen manches von unfern dunklen
Herzen an.

bind nachts denkt man erschrocken an dunkler Wälder Bäche, an
ein lang verstorbnes silbernes Lachen wieder, an ein weißes Alpenhotel,
an ein entfchwundneS Kinderspiel, und daß wir eine Seele haben, die
von uns stiefmütterlich vergessen wird!

bind du seuszst um eines letzten unsäglichen Enttäuschtseins welken
Rosenkranz! O, die Meere der Wehmut ertränken das Herz! Ach,
als ob wir nicht viel Wege gehen müßten, um zum Herzen zu finden...

Das kann man nicht sagen. Kann man ein herrliches Vanilleeis, den
Duft des Maiglöckchens, ein bräutliches Erröten, eine heimatliche
Speise, das edle Trauern gefangener Tiere beschreiben? Ich glaube
kaum!

Freilich, alte Gassen mit spielenden Hündlein, dunkle gejpenstische
Häuser, Klosterhöse mit schönen Kindern, verträumte kleine Kneipen,
die alle auf dich warten, draus Zithern wie Nachtigallen schlagen,
verzauberte Hügel — ja, dies alles gibt eS überall, ist wo anders
auch oft; aber vielleicht doch nirgends ganz so wie hier.
Register
Georg Schwarz: Gotthold Ephraip Lessing
(Johann) Jakob Haringer: Salzburg
 
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