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Der Hieb saß. StanlioS fuhr auf. Sein
Arm stieß in die Luft — stoppte plötzlich —
und floß in die lässige Geste eines ehemaligen
Kavallerieoffiziers, die den Patron zur Bestel-
lung herbeiwinkte. Er hatte sich beherrscht. Als
Ausländer durfte er es sich nicht erlauben, die
ihm einzig richtig erscheinende handgreifliche
Antwort an Duval zu erteilen.

Duval bekam seinen Champagner. Da die
anderen beim Bier blieben, mußte er die Flasche
allein bewältigen. Es blieb nicht ohne Folgen.

„Du Bürschchen, du", krähte er plötzlich
Müller an, „wer hat dir Hungerleider täglich
zu essen gegeben, dich in meinen Sardinentopf
greifen lassen, zu jeder Zeit Kaffee gekocht?!
bind so etwas kennt einen auf einmal nicht
mehr!" — Über den Tisch hinweg fuhr Duval
mit Fäusten aus Müller los. Christof Heinrich,
der bisher in behaglicher Ruhe den Beobachter
gespielt hatte, stand auf und griff behutsam
mit der linken Hand in den Kragen dieser leben-
digen Windmühle; ein kleiner Ruck, kraft-
gespeist auS beinahe zweihundert Pfund Lebend-
gewicht, ließ Duval in seinen Stuhl zurück-
knacken.

„Aber Andre Duval, das dürfen Sie doch
nicht tun", lächelte der deutsche Riese freund-
lich, „mein Gott, ein Maler von Rang", und
mit einem Blick aus das Hasenbild an der
Wand, „angesichts eines so ausgezeichneten
Werkes von ihm selbst, prügelt sich nicht".

Duval ließ ab und bohrte nun seine kleinen
nebelverhängten Augen in das Bild. Tausend
Francs hatte er von dem Patron für die An-
fertigung bekommen. Aber die blnkosten in Ge-
stalt einer blnmenge von Aperitifs, die er zur
Inspiration nötig gehabt hatte, waren hoch
gewesen. Rechnete er die Farben und Materia-
lien hinzu, war ihm nicht mehr als der Stun-
dcnlohn eines gewöhnlichen Handwerkers ge-
blieben. Ein Wirt verschenkt nichts. Duval hatte
eine neue Zielscheibe für seinen tiefen Groll. Er
wankte zur Theke.

„Patron", schrie er laut durch die Bar,
„wann willst du endlich mein Bild bezahlen?!"

Aus dem bleichen, etwas fetten, mit herunter-
hängendem schwarzen Schnurrbart bedeckten
Gesicht des Patrons funkten zwei Augen mit
viel Weiß. Hier stand Ehre und Reputation
eines Inhabers auf dem Spiel.

„Du bist längst bezahlt, du Lümmel."

„Mit einem Trinkgeld abgespeist, du Aus-
beuter!"

Das ist ein geheimnisvoller Griff: Mit der
einen Hand wird der Hosenboden gepackt und
gerafft, mit der anderen der Kragen umgedreht;
so verfahren, sauste der Patron mit Duval
durchs Lokal an die offene Tür — eine Be-
wegung, wie wenn man einen Eimer zum Aus-
leecen schwenkt, und dann machte eS: Klatsch —

Der junge Deutsche wurde bleich, riß die
Augen auf, lvollte nachstürzen. StanlioS hielt
ihn zurück: „Ruhig Müller, setz dich, er hat
den HinauSwurf verdient."

„Aber man muß ihm doch helfen, er ist doch
unser Kamerad —"

„Besoffen ist er."

Unglückseliger Duval! Die Backe zerschun-

den, hinkend, kam er, ein Held in jedem Falle,
in die Bar zurück — schrie die unflätigsten
Schimpfworte.

Ein Arbeiter vorn an der Tür gefiel sich in
der Rolle des Nachrichters. In dem Handwerk
des Herauswerfens ungelernt, brachte er den
Randalisten zwar vor die Tür, draußen aber
fetzte sich Duval zur Wehr und es gab eine
inuntere Keilerei.

Ein gut dressierter Hund legt sich, wenn
„Platz" gesagt ist, neben seinen Herrn, wenn
ihn auch seine Sehnsüchte vor Aufregung zit-
tern lassen und ihn zu den interessantesten Din-
gen treiben — er bleibt liegen, solange er das

Auge feines Herrn auf sich ruhen fühlt — und
dann — ist er plötzlich doch entsprungen.
Müller, auf ähnliche Weise von StanlioS ge-
bannt, war ebenfalls entwischt und mitten drin.
Mit gesenktem Kopf, stieräugend, hieb er auf
einen Franzosen ein. Da half kein Rufen.
Christof Heinrich sprang auf und kam gerade
noch zurecht, dem rasenden Müller einen wild-
geschwungenen Stuhl zu entreißen. Er gab dem
Rasenden einen Hieb, daß er taumelte und trug
ihn festumklammert weg. Hinter der nächsten
HauSecke stellte er ihn ab, zwängte ihn in
einen Polizeigriff und riß ihn ein paar Straßen-
züge weiter. Sie landeten auf der Bank eines

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Oswald Malura: Schlesischer Bauer
 
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