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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 42.1937, (Nr. 1-52)

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https://doi.org/10.11588/diglit.6784#0164
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Gib deinen Bildern Leben!

Leben ist nicht Bewegung. Auch ein Film kann langweilig wirken,
obgleich er Bewegung festhält.

Leben bedeutet mehr! Leben ist Wechselwirkung der Tonwerte,
ist Linienführung, Bildaufbau und Stimmung. Auch der sach-
lichsten Studie ist Leben eigen, wenn sie interessant aufgebaut
ist. Und wie soll ein Bild angelegt sein, damit es lebendig wirkt?
Für viele wurde der diagonale Bildaufbau Universalrezept. Man
weiß, daß sich so ein bestimmter Schwung ins Bild bringen läßt,
und es wird versucht, das Ganze in dieses eine Schema zu
pressen. Man vergißt, daß die Diagonale Ausdruck für einen
Inhalt ist, der aber nicht als sinnlos angewandtes Rezept Ver-
wendung finden darf. Dem Lebendigen haftet etwas Beweg-
liches zugleich an. Und dem widerspricht die starre Formel.

Das Lichtbild soll nicht mathematisch konstruiert sein. Wir sollen
es empfinden, von innen her schaffen. Und dazu werden uns alle
Mittel dienlich sein müssen. Nach der Gesamtheit also gilt es zu
suchen.

Primäre Bedeutung hat der Tonumfang. Doch nicht in dem Sinne,
daß wir nach einer Fülle von Tonwerten streben, die sich
erstrecken vom tiefsten Schwarz bis ins reine Weiß. Größere
Bedeutung kommt der Mengenverteilung zu. Denken wir an eine
Nebelstimmung. Hier haben wir ja fast nur graue Töne, die eben
das Charakteristische ausmachen. Funkelt jetzt aber durch diesen
grauen Schleier ein leuchtendes Spitzlicht, so gibt das dem
Ganzen ein Stück Leben. Der Künstler nennt so etwas: einen
Akzent.

Und auch im fotografischen Bilde spielt der Akzent eine wesent-
liche Rolle. Er wirkt wie ein kleiner Schwingungspunkt, der die
Gesamtheit erklingen läßt.

Fotografie ist Gestaltung mit Licht. Da wird es nicht Wunder
nehmen, wenn unsere Akzente gerade von den hellsten Partien
des Bildes, eben den Spitzlichtern gebildet werden. Denken wir
im besonderen an Gegenlichtaufnahmen. Dabei erscheinen die
Gegenstände vom Licht umflutet; sie werden umgeben von
einem Schimmern. Nehmen wir ein Porträt: Das Profil läßt sich
nicht besser betonen als gerade durch Gegenlicht. Und haben
wir eine fein ausgeprägte Profillinie, dann werden wir ohne
Bedenken zum Gegenlicht greifen. Wir lassen dabei dieses Profil
Akzent werden. Und damit rückt das Wesentliche des Bildes

DIE F OTO-JUGEND

in den Vordergrund und fällt uns besonders in die Augen. Der
Gegenstand tritt plastisch hervor, hebt sich vom anderen ab
erscheint vcm der Fläche losgelöst — klar und lebendig.
Fotografie ist Gestaltung mit Licht. Und das verpflichtet! Licht ist
unser Werkzeug, unser Schreibgerät, das uns heilig werden muß.
Und etwas Heiliges verschwendet man nicht. Wir müssen es
hüten als großen Schatz, als unseren Reichtum. Und daraus
erkennen wir ohne weiteres, daß das Spitzlicht das Wichtigste
im Bilde werden muß, daß es den Puls des Ganzen darstellt.
Nicht, indem es quantitativ in großen Massen auftritt! Sondern
indem es Akzent wird.

Gib deinen Bildern Leben! Schenke ihnen ihre Dynamik mit Hilfe
des Spitzlichtes. Komponiere mit Licht.

Doch das ist nicht der einzige Weg, um unsere Fotos lebendig
werden zu lassen. Von ebenso großer Bedeutung ist das Moment
der Klarheit.

Wenn unsere Bilder verworren sind, dann werden sie kaum
lebendig sein. Dann sind sie chaotisch. Es lassen sich mit einem
Foto nicht mehrere Motive zugleich formulieren. Ein Bild ist eine
geschlossene Ganzheit für sich und verlangt, daß ein Motiv zu
gestalterischer Vollendung kommt.

So finden wir die Methode zu lebendiger Darstellung. Sie fordert
das Erkennen des einen Motivs und Beherrschung der Technik
zur Erfassung eines dem Motiv entsprechenden Tonumfanges.
Dieser ist in der Natur eng gebunden an die herrschende
Stimmung. Mit Kunstlicht müssen wir ihn von uns aus schaffen,
indem wir entsprechend der Idee, dem Motiv, den Tonumfang
empfinden, der Natur nachgestalten. Hier findet das Verlangen
nach tonwertrichtiger Fotografie seine Begründung.

Das große Geheimnis des Lichtbildes ist lebendige Darstellung.
Und ein Erleben des Lichtes, dieses mehr oder weniger abstrak-
ten Etwas, wird nötig, um im Lichtbilde zu formulieren, auszu-
drücken und zu berichten.

Allerlei von Bedeutung

Allenthalben muß immer wieder beobachtet werden, wie dem
Negativ als kostbares Gut nicht die gebührende Sorgfalt gewid-
met wird. Bei der Aufbewahrung sowie Ausarbeitung hapert es.
Über die Ausarbeitung wurde erst kürzlich berichtet, so daß
hier für die Aufbewahrung ein paar Sätze von Bedeutung bleiben:
Registrierung ist wichtig, um Ordnung zu schaffen und einen
Überblick zu haben. Die Aufbewahrung in zusammengerollten
Filmstreifen ist ebenso unzweckmäßig wie ein wirres Durchein-
ander von Einzelnegativen. Denn auch das trockene Negativ ist
empfindlich. Zwar nicht gegen Licht, sondern gegen mechanische
Verletzungen, insbesondere gegen Schrammen.

Deshalb werden Einzelnegative zumindest in Bergamintaschen auf-
bewahrt, wenn schon die Anschaffung eines Ordners als zu kost-
spielig empfunden wird. Filmstreifen zerschneidet man. Denn
auch beim Aufrollen entstehen Kratzer.

Fingerabdrücke entstehen auch, wenn die Hände angeblich
trocken sind. Denn die Gelatine nimmt aus den Hautporen
begierig die Feuchtigkeit auf. Deshalb faßt man nicht nur Platten,
sondern auch Filme nur am Rande an.

Die Haltbarkeit der Aufnahmen ist abhängig von guter und aus-
reichender Wässerung. Das bezieht sich sowohl auf das Negativ
als auch auf das Positiv.

Einen bedeutenden Anteil hat hierbei der Zeitfaktor. Denn die
Fixiersalze müssen aus der Gelatine entfernt werden, wobei es
chemisch zu einem nicht unbeträchtlichen Teile um Diffusion geht.
Schalenwässerung ist schlecht, wenn die Aufnahmen lange Zeit
unbeweglich liegen bleiben und Positive sich womöglich dabei
überdecken. Häufiger Wasserwechsel ist deshalb am Platze.

Da die Fixiersalze schwerer sind als Wasser, sinken sie nach unten.
Somit können die Aufnahmen auch in einem tieferen Behälter an
Korkklammern schwimmend gut auswässern.

Die Wässerungszeit von einer Stunde soll man im allgemeinen
nicht kürzen.

GOLDENE FOTOWORTE

Diese wichtige Folge beginnt in der nächsten J U G E N D/;

Kurt Ziehanl

vorm. E.HÜtWj
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Redaktioneller Beitrag: Die Foto-Jugend
 
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