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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 42.1937, (Nr. 1-52)

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https://doi.org/10.11588/diglit.6784#0466
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Ausstellungen

D i e technische Z e i ch n u n g

Vorliebe für alte Landkarten, Schriften
und Leonardos technische Zeichnungen ließ
uns die VTeue Sammlung am X^ational-
mufcimt aufsuchen, wo „Technische Zeich-
nungen in Vergangenheit und Gegen-
wart" ausgestellt sind. Die kleine Schau
überrascht durch ihre Mannigfaltigkeit.
Aus jeder Gattung von Bauplänen, kunst-
gewerblichen lind technischen Zeichnungen
sind nur wenige, gut gewählte Stücke dar-
gestellt. Die Festungsbaukunst Leonardos
und Dürers, die Theaterprojekte und
Kunstbauten Ouaglios, Bibienas und
Ignaz Günthers geben ein eindringliches
Bild von dem kulturellen Mollen und
technischen Rönnen jener Zeiten. Gärtner
und Rlenze, die großen Baumeister Mün-
chens, sind sehr gut vertreten. Besonders
reizvoll ist Rlenzes ursprünglicher Ent-
wurf zu den Propyläen, welcher der
Glyptothek ähnelt. Doch ist der ausge-
führte Entwurf bester, denn er schafft
Rontraste und die notwendige Achse.

Das heutige München wird uns nahe-
gebracht durch die Entwürfe zu den gegen-
überliegenden parteibauten an der Arcis-
straße. Der Vergleich mit den Lichtbildern
der fertigen Bauten zeigt, mit welcher
künstlerischen Vollendung und graphischen
Feinheit die Überschneidung der Linien
und Profile geplant und ausgeführt
wurde. In der angewandten Graphik
fällt neben den klastischen Merken Rudolf
Rochs die Arbeit der Tageskiaste für ge-
werbliche Zeichnung an der Meisterschule
für Deutschlands Buchdrucker auf. Die
Reklamezeichnungen sind auf erfreulicher
höhe. Alles Schwarze, Plumpe und
Teigige ist abgestreift. Die Merbegraphik
ist elegant, hell lind leicht gehalten: —
eine Freude für den Anzeigenden und den
Leser, auch für die Zeitschrift, die solche
Merbung nur als eine Bereicherung,
nicht mehr als eine bedrohliche Belastung
ihres Inhaltes empfinden darf.

I m Flutlicht

^Hünchen selber bot dieser Tage eine
großartige Ausstellung seiner Bauten dar,
die es nachts im Flutlicht erstrahlen ließ.
Die Melt liebt nicht nur, das Strahlende
zu schwärzen, sondern auch in schwarzer
X^acht zu strahlen, wenn Vereinfachung
und Betonung die Mittel der Runst sind,
„die im Meglasten liegt", so gilt das hier
im besonderen Maße. Alles profane ist
ausgelöscht im Dämmer der Nacht, und
nur das Große tritt leuchtend hervor.

Das Siegestor, die Rirchen und die
neuen Bauten erfahren eine Betonung,
die durch die ungewöhnliche Lichtwirkung
von unten verstärkt wird. So blickt man
wohl durch das Negativ einer photogra-
phischen Platte, mit dem Unterschiede, daß
hier alles Wirklichkeit ist und um so un-
wirklicher erscheint.

Haus der D e u t s ch e n R u n s t

Eine sorgfältige Würdigung der Aus-
stellung müsten wir rins für die nächsten
Nummern Vorbehalten, denn hierüber
wird noch viel zu sagen sein. Ist diese
Schau doch in erster Linie bestimmt zur
Erziehung deutscher Rünstler für eine
große Aufgabe: Deutsche Runst. Von die-
sem Gesichtspunkt ausgehend, wurden
manche Merke zurückgestellt, die wohl
nicht schlecht, aber auch nicht deutsch emp-
funden sind. Anderes wieder wurde ge-
zeigt, das wohl deutsch empfunden, aber
noch alles andere als vollkommen ist.
warum wurden diese Merke ausgestellt;
Nicht weil sie schon einen Höhepunkt dar-
stellen. Denn wir sind erst am Anfang
einer neuen Zeit. Aber weil sie eine Rich-
tung weisen, weil in ihnen die gesunden
handwerklichen Grundlagen zu erkennen
sind, ohne die es nun einmal nicht geht,
wenn die Runst nicht entarten soll. Des-
halb wird auf manches verzichtet, was im
Treibhaus oder auf fremdem Boden ge-
wachsen ist. Dieser Tempel der Deutschen
Runst in seiner schlichten Erhabenheit ist
kein Panoptikum, sondern dient nur dem
einen Ziele: Der Erziehung zur Deutschen
Runst. Das Streben zur Echtheit und
Einfachheit drückt sich auch in der äußeren
Gestaltung des Dauses aus. Deutlich
treten hier wieder die Urelemente des
Bauens hervor.

Theater

R a m m e r s p i e l e : Das Horoskop
seiner L o r d s ch a f t

Unübertroffen wie die Walzer von
Johann Strauß sind die Gesellschaftsstücke
Oscar Mildes. Dietrich Loder hat großes
Geschick bewiesen, indem er Mildes No-
velle „Der Lhiromant" zu einem Lustspiel
gestaltet hat. würdig reiht sich dieses den
vier Gesellschaftsstücken des großen Iren
an. Die Stelle des Chiromanten vertritt
in diesem Falle ein Astrologe, der eine
hübsche Tochter hat, in die der smarte
Lord Ryne verliebt ist. Der astrologische
Schwiegervater liest aus dem Horoskop
des erstaunten Lords, daß dieser erst hei-
raten könne, wenn er vorher einen großen
Diebstahl begangen habe. Der Amateur-
verbrecher begibt sich nun ans Werk und
bricht in die leere Wohnung eines reichen
Erbonkels ein, nur um später zu ent-
decken, daß der gute Onkel inzwischen in
Indien verstorben ist und er, der junge
Lord, stch selbst bestohlen Kat. Verdrossen
setzt er sein Werk fort und gerät in eine
sehr peinliche Lage, hoffnungslos ver-
wirren sich die zarten Bande; doch die
Diskretion verbietet uns, den Schleier
zu weit zu lüften. Mir trauten unseren
Augen nicht, als wir eine junge Dame dem
Bade entsteigen sahen, die, durch den Vor-
hang geschützt, ungeniert Toilette machte.
Aber die Lampe zaubert ein reizendes
Schattenspiel auf das Gewebe und enthüllt
alles. Das an sich gute Stück wird durch
die Bühnenbilder von Sturm, durch die
ausgezeichnete Regie Otto Eduard Haffes,
der den jungen Lord Ryne mit unnach-
ahmlicher Nonchalance spielt, in das beste
Licht gerückt. Und jene junge Dame, die
— nun, Sie wissen schon —, also dieses
entzückende Geschöpf ist Paula Denk. Da
wir nun keine Theaterrichter von Beruf
sind, versagen wir es uns, die Leistungen
aller Darsteller einzeln aufzuführen. Es
genügt zu versichern, daß kein Blind-
gänger darunter und das Zusammenspiel
glänzend war. E. R.

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E. R.: München und die Kunst
 
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