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Ein deutscher Grafiker:

Hans Dtto Schonleber

ls auf der Weltausstellung in Paris
1937 dem obenstehenden Holzschnitt der
Grand Prix zuerkannt wurde, da mögen
wohl viele Kunstfreunde in Deutschland
zum ersten Male den Namen ^ans Otto
Schönleber gekört haben. Und mit wach-
sendem Staunen erkennen sie, daß dieser
Künstler, der schon im Jahre 1930 seinem
Leben ein Ende setzte, zu den Großen ge-
hörte, in denen in einem Zeitalter künstle-
rischer Auflösung die ewigen werte
deutscher Kunst fortleben.

Als Sohn des angesehenen Malers und
Akademielehrers Gustav Schönleber
wurde Hans Otto Schönleber )S§9 in
Karlsruhe geboren. Sein Vater, der ihm
die Mühe des „brotlosen" Künstlerlebens
ersparen wollte, ließ ihn Medizin studie-
ren. Da unterbrach der Weltkrieg dieses
Studium. Nach dem Kriege in die Heimat
zurückgekehrt, erkannte der Künstler seine
eigentliche Berufung und wandte sich der
Kunst zu. In München erlernte er bei
einem alten Kartenstecher den Kupferstich,
die schwerste der grafischen Künste.

Von den: Augenblicke, da er sich end-
gültig der Kunst zuwandte, waren ihm
nur zehn Jahre künstlerischen Schaffens
vergönnt. Die ersten Studien deutscher
Städtchen und deutscher Landschaft ent-
standen 192) —1924 im oberen Donautal,
dessen weltabgeschiedene, romantische Land-
schaften sein Schaffen am stärksten anreg-
ten. Um die Gegensätze kennen zu lernen,
ging Schönleber nach diesen Studien-
jahren für einige Monate nach Sizilien,
wo in Girgenti ganz andere Eindrücke
auf ihn einwirkten. In den Jahren
1924—29 zog der Künstler nach Feldafing
am Starnbergersee und arbeitete dort in
der Zurückgezogenheit seiner Werkstatt.
In den letzten beiden Jahren seines
Lebens weilte er in Stuttgart, nahe dem
oberen Donautal, das seiner Kunst zur
Heimat geworden war. Die innere Span-
nung, in der seine künstlerische Welt zu
den Zersetzungserscheinungen einer „inter-
nationalen Zeitkunst" stand, wurde ihm,
dem Vorkämpfer zeitloser, deutscher
Kunst, allmählich untragbar. Und in

solcher Spannung ging dieser titanische,
faustische Mensch am 20. Juli 1930 in den
selbstgewahlten Tod.

Sein Schaffen ist tiefinnerlich verwandt
mit den Werken Wolf Zubers, Matthias
Grünewalds, Albrecht Dürers und Lucas
Tranachs. Kupferstich und Holzschnitt,
diese eigentlich deutschen Künste, zogen
auch Schönleber in ihren Dann. In
dieser Arbeit gab es keine billigen Aus-
flüchte, kein leichtfertiges Hinwegsetzen
über die handwerklichen Grundlagen. Der
Grabstichel zwang zur restlosen Auseinan-
dersetzung mit dem Stoff. Daß diesem
unerbittlichen Gestaltungswillen eine
gleich tiefe schöpferische Fantasie entsprach,
zeigen die Themen der Kupferstiche. Der
zweite Teil des Faust, jener tiefsten und
geheimnisvollsten deutschen Dichtung, war
es, den Schönleber in einer Bilderfolge
gestaltete. Ganz gotisch sind die seltsamen
Fabelwesen, die Sphinxe und Greifen in
ihrer romantischen Landschaft mit den
großen Horizonten und zerklüfteten Fels-
zacken. Die Natureindrücke von Girgenti

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Hans Otto Schönleber: Donautal bei Werenwag
[nicht signierter Beitrag]: Hans Otto Schönleber
 
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