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f riedliche Landschaft

Walter Koch

DIE ZIEHHARMONIKA

Von Alexander Blum

epp Moser — bei der Kompanie
nicht anders als der „lange Seppl" von
seinen Kameraden benannt — war ein
schöner Tiroler Bauernjunge, weder
seine Große noch seine bisherigen Front-
erlebnisse vermochten etwas daran zu
ändern, daß er das heitere, unverdorbene
Naturkind blieb. Sein scharfer und
offener Blick verriet den Menschen der
Bergwelt, der schon als Kind zu den
höchsten Gipfeln emporstieg, um von dort
oben weiter in sein geliebtes Heimatland
hineinblicken zu können, bei Tag näher
der Sonne, bei Nacht den leuchtenden
Sternen — in Gottesnahe zu sein. Seppl
war der Liebling der Kompanie. 2llle,
Vorgesetzte und Kameraden, hatten ihre
Freude an dem prächtigen achtzehnjähri-
gen Jungen, der obendrein sämtliche
Tugenden eines guten und vorbildlichen
Soldaten in sich vereinigte, wenn es
galt, zum Sturmangriff gegen den Feind
vorzugehen, dann wurde plötzlich aus
dem fröhlichen großen Kinde ein ernster
Mann, der mit bewundernswerter Tapfer-
keit den Boden seiner Heimat zu verteidi-

gen wußte, den glühende Begeisterung
an der Spitze seiner Kompanie voran-
eilen ließ.

Erntegleichnis

Von Hanns Maria Braun

Wie immerwährend sich im Wind
die Halme von der Erde bis zur Höhe
wiegen,

wie einer jeden jungen Mutter Kind
durch kleine Tage lernt das Jahr besiegen,
so bleibt in schwersten Zeiten das Be-
greifen:

Sei gläubig, Volk, wenn deine Ähren
reifen!

Wie aus den Halmen gold'ne Früchte fallen
und jede Frucht die tiefsten Furchen neu
belebt,

wie aus den Schattentagen immer allen
die Sonne morgenfrüh zur Höhe strebt,
so wächst ein Ruf, der alle Ewigkeiten
streift:

Sei gläubig, Volk, weil deine Jugend
reift!

Zweierlei Art war die Sorge, die den
Seppl in seinem Frontleben sehr beschäf-
tigte, die er aber kameradschaftlich mit
dem Koch und dem Feldwebel des Montur-
magazins teilte. Hielt er nicht gerade das
Gewehr in seinen Riesenpranken, dann
war es sicher die gefüllte Menageschale,
deren Boden ein Loch zu haben schien,
denn seine Kameraden hatten ihre Mahl-
zeit noch nicht beendet, füllte der Koch mit
sorgenvoller Miene bereits zum dritten
Male Seppls dargereichten zauberhaften
Futternapf. Auch der Feldwebel hatte es
gewiß nicht leicht, wenn er ab und zu für
den Seppl ein paar passende Schuhe im
Magazin heraussuchen mußte. Schweiß-
perlen glänzten auf seiner Stirne, wenn
selbst in das fünfzehnte paar Schuhe die
Füße des wohlgebauten Infanteristen
noch immer nicht hineingehen wollten. „I
glaub, Seppl", meinte dann der Feld-
webel, „mit solche Haxen wia deinige hat
nit amol die Heeresverwaltung grechnet.
Da, dös ischt a paar, da gengan meine
beiden Füaß in an Schuach eini und wann
die a nit paffen, dann haßts halt bloß-

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Walter Koch: Friedliche Landschaft
Alexander Blum: Die Zieharmonika
Hanns Maria Braun: Erntegleichnis
 
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