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Der Rausrederer

Anton Dederböck hat vorgestern einen
Rausrederer bekommen, was das ist, ein
Rausrederer; Ein findiger Ropf hat ihn
konstruiert um den Besitzern von Einfami-
lienhäusern und ihren Hausfrauen man-
chen Schneidergang zum Gartentürl zu er-
sparen. Er ist in einem Betonpfosten ein-
gebaut und wenn der ahnungslose Besu-
cher oder der noch ahnungslosere Rragen-
knöpflhausierer lautet, tönt ihm aus dem
verborgenen Gehäuse eine ungehaltene, ein
wenig herrische Stimme entgegen: „was
wünschen Sie;!"

Hat sich dann der verdutzte Besucher oder
der noch verdutztere Rragenknöpfelhau-
sierer vom ersten Schreck erholt, dann
kann er den Zweck seines Besuches in den
Rausrederer hineinsagen. Dann springt
das Gartentürl auf oder nicht, je nachdem.
Ist's ein Spezi des Hausherrn oder ein
Raffeebesuch der Hausfrau, dann öffnet
sich die Pforte bereitwillig und freundlich.
Ist's ein Rragenknöpflhausierer oder ein
Versicherungsagent, dann heißt es Herr
und Frau sind nicht zuhause, basta — und
das Türl bleibt geschloffen.

weil Anton Dederböcks Häuschen hin-
ter dichten Baumgruppen am Ende des
großen Gartens lag, war ihm der Blick
an die Gartentüre versperrt. Der Raus-
rederer war demnach ein dringliches Be-
dürfnis für ihn — und für die Schulbu-
ben des Ortes eine neuartige Belustigung.
„Der Dederböck hat an Rausrederer!"
wisperten die Buben wahrend der Pause
zusammen. „Den müaß ma ausprobiern
nach der Schui!"

*

An diesem Tag hatten es die sechsten
Rlaßler besonders eilig. Im Dauerlauf
ging's zu Dederböcks Gartentor. Erst lur-
ten sie zwischen dem Staketenzaun hin-
durch, dann drückte Fritzl, der bei allen
Streichen den Ton angab, auf die Rlingel.

„Sie wünschen;!" tönte Dederböcks
Stimme.

Die Buben kicherten.

„wer is' denn draußen!;"

Fritzl trat ganz nahe an das Blech-
gehäuse heran. „Da is' da Hansdampf!"

„Ja, da hört si' doch allas auf!" rief
Dederböck.

Da platzten die Buben so laut heraus,
daß Dederböck das Ohrwaschel surrte und
stürmten davon.

*

Ein wohlgelungener Spaß reizt zur
Wiederholung. Am nächsten Tag standen
sie wieder, um einige „Mannen" verstärkt,
vor Dederböcks Gartentüre.

„wer is' draußen;"

„Da is' da Hans Raschba und fragt ob
d' Rnödl scho fertig san!"

Diesmal warteten sie die Antwort
Dederböcks nicht mehr ab, brüllten vor
Vergnügen, daß sich die Membrane bog.
Es schien fast, als sollte der Jux zu einem
ständigen Anhängsel des Stundenplans der
sechsten Rnabenklaffe werden; am dritten

Auf Pfützen warm die Sonne glänzt,
und Mensch und Tier spürt, daß es lenzt.
Es legen auch die Hühner wieder;
und Jugend probt die Wanderlieder ...
Man schlürft nun Tee- und Kräuter-
mischung

zur Säfte- und zur Blutauffrischung,
damit man plastisch und elastisch
biegt man sich rhythmisch und
gymnastisch. —

Der Lenz wird alle Mühen lohnen
mit Vitaminen und Hormonen.

Den Dichtern, welche Lenzgestalter,
blühn Knospen schon am Federhalter...

K i k i

Tag versammelten sich die Übeltäter wie-
der vor dem Rausrederer, noch um ein
paar Stufen übermütiger und lauter.

„Da is da Raschperl und sei Frau
und-"

Ein wütendes Hundegebell fuhr aus dem
Sprechtrichter, ein Fletschen und Rnurren,
als wollte eine ganze Meute auf die Ho-
senböden der Buben losfahren. Fritzl, der
ganz dicht vor dem Schalloch stand, warf
es beinahe um. Da rumpelte die Gesell-
schaft auf und davon!

Dederböck aber stand seelenvergnügt am
anderen Ende des Rausrederers und stellte
gemächlich die Schallplatte ab.

Von diesem Tage an diente der Raus-
rederer nur noch seinem vorbestimmten
Zweck. Kar! Spenjler

Der anonyme Brief . . .

Herr Meier bat auf seinen Nachbarn
eine furchtbare Wut. Dem Rerl würde er
furchtbar gern mal so von ganzem Herzen
die Meinung sagen. Aber riskieren will
er dabei auch nichts, denn der Machbar ist
ein starker Mann und mit dem Gericht ist
auch nicht zu spaßen. Also setzt sich Herr
Meier hin und schreibt einen anonymen
Brief, der von wüsten Ausdrücken und
Beschimpfungen strotzt. So! Zufrieden
klebt er ihn zu und schreibt die Adresse.
Dann ruft er seinen Buben. „Da hast an
Brief. Den trägst jetzt hinunter zum
Briefkasten und wirfst ihn ein."

Nach kurzer Zeit ist der Bub wieder da.
„Hast du den Brief schon eingeworfen;"
— „Des Hab i gar net braucht", strahlt
der Bub. „Auf der Stiegen ist mir schon
der Nachbar begegnet. Da Hab i ihm den
Brief gleich gegeben mit an schönen Gruß
von dir, Vater..." woferi

Die Konzession

Ein Freund, der vor dem Kriege lange
in Petersburg gelebt hat, erzählte die
folgende vergnügliche Geschichte aus dem
zaristischen Rußland. Man war dort eines
Tages auf den Gedanken gekommen, eine
neue Eisenbahn zu bauen. Die Strecke
war lang, und es war für die mit dem
Bau betrauten Leute ein hübsches Stück
Geld zu verdienen. Rein Wunder, daß aus
der ganzen Welt Unternehmer kamen, die
die Sache machen wollten, und sich eifrig
um die Ronzeffion bewarben. Natürlich
waren auch — Amerikaner darunter.

Nun weiß man ja, wie das in Rußland
gemacht wurde. In diesem besonderen
Falle war ein einflußreicher Minister, der
den Bau zu vergeben hatte, zu „über-
zeugen". Eines schönen Morgens, an dem
die Sonne glühend weiß vom wolkenlosen,
tiefblauen Himmel herunterbrannte, er-
schien bei diesem Minister einer der bau-
lustigen Amerikaner mit einem vorsint-
flutlichen Regenschirm in der Hand.

„was wollen Sie denn bei so prächti-
gem Wetter mit dem Regenschirm;"
fragte verwundert der Minister. — „Ich
wette mit Ihnen um 50 ooo Dollar, Exzel-
lenz, daß es noch vormittag regnen wird",
erwiderte phlegmatisch der Amerikaner.

„Gemacht;" sprach die' Exzellenz, wo-
rauf man vom Geschäft sprach. Natürlich
regnete es auch nicht einen Tropfen, und
der Rankee zog Punkt 12 Uhr sein Scheck-
buch aus der Tasche, schrieb oben hin:
„5o ooo Dollar" und unten hin seinen
Namen und sagte seelenruhig:

„Ich habe die wette verloren. Hier ist
das Geld!"

Sprachs, entfernte sich grüßend und
ließ sogar den Regenschirm da. Am näch-
sten Morgen hatte er die Eisenbahnkon-
zeffion. Bayrhe
Register
KiKi.: Gedicht ohne Titel
Bayrhe: [Vermischtes]
Franz Jäger: Vignetten
 
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