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I Tnter den Gemälden, die im Jahre 1874 aus der Suermondtschen
Sammlung in die Berliner Galerie übergingen, war auch das Bildnis
einer Fürstin, durch das die Sammlung des Alten Museums zum ersten-
mal in den Besitz eines echten, wenn auch nicht hervorragenden Yelazquez
kam. Die Dame hieß bisher Elisabeth von Bourbon, Tochter Heinrichs IV
und erste Gemahlin Philipps IV von Spanien; aber die Vergleichung be-
glaubigter Bildnisse ergab, daß es die Infantin Marie war, eine Schwester
desselben Philipp, gemalt nach der Aufnahme, die der »Maler des Königs«
im Jahre 1630 zu Neapel gemacht hatte; diese ist in dem Brustbild des
Madrider Museums erhalten.

Es ist eine blonde bleiche Erscheinung, diese vierundzwanzigjährige
königliche Braut. Gewisse Familienzüge: der vortretende Unterkiefer, die
breite Unterlippe, die schwere Stirn, hat die Natur in einer ihrer guten
Launen so gnädig gegeben, daß sie unter dem Pinsel eines weniger un-
bestechlichen Gharakteristikers wohl kaum bemerkbar geblieben wären.
Sie trug nach der Mode der Zeit die gekräuselten Haare aus der Stirn
gestrichen, hinten etwas aufgethürmt, mit einem schwarzen Spitzenschleier
umwunden; an der Seite zu einem traubenförmigen Gelock anschwellend,
bis zur Höhe der Ohrringe. Das Gesicht ist fast schattenlos. Der breite
gezackte, blau gestärkte Steinkragen ist in einem durchsichtigen, jetzt form-
verschwommenen Grau skizzirt, durch das der helle Gesichtston gewinnt.
An der schweren goldenen Halskette hängt eine Kamee mit der von
Engeln verehrten Hostie. Die klugen blauen Augen blicken in der frischer
gemalten Halbfigur zu Madrid, wo das Kleid von anderer, brauner Farbe
ist (Museo del Prado No. 1072) eine Idee angenehmer, als in unserer
Leinwand, wo über dem Antlitz ein Hauch geringschätzigen Stolzes zu
schweben scheint.

Ihre Stellung ist die übliche der vornehmen Frauenfiguren der Zeit.
Die Rechte stützt sich auf die Ecke der Stuhllehne; sie erscheint in einem
nicht glücklichen, geballten Profil. Und doch hatte sie ohne Zweifel
schöne Hände, wie ihre Schwester Anna; aber Velazquez behandelt die
Hände oft stiefmütterlich. Die herabhängende Linke gräbt die Finger in
ein weißes Tuch. Dies mit wenigen breiten Zügen von deckendem Weiß
über die rothe Untermalung hingeschleuderte Spitzentuch war vielleicht
 
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