Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3°4

DIE SPANISCHE BRAUTFAHRT

ein Wertstück von vielen hundert Ducaten1). Sie tragt ein ganz glattes
Kleid von schwerem olivengrünen Taffet, die augenförmigen Schlitzchen
sind mit Goldlitzen gesäumt und mit weißer Seide gepufft. Das kegel-
förmige Reifgestell giebt der Figur die Gestalt einer Glocke. Ein ähn-
liches Kleid hatte sie bei ihrem Abschied von Madrid getragen und mit
Thränen benetzt-). Ein scharlachrother Vorhang (von einem sonst bei
dem Maler unerhörten Brand), complementär gestimmt zu der Farbe des
Kleides, war vielleicht bestimmt den vornehmen Goldschimmer der Ge-
stalt zu heben, verstärkt indeß noch den fast kränkelnd blassen Ton des
Gesichts.

Dies Bildnis entspricht der Schilderung, die der Florentiner Michelangelo
Baglioni entwirft, der ihr in demselben Jahre im Auftrag des Großherzogs
von Toscana nach Barcelona entgegengereist war"). »Sie empfing mich
stehend, an der Wand neben dem Fenster ... Sie trug ein Kleid von
schwarzem Sammt . . . Ihr Kopfputz war hübscher als ihr Anzug. Es
ist ein Engelsgesicht, eine der schönsten Damen, die ich in meinem Leben
sah: sehr weiße Haut, blonde Haare, mehr ins weiße als goldene, echt
königliche Miene, das Kinn ein wenig vorstehend, der Schopf zugespitzt
und gekräuselt . . . Sie hörte meinen Vortrag aufmerksam an, antwortete
freundlich, aber so leise, daß ich mit größter Mühe kaum einige Worte
verstand.« Dies war schade, denn der Abbate Scaglia*), der savoyische
Bevollmächtigte (bekannt aus dem schönen Bildnis des van Dyck), fand,
daß sie sich sehr gut ausdrücke, und auch sonst die Observanzen der Eti-
quette mit Grazie ausführe.

Marie besaß einen festen Charakter, vollkommene Selbstbeherrschung
und große Gewissenhaftigkeit in ihren religiösen Uebungen. Dort in der
Hauptstadt Cataloniens, wo sie sich ihre Tagesordnung selbst zusammen-
zustellen hatte, brachte sie einen Teil ihrer Zeit hin mit Besuchen der
Kirchen, wo Ablaß zu haben war, und Nachmittags nahm sie in den reichen
Nonnenklöstern das Vesperbrot. In der Fastenzeit speiste und bediente
sie zwölf arme Weiber. Sie unternahm die beschwerliche Reise nach
dem Montserrat, wobei sie sechs Stunden zu Fuß und auf des Abts

*) Ein solches »Nasentuch« fpanueloj,
das aber auch als Kelchtuch dienen könne,
und das von einer verstorbenen Braut her-
rührte, bietet dem Großherzog Ferdinand II
sein Agent Paolo di Sera in Venedig 164S
für 200 Ducaten an (Brief v. 6. Februar,
Medic. Archiv).

2) La Regina stava vestita di verde
guarnito d'oro (Br. des Bischof Gandolfo
v. 4. Januar 1630, Turiner Archiv). Auch
in Neapel sah sie PADOVINO in einem
Kleid von grünem Taffet.

3) Tiene una faccia d'angelo, et credo

che sia una delle belle signore che io
habbiavisto invitamia; carne bianchissima,
pelo biondo, che tira piü al bianco che
al dorato; aria veramente regia, il mento
un poco poco in fuora, il ciuffo alto appun-
tato, et alquanto arricciato, ma disfatto
col pettine, et ä me non pare che si possa
vedere piü bella cosa (13. April 1520, Me-
dic. Archiv).

4) E gentilissima, e con molto gratia
j si corrispondere ad ogni compimento, e
| parla molto bene. 1. Januar iöio, Turiner
Archiv.
 
Annotationen