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Justi, Carl
Michelangelo: neue Beiträge zur Erklärung seiner Werke — Berlin, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.14274#0019
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Die Jugendwerke Michelangelos

"JVTTCHELANGELO in der Vorstellung früherer Zeiten ist der rö-
ItI mische Michelangelo, wie auch sein äußerer Mensch nur als
der gewaltige, tiefdurchfurchte Greisenkopf bekannt war. Aus den
römischen Werken (mit Einschluß der Medici-Kapelle) schöpfte man
die Formel seiner Kunst. Ihr Grundzug war eine erhabene Mono-
tonie, — heroische Gliedmaßen, hochgespannte Kraftäußerung, auf-
fallende, berückende Geberdensprache. Das letzte Riesenwerk des
Künstlers galt als seine vollkommenste Offenbarung. Diese Art
war freilich geeignet, der Phantasie und Erinnerung sich einzu-
prägen; es war nicht schwer ihn wiederzuerkennen, beinahe sogar
nachzuahmen. Seine Menschen, sagte man wohl, sind Wesen einer
andern Welt als die unsrige; aber man fügte hinzu: nach seinem
eignen Bilde geschaffen. Er gestaltet was ihm vorkommt mit
souveräner Willkür, wirft es in die Gußformen seiner Phantasie,
unbekümmert um Angemessenheit und Überlieferung. Heilige
und Teufel, Propheten und Helden, Götter, Menschen und Halb-
götter, es waren alle Wesen desselben Stammes. Er verschmäht
den Anschluß an die individuelle Natur, also die einzig wirk-
liche? aber er bindet sich auch nicht an die üblichen, allgemeinen
Verhältnisse und Normen menschlicher Gestalt. Die Kunst ist Selbst-
verkündigung: darin soll seine Modernität liegen.

So war es nicht von Anbeginn. In dem was er in jungen
Jahren gemacht, vor dem Ruf des Papstes, der ihn in neue Bahnen
warf, ist nichts von jener grandiosen Einförmigkeit. Obwohl diesen
Werken der Stempel seiner Persönlichkeit keineswegs fehlt für den,
der versucht hat ihn sich aufschließen zu lassen, ihr gemeinsames
Merkmal ist eher Mannigfaltigkeit, dieser Gegenpart der Einheit:
Ji
 
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