III. Eurhythmie
Neben seinen Zyklen und Perioden bildete Dürer gleichzeitig die
Eurhythmie der Paarung aus.
Die Vielzahl der an seinen rhythmischen Zyklen und Perioden Be-
teiligten schränkt er auf zwei ein, verwandelt die Sukzession in ein
symmetrisches Gegenüber, verändert die gleichgerichtete Bewegung
der Züge in eine zentralisierende Annäherung und ein Aufeinanderzu.
Im Paar sind die Partner Gegenspieler. Aus ihrer
räumlichen Symmetrie geht dynamische Symme-
trie hervor. Die Partner sind weder kongruent, noch in allen Fällen
flächenhaft bilateral symmetrisch komponiert, sondern treten zu-
weilen statt in gleicher Zone schräg im Raume auf. Es entspre-
chen sich ferner nicht alle Körperteile in gleichem Maße, sondern
vornehmlich die der inneren einander zugekehrten Seiten, während
die äußeren zuweilen verschieden bleiben. Begründet ist die Ähn-
lichkeit der Partner in einer Gemeinschaft: die Gegenspie-
ler sind verwandt, mag nun gleiche Abstammung oder ein Ehebund,
gleicher Beruf oder gleiches Schicksal sie verbinden. Aber außerdem
vereinigt ein aktuelles Motiv das Paar, sei es daß beide an einem ge-
meinsamen Gegenstand zweckbewußt interessiert, sei es, daß sie von
einer gleichen nicht äußerlich motivierten, sondern innerlich verspür-
ten Empfindung beherrscht sind. Immer haben die zwei Anteil an
derselben Sache oder demselben Gefühl und das gleiche Erleb-
n i s hatte zur Folge, daß auch die Körper gleiche Bewegung
undHaltung annahmen, im Gegenüber dereinezum Spie-
gelbild des andern wurde. Weil sie im Ensemble miteinander
zu tun haben, werden sie assimiliert, Menschen, die etwas gemein-
sames erleben, spielen sich aufeinander ein. Im Widerspiel der Part-
ner vollzieht sich eine Handlung; Bewegung dominiert. Handlung
und Bewegung verwandeln die Koordination in eine Subordina-
tion, fügen in die G 1 e i c h h e i t U n t e r s c h i e d e ein. Denn in
ihrer gleichartigen Handlung hat einer der Gegenspieler einen tonan-
gebenden Vorrang, mit Überlegenheit wirkt er anregend auf seinen
Partner ein; der Erfolg ist, daß dieser einen Abglanz von jenem
empfängt. Dem Kräfteverhältnis der Eurhythmie liegt kausale
Abhängigkeit zugrunde. Durch sie sind beide aufeinander an-
gewiesen und ergänzen sich wie komplementäre Hälften. Machtwir-
kung, die von dem Führer ausgeht, erzeugt im Gegenüber einen Re-
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Neben seinen Zyklen und Perioden bildete Dürer gleichzeitig die
Eurhythmie der Paarung aus.
Die Vielzahl der an seinen rhythmischen Zyklen und Perioden Be-
teiligten schränkt er auf zwei ein, verwandelt die Sukzession in ein
symmetrisches Gegenüber, verändert die gleichgerichtete Bewegung
der Züge in eine zentralisierende Annäherung und ein Aufeinanderzu.
Im Paar sind die Partner Gegenspieler. Aus ihrer
räumlichen Symmetrie geht dynamische Symme-
trie hervor. Die Partner sind weder kongruent, noch in allen Fällen
flächenhaft bilateral symmetrisch komponiert, sondern treten zu-
weilen statt in gleicher Zone schräg im Raume auf. Es entspre-
chen sich ferner nicht alle Körperteile in gleichem Maße, sondern
vornehmlich die der inneren einander zugekehrten Seiten, während
die äußeren zuweilen verschieden bleiben. Begründet ist die Ähn-
lichkeit der Partner in einer Gemeinschaft: die Gegenspie-
ler sind verwandt, mag nun gleiche Abstammung oder ein Ehebund,
gleicher Beruf oder gleiches Schicksal sie verbinden. Aber außerdem
vereinigt ein aktuelles Motiv das Paar, sei es daß beide an einem ge-
meinsamen Gegenstand zweckbewußt interessiert, sei es, daß sie von
einer gleichen nicht äußerlich motivierten, sondern innerlich verspür-
ten Empfindung beherrscht sind. Immer haben die zwei Anteil an
derselben Sache oder demselben Gefühl und das gleiche Erleb-
n i s hatte zur Folge, daß auch die Körper gleiche Bewegung
undHaltung annahmen, im Gegenüber dereinezum Spie-
gelbild des andern wurde. Weil sie im Ensemble miteinander
zu tun haben, werden sie assimiliert, Menschen, die etwas gemein-
sames erleben, spielen sich aufeinander ein. Im Widerspiel der Part-
ner vollzieht sich eine Handlung; Bewegung dominiert. Handlung
und Bewegung verwandeln die Koordination in eine Subordina-
tion, fügen in die G 1 e i c h h e i t U n t e r s c h i e d e ein. Denn in
ihrer gleichartigen Handlung hat einer der Gegenspieler einen tonan-
gebenden Vorrang, mit Überlegenheit wirkt er anregend auf seinen
Partner ein; der Erfolg ist, daß dieser einen Abglanz von jenem
empfängt. Dem Kräfteverhältnis der Eurhythmie liegt kausale
Abhängigkeit zugrunde. Durch sie sind beide aufeinander an-
gewiesen und ergänzen sich wie komplementäre Hälften. Machtwir-
kung, die von dem Führer ausgeht, erzeugt im Gegenüber einen Re-
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