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Kaukasische Post: die deutsche Monatszeitung aus dem Südkaukasus — 9.1914 (5. Januar -16. August)

DOI issue:
No. 19 (11./24. Mai 1914)
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https://doi.org/10.11588/diglit.21957#0295
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JS6 19

St a u f a f i f % c $ o f t.

13

aua) er juerft bic SHbftcht, einen anberen Seruf ju ergreifen,
unb jwar war es bie SuriStorubenj, ber er ftd) juwaubte, 2lber
er ging fe^r balb jur 9Wuftf über; nach furzen ©tubien begann
er, erft ein gwanjigjähriger, ftch braftifd) ju betätigen. SreSlau,
SEnr^burg, ©rag unb Safel waren bis 1871 bie Stationen
feiner Sehr* unb Sßanberjahre. Stadlern er bann unter Sßot*
lini (1872) italienifche Obern birigiert hatte, fam er 1873 an
baS ©reSbener &oftheater, wo er über 40 3ahre lang gewirft
hat. ©te Titel, ©eneralmuftfbireftor, (Beweinter föofrat, bie
ir)m im Saufe ber ^a^re oerliehen würben, beweifen bie 2tner*
fennung feiner Serbienfte, beren er ftch an t}ol)er ©teile ju er*
freuen ^atte. 3m 3a§re 1897 mürbe er oom ßaifer bon Defter«
reich in ben erblichen 2lbelSftanb erhoben, ©djuch mar bon
föaufe aus für ben ©irtgentenberuf wohl nicht fo eminent be*
gabt wie manch ein anberer bon benen, bie fidj einen berühmten
9iamen gemalt haben. Slber eine ftrenge ©elbftäucht fyatte ihn
in ben Seftfe einer ©irigtertechnif gebraut, bie ihresgleichen
fuchte. ©eine ßlugbett, fein fixerer muftfalifcher 3nftinft,
fein aufeerorbentlicheS ©efühl für ben St^t^muS, fein ©inn
für bie ©chönheit beS Klanges, fein bradjtbotles jugenblicheS
Temperament — baS alles liefe ihn fafjinierenbe ©rofetaten
bollführen. 2Benn ein Reiftet* mie ^icharb ©traufe feine ,,©a»
lome", feine „©leftra", feinen „9iofenfabalier" juerft in ©rei-
ben aufführen liefe, fo wufete er fehr wohl, was er tat. (SS
maren nicht nur bie ©chönheit beS Kaufes, bie SoHfommenheit
beS 2lufführungSabbarateS, bie ihn beftimmten, fonbern jum
wefentlichen Teil ftcherlich auch ber Umftanb, bafe er in ©d?ud?
einen begeifterten 2JHtfämbfer ^atte, einen a^ufifer, ber ftch mit
einem magren Feuereifer an bie Söfung ber fchwierigen Staf*
gaben machte, ber bie Aufgaben löfte, mie ber Äomvonifl eS
ftd) eben nicht beffer münden fonnte. ©er SRame @rnft 0.
©chuch mirb nicht bergeffen merben! ©chuch mar übrigens mit
ber befannten Dbernfangerin Älementine Prosta verheiratet,
bie gleichfalls in Bresben wirft*, ©eine Tochter Sifel b. ©dmch
ift. auch unter bie Sängerinnen gegangen.

Der bestrafte Dorfbüttel.

3m ©orfe & War einft ein luftiger Söütte£,
bewaffnet mit berbem, gewaltigem Knüttel;
Wenn er walttn mufet' feines SlmteS im Ort,
War er flinf auf ben Seinen, balb hier, batb bort.
SBenn ©dml^ unb Seifiger ihm etwas befehlen,
fo barfs ja bei Seib nicht an irgenb was fehlen,
gchorfam unb bünftlich führt alles er aus
unb fe^rt bann fchneU um ins ©emeüibehauS.
©och alles §at ^ter in ber SBelt ^>cxtt jwei ©eiten,
bie eine anjtehenb, bie anbre gum Reiben;
mein SBaibel, ber hatte, S'hilft fyn *>och ^in
ob ©ommer, ob SBinter, ftetS eine burftbe ßehl'.
3n felbigem S)orf gibts ftetS SBeineS bie güHe,
bie Sauern fmb freigebig, niajt fnaufrig beim ©piele;
baS nü^t unfer Nüttel, wann unb wo er'S fann
unb rühmt noch unb lobt fid? als braben Wlann.
SBenn oben im 2)orfe Dem 3örg er mufe ^bieten'',
ben Wichet unb grieber gum ©a)uljen befc£>ieben,
fo weife er gauj ftcher, bafe ieber ber X>rei

ihm winft gutn erfrifchenben Sabtrunf ^erbei.
©och cinftenS im ©ommer in ber 2lbenbftunbe
macht amtshalber wieber im SDorf er bie 9tunbe
unb fommt nun mit trocfener ^ehl unb ganj matt
3tt A'S ^auS — bort tranf oft er fia) fatt.
©in ©läSchen! fo winft er mit flehenber Sitte,
Unb A läuft ins £auS mit behenbem ©chritte,
ergreift fchneU 'ne glafche im ^üchenfchranf
famt SÖeingtaS unb eilt mit bem fühlenben Xranf.
©er ©urftige teertS mit gewaltigem 3uge,
oerneigt fich fchön banfenb, unb ift wie im fttuge,
eb A ftch'S oerfehen, jum ^aufe fyinauä
benn S' ©chul^enamt war fchon im ©meinbehaus,
greunb A geht inbeffcn mit ©lassen unb f^Cafc^e
gur Sam&e bebächtig unb nimmt aus ber Xafdje
bie ©chac&tel mit äünbholj, entfachet baS Sicht,
betrachtet bie SBeinflafch unb blafe wirbs ©efxc^t.
©ie Tintenflafch hält er in jitternben ^änben
unb greift nach bem ßopf unb bann nach ben SBänbeUf
boa) als er gebeichtet ber £auSfrau bie Xats
fo lacht bie ganj luftig: 3*6* ift er mal fatt I —
©eit jenem oerhangniSooU bitteren ©lafe
tranf nichts mehr Der Süttel auf jener ©trafee
unb ging an bie Sürger nur bann blofe um SBein,
wenn l^ß *r erglanjte im ©onnenfdjein.

N.

Mona Renata.

hobelte bon Äurt SRünjer.

@in namenlofer ©hronift ber ©tabt glorenj, ber im 2ln#
fange beS fünfgehnten 3abrlmnbertS fchrieb, ergäbt jwifchen
! feinen iroefenen 2lufjetchnungen ber ©tabtbegebenheiten unb
; polittfehen (Sreigniffen hier unb ba Vorfälle beS priöaten SebenS,
i @r berichtet ßünftteranefboten, ©chelmenfireiche unb Siebes*
abenteuer, aber alles in einem ungenierten ©til unb in fach*
l licher Seife. 9iur an einer einigen ©teile üerläfet er feinen
Phantaftelofen Tatfachenbericht unb fchmücft feine ©arfteßung
■ ein wenig aus, fei eS mii eigener @rfinbung ober ber SBieber*
gäbe ber bamals umgehenben ©chilberung. @S ift bieS bie furje,
traurige ©efa)ichte ber jungen $rau Renata, bie ben bieberen
(Shroniften wol;l felbft erfa)üttert fyaben mag, fo frembartig
nooeEiftifch auSgeftaltet fteht fie jwifchen feinen nüchternen
Jtotijen. sJlber ba ift fte felbft, aus bem ungefügen Urtext ins
gefchmeibigere ©eutfeh übertragen.

3u biefem felben 3ahre oierjehnhunbertbreifeig befchäftigte
I um bie Dfterjeit ein betrüblicher SorfaU bie ©emüter.

©er «gerr granceSco 3Kelji war ein nicht aH^u begüterter
Kaufherr, aber bom ©chicffal gefegnet mit einer unenblich h0^
blühenben Tochter, Renata geheifeen. Keffer ^ranceSco nnb
feine $rau ©milia Ratten eine erfte Tochter früh o*rloren,
unb als üiele 3ahre fbater eine gweite fam, biefe freubig als
2Biebergeborene begrüfet. ©ie wuchs heran, faft ju fchön für
bie (Srbe, unb faum war fte mannbar, fo bemühten ftdj bie
3üngtinge ber ©tabt um fte, obfehon ihr Sater nicht reich ju
nennen war. 2lber fte fchenfte ihr ^erj einem gleichfalls Un«
begüterten, ber nichts als fein Talent fyatte, einem 2flater in
ber SBerfftatte ©h^ertis, bem jungen ©tefano. 3h^ Butter
 
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