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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0091
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KREIS ERBACH

Fortsetzung des Helmes bildet eine Halsberge mit zierlicher Einfassung aus erhabenen
und vergoldeten Blumenschnüren.

Die Armatur eines Grafen von Leiningen, Geschenk des Fürsten Karl von
Leiningen an seinen Schwiegersohn, den erlauchten Gründer der Erbacher Samm-
lungen , zeigt eine blanke Stahlrüstung mit getriebenen Furchen und gehört der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an. Stil und Technik erinnern an den Mai-
ländischen Typus, welcher seit Maximilian's I Zeit auch in den Werkstätten deutscher
Waffenschmiedekunst, vornehmlich zu Augsburg, München, Nürnberg und Eger, in
erfolgreicher Pflege stand. Die Halsberge dieser Rüstung zeigt festen Schluss.
Ellbogenkapseln und Kniestücke sind mit muschelförmigen Meuseln versehen. Die
gerade Parirstange des Schwertes wird von zwei kleinen Bügeln flankirt. Beachtens-
werth ist die Ornamentation des Schildes, welcher in sechs strahlenförmige Felder
zerfällt, worin kleine Rundschilde mit je acht Buckeln die Füllung bilden. Eine
eigenthümliche Verzierung besteht darin, dass sowohl die kleinen Zierschilde wie
der Rand des grossen Schildes, dessen Flächenschmuck sie ausmachen, mit seidenen
Fransen gesäumt sind.

Eine bald dem Herzog Philipp von Burgund, bald dessen Sohn Karl dem
Kähnen zugeschriebene Armatur entspricht ebenfalls dem Mailänclischen Typus,
jedoch in seiner frühen Entwicklung. Zwar kommen die getriebenen Furchen
der eleganten blanken Stahlrüstung auch im 16. Jahrhundert vor; allein die nur
bis an den Fuss reichenden Beinröhren und das Kettengeflecht der Schuhe, die
nur an der Spitze Schutzkappen von Eisen tragen, sind Merkmale, welche den
früheren Ursprung keineswegs ausschliessen.

Unter mehreren anderen, grossentheils aus dem Zeughause zu Nürnberg er-
worbenen Fussarmaturen dürfen nicht übergangen werden: Die Rüstung des Nürn-
berger Hauptmannes Wolf Böhm von 1523 mit flachem Brustharnisch, Krebs-
schwanz-Nackenschiene an der Burgunderkappe und leicht beweglichen Beinplatten;
eine schwarze Eisenrüstung des Ritters Konrad von Limpurg-Speckfcid (f 1634);
eine zweite schwarze Eisenrüstung mit rothem Kreuz und mit Eselsohren als Helm-
zier; und eine dem 16. Jahrhundert angehörige blanke Rüstung mit dem Dalbergischen
Wappen. — Auch ein vergoldeter Ringkragen mit der trefflich getriebenen Relief-
darstellung eines Türkengefechts hat Anspruch auf Erwähnung. — Eine Platten-
rüstung, früher auf Schloss Ambras und seit 1809 in Erbach, wurde wegen ihrer
Kleinheit lange für eine Kinderrüstung angesehen, bis in neuester Zeit der Kustos
der Wiener Waffensammlung, Hr. Hauptmann Behaim, den Nachweis erbrachte,
dass ein Leibzwerg des Erzherzogs Ferdinand, Namens Tommerle, der Träger
dieser Rüstung gewesen ist. — Die angebliche Rüstung des Eppelin von Galling
(t 1364), erweist sich ihrer ganzen Beschaffenheit nach als eine Arbeit aus der
Mitte des 16. Jahrhunderts und ist ebenfalls eine Plattenarmatur, wie das 14. Jahr-
hundert solche noch nicht kannte. Für das 200 Jahre jüngere Zeitverhältniss
spricht zudem der Anfang einer Schneide am Vorderharnisch so unverkennbar,
dass die Interpolation des Gailinger Wappens und der Jahrzahl 1364 am Brust-
stück nicht darüber hinwegtäuschen kann. — Glaubwürdigeren Ursprunges ist die
einfache schwarze Eisenrüstung des fränkischen Raubritters Kunz von Schott.,
 
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