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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Ehemaliger Kreis Wimpfen — Darmstadt, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.18713#0186
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WIMPFEN A. B.

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Mittelgeschosses folgt in der Säulen- und Pfeilerbildung ebenfalls romanischer
Norm ; ihre spitzbogigen Abschlüsse weisen jedoch auf die Neige der Romanik
und das Aufdämmern der Gothik hin. Eine jüngere Zeit hat einzelne dieser
Spitzbogenfenster in viereckige Lichtöffnungen umgestaltet. — An den schmal
gelaibten Doppelfenstern des Obergeschosses ist der Uebergang zur Frühgothik
in der Spitzbogenbildung besonders scharf ausgeprägt. — Oberhalb dieses Ge-
schosses wird die Hochwand von einem Renaissance-Kranzgesims abgedeckt, in
dessen Mitte ein kunstloser sechstheiliger Fachwerk-Erker vorspringt. Die roma-
nische Frontmauer zieht sich nebst der Verlängerung des jüngeren Kranz-
gesimses noch mehrere Meter gen West fort, wird aber auf dieser Strecke
von keinem eigentlichen Lichtgaden, sondern nur von Mauerschlitzen durchbrochen,
die den dahinter liegenden, zur Curia gehörigen Speichern und Scheunen als
Luftzüge dienen.

Der Renaissance-Umbau des Wormser Hofes erstreckt sich auf die der Renaissance-
Stadt zugekehrten südlichen Gebäudetheile und datirt im Wesentlichen aus der Mitte ' "L
des 16. Jahrhunderts. Noch jüngeren Ursprunges ist der an der Nordseite des Markt-
platzes gelegene Thorbau, dessen Einfahrt sich im Stichbogen wölbt und in seiner
Gliederung das vorgeschrittene Baroccostadium verräth. Das am Bogenscheitel inner-
halb eines Rosengewindes angebrachte Wappen des Wormser Hochstifts — stilisirter
Schlüssel von links nach rechts diagonal ansteigend und seitlich von je vier heraldischen
Schindeln begleitet — ist sogar eine erst vor Jahrzehnten entstandene schlichte
Neuerung.

An seiner dem Hofraum zugewandten Innenseite zeigt der Thorbau ein von
Renaissance-Pilastern mit korinthisirenden Kapitälen flankirtes Portal (Fig. cS3),
auf dessen Fries eine im sogen. Metallstil ornamentirte Steintafel folgende In-
schrift enthält:

BARTHOLOMAEUS ERAT QUI ME CONSTRUXIT ET AUXIT

SCHIERCHIUS INSIGNI DEXTERITATE FIDE

HOC OPUS EXIMIUM QUOD CONSPICIS OPTIME LECTOR

FOENORE NON PARVO PER TRIA LUSTRA DEDI

UT TU POSTERITAS POSSIS COGNOSCERE VERE

QUIS FUERIM QUALES SINT FUERINT QUE TIBI.

Die Inschrift wird an den Seiten von zwei Wappenschilden begleitet, von denen
das eine drei Kreuze, das andere ein Stierhaupt mit geöffnetem Rachen und vor-
gestreckter Zunge im Felde führt. Darüber prangt an der Portal-Attika ein von einem
Löwenhaupt an Schnüren getragenes skulptirtes Wormser Stiftswappen, das von dem
der äusseren Thorfahrt befindlichen modernen Wappen nicht nur der Zeit nach,
sondern auch heraldisch dadurch sich unterscheidet, dass der Hochstiftsschlüssel von
rechts nach links ansteigt und die seitlichen freien Stellen im Felde, anstatt mit
Schindeln, mit Rosetten ausgefüllt sind. Dann folgt die Jahreszahl \566 und nach-
stehende Inschrift:

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