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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Ehemaliger Kreis Wimpfen — Darmstadt, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.18713#0188
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WIMPFEN A. B.

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Dagegen ist eine kunstreiche Steinmetzenarbeit ervvähnenswerth, die der Erde Brunnenschale
gleich im Boden verborgen lag und deren nur wenig sichtbare Spuren dem Verfasser
beim Durchwandeln des gepflasterten Hofraumes auffielen und ihn zur Nachforschung
veranlassten. Durch sorgfältige Grabung kam ein ansehnliches Steinbecken zu Tage,
das augenscheinlich der Hauptbestandtheil eines Zierbrunnens war. (Fig. 84). Die
Schale, welche bald nach ihrer Freilegung in den zur Bergung von Ueberresten des
Kunstalterthums dienenden Kapitelsaal des Ritterstifts im Thal verbracht wurde, ist
kreisrund und trägt an ihrem Rande eine stark beschädigte Inschrift, die das Wort
WILHELMVS deutlich erkennen lässt. Die Wandungen der Schale sind ringsum
mit formenschönen, meisselfertigen Relieforn; \enten im Metallstil der Renaissance
vom Ende des 16. Jahrhunderts bedeckt. Die Ornamentation wirkt so durch und
durch künstlerisch, dass die Wiederaufrichtung des Werkes an seiner ursprünglichen
Stelle im Wormser Kof wünschenswerth erscheint. Verwandt mit dieser vortrefflichen
Ornamentation sind die Schaftverzierungen zweier schlanker Säulenfragmente in
Heurlings Garten an der Neckarhälde. Ob diese Bruchstücke vom Unterbau der
Brunnenschale herrühren, ist nicht unwahrscheinlich.

Zum Wormser Hof gehören einige gegenüber der Stadtkirche gelegene
ehemalige Zehentscheunen und Kelterhäuser mit geräumigen Kellern von un-
gewöhnlicher Tiefe und weiten Gewölbespannungen. Am rundbogigen Eingang
eines dieser Wirthschaftsgebäude steht die Jahreszahl \5<55. Oberhalb eines eben-
daselbst befindlichen gekuppelten Fensters hat Meister Schierch falls es
sich nicht um einen zweiten Architekten Namens Schick handelt — mit etwas
veränderter Schreibung seines Namens abermals sich veranlasst gefunden, dem
Leser, oder wie hier der Ausdruck lautet, dem das Gebäude betrachtenden
Fremdling seine ausserordentliche Geschicklichkeit durch folgende Lapidar-
inschrift anzupreisen:

AD VENA QU AS AEDES HIC CERNTS BARTHOLOMAE'
SCHICKIUS EXIMIA DEXTERITATE DEDIT.

HOSPITAL ZUM HEILIGEN GEIST

In dem Zustand, wie das Hospital zum heiligen Geist gegenwärtig dem Allgemeines
Beschauer sich darstellt, lässt das Gebäude nur noch an wenigen Merkmalen seine
einstige pietätvolle Bestimmung und kaum mehr seine in eine lange Vergangenheit
zurückreichende Gründung erkennen. Das Kloster der Religiösen, die ihr Leben der
Krankenpflege gewidmet, und das damit verbundene Gotteshaus sind nach der
Säkularisation und in Folge eines Brandunglücks so durchgreifend in eine sogenannte
Miethkaserne umgewandelt worden, dass in der That die jetzige äussere und innere
Verfassung des Bauwerkes, auf den ersten Blick wenigstens, jeden Gedanken an
den ursprünglich sakralen und charitativen Zweck abwehrt, wozu noch der Um-

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