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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,3): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Buchen und Adelsheim (Kreis Mosbach) — Tübingen [u.a.], 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1388#0067
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AMT BUCHEN. — HARTHEIM. 59

Letztere sind nach gothischer Art abgetreppt, und gothisch sind auch die Profile der ein-
fachen und gekuppelten Fenster am ganzen Bau. Die rundbogige Eingangsthüre und ihre
Profilirung, ebenso wie die Formen der Brüstungsplatten dagegen verrathen Renaissance-
Einfluss, so dass der Bau etwa um 1550 zu setzen sein dürfte. Zu dieser Annahme
passt, wie wir sehen, die Bezeichnung »der New-Baw« auf unserem alten Plane. Die
Fenster des i. J. 1561 (s. oben) erbauten Schlosses haben genau dieselben Profile. Es
hat den Anschein, als ob die Freitreppe später vorgebaut sei, da der Bogen in der Mitte
des Unterbaus die Eingangsthür zum Erdgeschoss nicht konzentrisch umschliesst, Stein-
verband und Material sprechen aber dagegen. Das Innere ist völlig verbaut.

Westlich davon, an der Stelle der auf dem alten Plane an der Nordfront des Schüttungsbau
Vorhofes verzeichneten Stallungen erhebt sich jetzt eine grossartige Baulichkeit, der
auch der ehemalige Thurm in der Nordwestecke zum Opfer gefallen ist. Laut Inschrift
über dem Mittel-Portal ist dieser -»Schüttungsbawi- i. J. 1683 unter Bischof C o n r a d
Wilhelm von Wertnau errichtet worden. Als reiner Nutzbau dürfte er weit und
breit nicht seines gleichen haben. Dreigeschossig mit hohem Dach und massiven Zier-
giebeln an den Schmalseiten erhebt sich der langgestreckte Bau, fast die ganze Nordseite
des Vorhofes einnehmend, einfach und ohne Gliederung mit verputzten Flächen, aber mit
drei Sandstein-Portalen versehen, die eher einem Wohngebäude, als einer Zehntscheuer
angemessen erscheinen. Das mittelste derselben ist noch dazu mit einer Sandstein-
Bekrönung versehen, welche unter einem kräftigen Gesimse mit Segmentbogen eine reich ver-
zierte Tafel mit dem Bischöflich Wertnau'sehen Wappen enthält oberhalb der vorerwähnten
Bau-Inschrift. Die Giebel sind in der Art der Spät-Renaissance mittelst dreier übereinander
gelegter Voluten gegliedert und auf den Absätzen mit Obelisken und Kugeln verziert.

Das Innere ist ein einziger Saal, an dessen Enden beiderseitig Steintreppen zu
den oberen Geschossen führen. Der Wirkung dieses mächtigen Raumes kommt zur Zeit
wesentlich zu Statten, dass die Zwischendecke des Erdgeschosses entfernt und dadurch
eine der gewaltigen Länge einigermassen entsprechende Höhe geschaffen ist. Bis zum
J. 1897, d. h. bis zur Fertigstellung der neuen Kirche, war nämlich hier die Nothkirche
des Ortes eingerichtet, und diesem Umstände ist sowohl die Entfernung der Zwischendecke,
als auch der ungewöhnlich gute Zustand von Boden, Wand und Decke zuzuschreiben.
(Leider ist aber ein Theil des Raumes zur Zeit durch eine hölzerne Scheidewand
abgetrennt, so dass er nicht in seiner ganzen Ausdehnung zur Geltung kommt.) Die
Art der Stockwerkstheilung zeigt unsere Abbildung Fig. 33. Kräftige, gefaste Sandstein-
Pfeiler von 0,74 m Seitenfläche mit weit ausladendem Sockel und Kapitell (Gesammt-
höhe: 2,35 m) tragen den von mächtigen Kopfbändern gestützten Unterzug für die (jetzt
fehlenden) Querbalken und dienen zugleich den hölzernen Ständern zur Basis, welche
dieselbe Aufgabe bei der Deckentheilung des zweiten Geschosses erfüllen. Den Mittel-
stützen entsprechen an den Seitenwänden stark ausladende Steinkonsolen zur Unter-
stützung der an den Wänden entlang laufenden Streichbalken, auf denen die Querbalken
ihr Auflager fanden. Die Lichtzufuhr brauchte bei einem derartigen Speicher nur gering
zu sein und geschieht durch verhältnissmässig kleine, fast quadratische Fenster. Dadurch,
dass die Decke des ersten Stockwerkes fehlt, kommen jetzt zwei Fensterreihen über-
einander als Lichtquelle zur Geltung, so dass der gewaltige Raum hinlänglich hell erscheint.
Das zweite Obergeschoss ist etwas höher, als die darunter liegenden Geschosse und mit
entsprechend grösseren Fensteröffnungen versehen.
 
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