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Brauer, Heinrich; Scheffler, Wolfgang; Weber, Hans
Die Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein (3): Die Kunstdenkmäler des Kreises Südtöndern — Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.66538#0045
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nennen, der eine ansprechende Blendengliederung aufweist (weitere Beispiele für letz-
tere: Haus Hansen, Klockries, und Pastorat zu Keitum). Sonst handelt es sich bei den 287
Friesenhäusern um den breiteren Backengiebel.
Einen besonderen Schmuck erhielten die Fassaden der Bauern- und Kapitänshäuser
im 18. Jhdt. gelegentlich durch Reliefplatten. Auf ihnen finden sich die Wappen der 336-559
Besitzer (Christian-Albrechtskoog) oder Spiegelmonogramme, bzw. figürliche Darstel-
lungen mit Sprüchen (auf Föhr).
Die Fenster haben in der Zeit besonderen Wohlstandes, in der zweiten Hälfte des
18. Jhdts., gern die korb- oder segmentbogigen „Brauen" aus Formsteinen (Westerland;
Lindholm, Gasthaus Hinrichsen). 290
Das Dach des Friesenhauses ist mit Ret (Schilf) gedeckt, der First mit Rasenstücken
(Grassoden) belegt.
Den Garten des Sylter Hauses mit seinen Sträuchern und sturmgebeugten Bäumen
friedigt ein Wall ein, der mit Feldsteinen in Fischgrätenmuster belegt ist. Das Haus ist 551
an dieser Seite manchmal völlig verdeckt, das Retdach verschmilzt mit Erdboden und
Vegetation zu einer Einheit (Klein-Morsum).
Auf Föhr sind Reste von Zäunen aus Walfischknochen bei den Kapitänshäusern
erhalten (Nieblum, Süderende); hier findet sich auch ein Banksitz aus diesem das knappe
Holz ersetzenden Material (Abb. bei W. Oesau).
Die anheimelnde Schönheit der alten Friesenstube ist uns durch die Bilder des be-
rühmten Deezbüller Malers Carl Ludwig Jessen erschlossen. Die ältesten, als Ganzes
erhaltenen Innenräume stammen aus dem 17. Jhdt. Sie sind auf Föhr zu finden (Nie-
blum, Borgsum, Boldixum) und auf Sylt (Haus Lorens de Hahn). Sie zeigen eine
Täfelung, bei der Renaissanceformen wie Rundbogenfeld, Schuppenband, Eierstab und
Zahnschnitt volkskunstmäßig abgewandelt sind. Im 18. Jhdt. wird eine Ausmalung des
Pesels beliebt: eine bemalte Decke hat jetzt noch das Haus Christiansen in Nieblum;
bemalte Wände sind aus den Häusern Andresen und Michelsen in Morsum zu nennen. 556
Bemalt werden auch Möbel und Stücke des Hausrats, wie Kleiderschrank (Freesmark) 555
oder Brotklopp.
Zum friesischen Innenraum des 18. Jhdts. gehören die Fliesen, die aus Hollandstammen.
Wir wissen, daß im Jahre 1784 eine Schiffsladung holländischer Fliesen mit verschie-
denen Mustern wie z. B. den beliebten „blompotjes" (Blumentöpfen) nach Keitum kam.
Von den charakteristischen Fliesenbildern finden wir im Kreise auf allen drei Inseln
die Schiffsbilder, ferner auf Föhr (Boldixum) die von Pytter Ruurds 1779 in
Harlingen, Westfriesland, gemalten Bilder einer Lohgerberei und einer Windmühle 548
am Kanal. Besonders reich an Fliesenmustern mit unendlichem Rapport (Blumen) 545-546
ist Sylt.
Der Reichtum des altfriesischen Hauses an Möbeln und Hausrat kann hier nur ganz
kurz angedeutet werden. Wandfeste Schränke gehen bis in die Zeit der Spätgotik und
Frührenaissance zurück. Ihr Kerb- und Flachschnitt zeigt in höchst reizvoller Weise
die Umbildung von Ornamenten der Stilkunst in die eigenständige Formensprache der
Volkskunst (Bankschrank aus Lindholm). Ähnliches gilt von den Truhen (gotische 554
Truhe aus Holzacker, Sylter Truhe von 1761 in Keitum). Seit dem 17. Jhdt. werden 561, 567
von den Kapitänen aus Holland Möbel (Schränke, Stühle, Klapptische) mitgebracht, 557 f, 37 1 f
 
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